Versicherungswirtschaft: M2M und Big Data sind Bedrohung und Chance

Banken und E-Commerce-Anbieter wie Amazon machen den klassischen Versicherern zunehmend Druck. Vor allem die Geldinstitute sind technologisch oft schon weit näher am Kunden. Andererseits steckt gerade in den neuen Technologien die Chance für Versicherungs­unternehmen, ihr Kerngeschäft mit Enterprise Mobility, Big-Data-Analysen und M2M-Quellen im Internet der Dinge neu aufzustellen.

So zeigte zuletzt eine von SAP gesponserte Studie der Economist Intelligence Unit (EIU), dass Versicherungsunternehmen zwar sehr viele Informationen über ihre Kunden besitzen, bislang aber kaum in der Lage waren, Erkenntnisse aus diesen Daten zu gewinnen. Dabei geht es nicht nur um vorausschauende Analysen und die Preisgestaltung, sondern unmittelbar um Datennutzung für die Kundenansprache – 51 % der weltweit 338 C-Level-Entscheider von Lebens-, Schadens- und Unfallversicherungen sahen das als den größten Vorteil von Datenanalysen.

Enormes Potenzial erkennt die im Juni 2014 durchgeführte Studie „The Way Forward: Insurance in the Age of Customer Intimacy and The Internet of Things“ außerdem in M2M-Kommunikation, speziell für die Kalkulation bei vernetzten Autos (Connected Cars) und bei Haustechnik und Gebäudesteuerung (Home Automation Systems). In Vorbereitung sind auch schon E-Health-Systeme, die Blutdruck, Blutzucker, Gewicht und Trainingszustand der Versicherungsnehmer mithilfe eingebetteter M2M-Geräte überwachen.

Ein ähnliches Bild, allerdings speziell mit Blick auf die Kfz-Versicherer, zeichnet PwC im Insurance Monitor #3, der gleichfalls einschneidende Veränderungen für die Branche vorhersagt. Als Ursachen machen die Autoren vier Großtrends aus: Vergleichsportale und Digitalisierung, neue Angebote der Autobauer, der Fortschritt der Technik im Kfz und neue Mobilitätsangebote. Während der Kfz-Gesamtbestand laut Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft kaum über die Bestandsmarke von ca. 43 Mio. Fahrzeugen steigen wird, könnte das Volumen der Kfz-Prämie von heute 24 Mrd. Euro bis 2030 im schlimmsten Fall auf 15,5 Mrd. Euro abschmelzen. Ursachen dafür wären der steigende Anteil von Flottenfahrzeugen und vor allem moderne Assistenzsysteme, die den Schadensbedarf dauerhaft senken, was sowohl auf die Haftpflicht- als auch die Kaskoversicherung durchschlägt.

Aufseiten des Vertriebs ist zu bemerken, dass PwC die klassischen Vertriebswege am Ende sieht. Im Interview sagt Jörg Wälder, mit Hendrik C. Jahn und Markus Heyen einer der Studienautoren:

„Soweit Versicherer nicht heute schon auf Direkt- und Partnergeschäft, wie etwa über Autobauer, Banken, Retail etc. eingestellt sind, besteht dringender Handlungsbedarf bei der Neuausrichtung der Vertriebe.“

Tatsächlich sehen alle denkbaren Szenarien einen Vertriebskanal als großen Verlierer: die Ausschließlichkeitsagenten. Allerdings ist zu beobachten, dass andere Versicherungssparten genau hier keine Notwendigkeit sehen, bewährte Teams zu zerreißen. Die Continentale etwa hat ihren exklusiven Außendienst erst kürzlich auf einer Mobility-Plattform neu positioniert. Allerdings ist auch zu bedenken, dass die Kfz-Versicherung eine besonders kritische Rolle spielt. Mit 24 Mrd. Euro gebuchter Bruttoprämie im Jahr 2014 ist sie die mit Abstand bedeutendste Schaden-/Unfall-Einzelsparte in Deutschland. Sie spielt ca. 40 % der Gesamtprämie ein; weil die Versicherer daraus ihre laufenden Kosten begleichen (müssen), „verwundert es nicht, dass der Wettbewerb um dieses Segment derart erbittert geführt wird“, so die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft.

Die EIU/SAP-Studie gibt es bei der Economist Insight Unit kostenfrei als PDF zum Herunterladen. Die ebenfalls kostenfreie PwC-Analyse vom November 2014 kann man online bestellen. (Quelle: SAP/PwC/red)