PC-Games, Konsolen-Games und mobile Games, Teil 1

Wirtschaftsfaktor mit Potenzial

Von Stefan Heng, Deutsche Bank Research

Der Games-Markt wandelt sich weiterhin schnell. Die Fortschritte bei der Technologie (z.B. mehr breitbandige Internet-Anschlüsse, verbesserte Endgeräte mit ausgefeilter Bilddarstellung) bereiten die Grundlage, um mehr Menschen für digitale Games zu interessieren.

Darauf aufbauend treiben die wachsende Vertrautheit der Konsumenten mit dem Online-Handel und die zunehmende Kontaktpflege über soziale Netzwerke im Internet den Wandel der Branche schnell voran. Beispielsweise entstehen neue Geschäftsmodelle, die auf der Mitmach-Idee des Web 2.0 aufbauen oder die sich über den Verkauf von virtuellen Gütern finanzieren.

Fast wie beim Film

Seit den Tagen der Telespiele in den 1970er-Jahren, den ersten programmierbaren Systemen der 1980er und den Konsolen-Games der 1990er zählt die Games-Branche zu den dynamischsten Medienbereichen. Mit dieser Dynamik reicht die Branche mittlerweile an die Bedeutung der Kinofilmbranche heran. Damit ist die oft belächelte und teilweise missverstandene Games-Branche längst zu einem ernsthaften Faktor der Volkswirtschaft geworden. Entsprechend formulierte Dagmar Wöhrl, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft, im November 2008:

„Die Computerspiele-Industrie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der crossmedialen Verwertungskette. Die Branche und ihre Technologien wirken als Schrittmacher in viele Bereiche der Medienwirtschaft wie Hard- oder Software-Industrie oder Film- und Animationsindustrie hinein.“ (Pressemitteilung des BMWi zur Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft, 13. November 2008)
Serie: Computerspiele
Teil 1 skizziert die Bedingungen der Branche und wagt sich an eine erste Systematik. Teil 2 betrachtet die einzelnen Genres näher und wendet sich dann den Anbietern zu. Teil 3 wartet mit Zahlen zum Markt auf und erläutert unterschiedliche Erlösmodelle. Teil 4 behandelt den Wandel der Branche und nennt die treibenden Kräfte dafür. In einem Extrabeitrag untersucht Stefan Heng die Auswirkungen der Krise auf die Games-Branche. Ein Seitenblick geht außerdem auf das Berufsbild Game-Designer.

Bei den Diskussionen um Kulturgüter fordern Vertreter der Games-Branche, die Förderung der Games-Branche (wie in Berlin, Hamburg) nach dem Beispiel der landesweiten Filmförderung zu konzipieren. Dieser Wunsch wird mit dem Verweis auf die vielfältigen Parallelen der beiden Segmente untermauert.

Hautnah am Konsumenten

Tatsächlich zeigt sich, dass die Games in einigen Punkten eng mit den Kinofilmen verwandt sind und sich deutlich von anderen Segmenten der Unterhaltungsbranche abheben. Während sich z.B. TV-Produktionen und Zeitungen zu einem wesentlichen Teil über Werbung finanzieren, hängt der betriebswirtschaftliche Erfolg bei Kinofilmen und Games unmittelbar von der Entscheidung des Konsumenten ab. Daher müssen sich die Produzenten von Kinofilmen und Games unmittelbar an den Präferenzen der avisierten Konsumenten orientieren. Da Games nur in geringem Ausmaß vom äußerst volatilen Werbegeschäft abhängen, können die Games-Anbieter (Entwickler und Verleger) allerdings auch mit einem relativ gleichmäßigen Einkommensstrom rechnen. Dies erleichtert die Geschäftsplanung.

Eine weitere Parallele zwischen den beiden Branchen sind die langen Produktionszeiten von mehreren Jahren und die sich daraus ableitendenden hohen Produktionskosten, die häufig die 2-Mio.-Euro-Marke übersteigen. Da im Unterschied zum Kinofilm öffentliche Subventionen und Bürgschaften jedoch unüblich sind, sind Games-Anbieter wegen des beachtlichen betriebswirtschaftlichen Risikos oft auf Risikokapitalgeber angewiesen. Dies gilt insbesondere für die beiden Segmente Konsolen- und Massively Multiplayer Games, bei denen die Budgets teilweise die 50-Mio.-Euro-Marke erreichen.

Kriterien einer Systematik

Games (auch unter den Bezeichnungen Computerspiele, Telespiele, Videospiele, E-Spiele) umfassen eine breite Vielfalt interaktiver Software-Inhalte. Dabei lässt sich diese Vielfalt nach den folgenden sechs Dimensionen differenzieren:

  • Art des Endgeräts, auf dem das Game gespielt wird; also PC, Mobiltelefon, stationäre oder mobile Spielekonsole;
  • Verknüpfungsmodus des Endgeräts; also entweder offline-unverbunden oder online-vernetzt mit anderen E-Spielern. Dabei lassen sich die Online-Games wiederum unterteilen in
    • plattformabhängige Games, für die eine spezielle Software installiert werden muss, und
    • plattformunabhängige Browser-Games, die den Internet-Browser nutzen. Bei dieser wirtschaftlich besonders aussichtsreichen Untergrupe der Browser-Games kann der E-Spieler unabhängig vom Endgerät jederzeit beim letzten Spielstand im laufenden Spiel einsteigen – quasi an jedem Ort, mit jedem PC, zu jeder Zeit;
  • Technologie/Funktionalität des Games; also z.B. Soundsystem, implementierte künstliche Intelligenz, Steuerungsmöglichkeit;
  • Art der Aufgabenstellung des Games; also z.B. Dramaturgie, Design der verschiedenen Schwierigkeitsniveaus;
  • Kulturkreisspezifika des Games; also z.B. bevorzugte Farbgebung, kulturspezifische Bezüge der erzählten Geschichte, gültiger Rechtsrahmen (z.B. Jugendschutzbestimmungen);
  • Game-Genre; also z.B. Action-, Sport- oder Strategie-Game.

Allerdings sind – wie beim Kinofilm auch – die Grenzen zwischen den Game-Genres fließend. Mit einem Überblick über die gängigsten davon wird Teil 2 dieser Serie einsteigen, bevor Teil 3 den Markt genauer unter die Lupe nimmt. Zum Schluss nennt Teil 4 die Gründe für den laufenden Branchenwandel.

Nützliche Links

Diesen Beitrag gibt es im Volltext bei DB Research als PDF zum Download (auch in englischer Sprache). Relevante Anlaufstellen zum Thema sind der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU) und die Fachmesse Games Convention bzw. zu einzelnen Spielen und Editionen Wikia Gaming. International ist u.a. die Entertainment Software Association (ESA) relevant.