Homo oeconomicus: Geld motiviert – aber nur, wenn andere weniger verdienen

Eine Lohnerhöhung, Prämie oder Zulage scheint Menschen glücklicher zu machen. Stimmt nur halb! Mit welchen Gefühlen man auf seinen Gehaltscheck reagiert, hängt maßgeblich davon ab, wie viel der Kollege verdient. Das legt ein Experiment von Ökonomen und Hirnforschern der Universität Bonn nahe, dessen Ergebnisse für Personaler und die Gehaltsstruktur in Unternehmen interessant sein könnte.

In dem Experiment ließen die Wissenschaftler Versuchspersonen paarweise gegen Bezahlung eine einfache Aufgabe durchführen und untersuchten währenddessen die Hirnaktivität ihrer Probanden mit einem Magnetresonanz-Tomographen. Ergebnis: Bekam ein Teilnehmer mehr Geld als sein Mitspieler, zeigte sein „Belohnungszentrum“ eine weit stärkere Aktivierung, als wenn beide dieselbe Summe erhielten. Die Studie findet sich in der aktuellen ausgabe der renommierten Wissenschaftszeitschrift Science.

Die Publikation ist das erste Resultat einer neuen Forschungsrichtung der Uni Bonn: Wissenschaftler um den Epileptologen Professor Dr. Christian Elger und den Ökonomen Professor Dr. Armin Falk wollen zusammen herausfinden, wie der „Homo oeconomicus“ genau tickt. Dazu nutzen sie moderne bildgebende Verfahren, um ihren Testpersonen ins Gehirn zu schauen.

Für das jetzt publizierte Experiment mussten sich die Teilnehmer in zwei nebeneinander stehende Hirnscanner legen. Darin sollten sie parallel dieselbe Aufgabe durchführen. Je nach Erfolg erhielten sie eine Belohnung, die von 30 bis 120 Euro reichte. Gleichzeitig wurde ihnen mitgeteilt, ob ihr Spielpartner ebenfalls erfolgreich gewesen war und welchen Lohn er dafür einstreichen konnte. Gleichzeitig wurde die Aktivität der Belohnungszentren in den Köpfen der Probanden gemessen.

Die Wissenschaftler beobachteten auch prompt bei Erfolg die erwartete Aktivierung. Allerdings war die Aktivierung immer dann am höchsten, wenn sich der Mitspieler verschätzt hatte. Mehr noch: Hatten beide Erfolg, erhielt aber einer dafür 120 Euro und der andere nur 60 Euro, dann fiel die Aktivierung des Erfolgszentrums beim Spieler mit der höheren Belohnung viel höher aus. Beim Spieler mit dem geringeren Lohn nahm die Aktivierung jedoch ab – und das, obwohl er die Aufgabe richtig gelöst hatte und dafür auch belohnt worden war.

„Dieses Ergebnis steht im klaren Widerspruch zur traditionellen ökonomischen Theorie“, erklärt der Bonner Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Armin Falk. „Danach sollte es nur auf die absolute Höhe der Entlohnung ankommen. Der Vergleich mit anderen sollte dagegen für die Motivation keine Rolle spielen.“ Allerdings hat auch die absolute Höhe der Bezahlung einen Einfluss auf das Belohnungszentrum: Über 60 Euro freut man sich mehr als über 30. „Das Interessante an unserer Studie ist aber, dass die relative Höhe des Einkommens eine so bedeutsame Rolle spielt“, betont Falk.

In weiteren Versuchen wollen die Forscher ähnliche Experimente mit Frauen und Asiaten durchführen, um festzustellen, ob dieses Verhaltensschema geschlechts- und kulturspezifische Komponenten enthält. (idw/ml)