Prototyp des 100-Dollar-Laptops vorgestellt

Auf der Heise-Konferenz Open Source Meets Business in Nürnberg wurde ein Prototyp des 100-Dollar-Laptops vorgestellt, der vollständig auf der Basis von Open Source entwickelt wird und nach Fertigstellung für Bildungszwecke in Entwicklungsländern eingesetzt werden soll. Ein Interview mit Jan Wildeboer, Red Hat GmbH.

Es geht um Bildung, nicht um Laptops. Dieser Grundsatz durchzieht die „One Laptop per Child“ (OLPC)-Initiative, zu deren Gründungsmitgliedern die Red Hat GmbH gehört. Der nicht nur durch seinen niedrigen Preis Aufmerksamkeit erregende Laptop fand viel Zuspruch auf der Heise-Konferenz Open Source Meets Business in Nürnberg, so Jan Wildeboer. Doch der 100-Dollar-Laptop ist nicht für jedermann käuflich. Nur Regierungsorganisationen, die sich zu dem Gesamtkonzept der OLPC-Initiative bekennen, können Bestellungen tätigen. Zu diesem Konzept gehört die vollständige Integration des Laptops in den Unterricht für Kinder ab sechs Jahre und eine Vorbereitung des Einsatzes auf Seiten der Schulen und Lehrer. Bereits vier Staaten, Ruanda, Lybien, Argentinien und Brasilien, haben den 100-Dollar-Laptop vorbestellt, zahlreiche weitere Interessenten sind vorgemerkt. Bei einer Anzahl von acht Millionen bestellten Laptops liegt nach Aussage von Jan Wildeboer der Produktionspreis zwischen 135 und 150 US-Dollar. Um die gesetzte Marke von 100 Dollar zu schaffen, müssen es 20 Millionen Bestellungen werden. „Diese Zahl werden wir erreichen“, ist sich der Linux-Experte sicher.

Der in Nürnberg vorgestellte Prototyp gehört zu der B1-Serie, deren Gehäuse noch aus Kunststoff ist. Seit kurzem läuft die B2- Serie vom Band, die bereits über Rahmen aus einer Gummimischung verfügt. „Zu den Designvorgaben gehört, dass der Laptop einen Sturz aus 1,2 Metern überstehen kann. Außerdem ist der 100-Dollar-Laptop spritzwassergeschützt und übersteht sogar einen Regenguss.“, erklärt der Red Hat Mitarbeiter die Änderung der Gehäuse-Zusammensetzung. Die Bruchsicherheit wird auch dadurch gewährleistet, dass keine beweglichen Teilen und keine herkömmliche Festplatte eingesetzt werden, die kostspielig gegen Stürze geschützt werden müssen. Vielmehr setzt das Laptop einen 1 GByte Flashspeicher als Festplattenersatz ein und arbeitet mit einem AMD-Prozessor mit 366 MHz sowie einem 256 MByte Arbeitsspeicher. Der Prozessor des nur 1,5 Kilogramm schweren Laptops sitzt hinter dem 7,5 Zoll Display, das eine Auflösung von 1.200 x 900 Pixel leisten kann. Schaltet man von dem Farbmodus auf die Darstellung mit 16 Graustufen können 200 dpi erreicht werden. Das Display ist drehbar, so dass der Laptop auch als Tablet PC zur Arbeit mit E-Books genutzt werden kann, auch bei starker Sonneneinstrahlung. Als Software-Plattform dient Sugar auf Basis von reinem Linux, offen für Weiterentwicklungen durch die Open Source Community.

Eine weitere Besonderheit ist die Vernetzung, betont Wildeboer. Mit dem Mesh-Network können die Schüler über eine Reichweite von 1.300 Metern drahtlos kommunizieren, bei einem Verbrauch von 0,3 Watt. Dank einer Vorbereitung für drahtlose Telefonie, einer integrierten Kamera und einem eingebauten Mikrofon wird Gruppenarbeit selbst über größere Distanzen möglich. Im Klassenraum können über das Mesh-Network aktuelle Schulbücher elektronisch verteilt werden. Die Arbeit mit den Laptops basiert nicht auf dem Konzept von Ordnern und Dateien, sondern auf Aktivitäten wie Schreiben, Lesen oder Musik. Alle Aktivitäten sind teilbar. Die Bildung von Arbeitsgrupen wird explizit unterstützt. Dazu stehen auch USB-Schnittstellen oder SD-Kartenschlitze zur Verfügung.

Auch die Energieversorgung des 100-Dollar-Laptops ist außergewöhnlich. Nicht ein Li-Ionen-Akku kommt zum Einsatz, sondern ein Nickel-Metall-Hybrid. „Das ist günstiger und umweltschonender, und reicht zur Energieversorgung vollkommen aus.“, betont Jan Wildeboer den Unterschied. Für die Aufladung des Akkus wird ein Pedalset mitgeliefert, so dass die Schüler während der Arbeit mit dem Laptop den Akku aufladen können. Für Kinder noch angenehmer ist die Variante, den Akku innerhalb von zehn Minuten mit einem Jo-Jo aufladen zu können. Der geringe Gesamtverbrauch des 100-Dollar-Laptops von nur drei Watt macht es möglich. Um alternativ eine Aufladung der Laptops über eine Autobatterie in der Schule zu ermöglichen, akzeptiert der Laptop alles von zehn bis 30 Volt.

Von der B2-Serie des Laptops werden nun 3.500 Stück produziert, die von Kindern in den vier Ländern, die bereits bestellt haben, getestet werden sollen. „Es bleibt ein Experiment.“, so Wildeboer. Mitte bis Ende 2007 wird der 100-Dollar-Laptop auf Basis der Testergebnisse nochmals überarbeitet, um dann in 2008 ausgeliefert zu werden. Ein Erfolg des Projektes scheint durch den Open Source Gedanken jedoch so gut wie sicher. Weitere Information stehen unter laptop.org zur Verfügung (Quelle: Jan Wildeboer, Red Hat GmbH/OSC).