Abfallholz, Teil 2

Wie lange reicht das Holz?

Von Michael J.M. Lang

Auf der Diskussionsveranstaltung „Deutscher Wald: Verbaut oder verheizt?“ konnte Dr. Peter Sauerwein von den stofflichen Verwertern deutlich machen, dass auch seine Seite gute Argumente für ihre Position zu bieten hat: So gingen z.B. dem Staat durch die energetische Verwertung allein über den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Brennholz jährlich rund 250 Mio. Euro verloren.

Der durch die Energiebranche verursachte Rohstoffmangel habe zudem in seiner Branche bereits zum Arbeitsplatzabbau in vierstelliger Höhe geführt. Und das mit Sicherheit wichtigste Argument: Die Verfügbarkeit von Waldholz stößt eher früher als später an eine natürliche Grenze. Nach aktuellen Schätzungen liegt die theoretisch maximal verfügbare Menge (inklusive Rinde) bei jährlich knapp 1300 Mio. m³. Realistisch und nachhaltig nutzbar sind jedoch nur zwischen 600 und 800 Mio. m³.

Der Ausweg heißt Kaskadennutzung

Zum Glück ist eine Lösung in groben Zügen bereits in Sicht: die so genannte Kaskadennutzung. Die Idee dahinter ist so simpel wie die Umsetzung komplex: Kaskadennutzung bedeutet, dass Holz zuerst stofflich genutzt wird; nach Ablauf der Gebrauchszeit der so erzeugten Produkte werden diese dann recycelt und der Energiegewinnung zugeführt. Teilweise geschieht das auch heute schon. So wandern Holzpaletten am Ende in aller Regel als Hackschnitzel oder Bruchholz in den Ofen.

Noch aber ist ein großer Teil der aus Holz hergestellten Produkte eher ein Fall für den Sperrmüll oder sogar den Sondermüll. Das Problem: Viele aus Holz hergestellte Produkte werden im Produktionsprozess so mit Fremdstoffen kontaminiert, dass eine ungiftige, klima- und umweltverträgliche Verbrennung gar nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus verrottet ein weiterer Teil von Holzprodukten unter Bauschutt und auf Müllhalden, weil geeignete Rücknahmestrukturen fehlen.

Serie: Abfallholz
Teil 1 zeichnet die Preis­entwicklung nach und stellt die Kontra­henten im Kampf ums Rest­holz vor. Teil 2 skizziert die Kaskaden­nutzung als Aus­weg und nennt not­wendige Grund­bedingungen.

Die Verarbeitung entscheidet

Eine Kaskadenverwertung ist natürlich nicht auf zwei Stufen beschränkt. So könnte höherwertiges Möbel- und Bauholz durchaus in einer Zwischenstufe zu Dämmmaterial oder Zellstoff verarbeitet und danach erst verheizt werden. Selbst vier und fünf Stufen wären vorstellbar.

Für eine Kaskadennutzung müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein. Die Umweltspezialisten der EPEA nennen drei:

  • Alle im Laufe der Verwertung verwendeten Substanzen müssen toxikologisch und ökologisch unbedenklich und zur Verbrennung geeignet sein.
  • Beschichtungen müssen ungiftig verbrennen oder leicht demontierbar sein.
  • Die zwischen den Stufen zurückgelegten Transportwege dürfen nicht zu lang sein.

Das allein reicht aber nicht. Wichtig seien „gute Wertschöpfungsketten“, mahnt Forstexperte Prof. Dr. Merkel. Dabei gelte es allerdings erst einmal, Pfade zu beschreiten und nicht gleich ganze Autobahnen zu bauen, denn Irrtümer seien im jetzigen Stadium nicht ausgeschlossen.

Nach Ansicht Merkels müssen auch weiche Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden. So gehe es bei den eingeschlagenen Pfaden nicht nur um wirtschaftliche Rentabilität, sondern auch um ökologische, energetische und soziale Verträglichkeit, mindestens aber Unbedenklichkeit. Die Rolle des Staates in diesem Ressourcenstreit sieht Merkel darin, „die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich Wunsch und Wirklichkeit decken können.“

Fazit: Ideen für die Energiewende

Die Diskussion um die zukünftige Nutzung von Holz zeigt auch, dass eine so tief greifende gesellschaftliche und wirtschaftliche Umorientierung wie die Energiewende mit einfachen und eindimensionalen Lösungen nicht zu schaffen ist. Gebraucht werden neben einem nüchternen Blick auf die Realität vor allem innovative Ideen und Offenheit für ungewöhnliche Wege. Oder anders ausgedrückt: In Zeiten des Umbruchs sind Denkverbote streng verboten.

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