Verpackungsverordnung

Bußgeld für alte Schachteln

Von der Fachredaktion anwalt.de

Um die Umweltbelastung durch die ungeheure Menge an Verpackungsmaterialien gering zu halten, hat der deutsche Gesetzgeber bereits 1991 die sogenannte Verpackungsverordnung (VerpackV) erlassen. Die „Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen“ ist Teil des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) und zielt darauf, die Quote der Wiederverwendung oder Verwertung von Verpackungen zu steigern.

Die jüngste Gesetzesänderung zur Verpackungsverordnung trat zum 1. Januar 2009 in Kraft; sie bringt zahlreiche neue Pflichten für Händler und Hersteller mit sich. Erstmals ist nun auch der Online-Versand maßgeblich betroffen. Daher fragen sich nicht nur eBay-Händler, ob private oder gewerbliche, inwieweit die neuen Vorschriften der Verpackungsverordnung für sie gelten.

Wichtig: Die Verpackungsverordnung wurde zum 1. Januar 2019 vom Verpackungsgesetz abgelöst.

Nach drei Verpackungsklassen

Die Verpackungsverordnung unterscheidet unabhängig vom Material grundsätzlich drei Verpackungsklassen, die unterschiedlich zu verwerten sind:

  • Transportverpackungen erleichtern den Transport der Ware und schützen sie. Verwendet werden sie lediglich vom Vertreiber der Ware, beim Endverbraucher kommen sie gar nicht an. Der Verwender von Transportverpackungen ist verpflichtet, sie wieder zurückzunehmen. Typische Beispiele wären Paletten oder Kartonagen für Großverpackungen. Der Supermarkt darf solche Verpackungen an den Lieferanten zurückgeben.
  • Umverpackungen enthalten nicht unmittelbar das Produkt oder die Ware, sondern sind zusätzliche Verpackungen des Endproduktes, die häufig aus dekorativen Gründen oder zu Marketing-Zwecken eingesetzt werden. Typische Beispiele wären die bedruckte Pappschachtel um eine CD-Hülle oder die Schachtel für das Parfümflakon. Der Endverbraucher darf solche Umverpackungen im Geschäft zurücklassen.
  • Verkaufsverpackungen sind die „letzte Verpackung“ um das Produkt; ohne sie kann die Ware kaum verkauft werden. Verkaufsverpackungen landen letztlich beim Endverbraucher.

Typische Beispiele wären Jogurtbecher oder Shampooflasche. Hersteller bzw. Verkäufer müssen solche Verpackungsabfälle entweder am Verkaufsort kostenfrei selbst zurücknehmen oder sich einem Entsorgungssystem anschließen.

Höhere Verwertungsquoten

Seit 2009 gelten außerdem Mindestzielquoten für die Verwertung der verschiedenen Verpackungsmaterialien. Den größten Anteil machen Glas, Papier und Karton aus, die zu 60 % recycelt werden müssen. Metalle sind zu 50 % wiederzuverwerten, Kunststoffe zu mindestens 22,5 % und Holz zu 15 %.

Der Anteil an Einwegverpackungen soll dadurch kontinuierlich gesenkt werden, wozu vor allem die Pfandpflicht beitragen soll. Bei Getränken etwa ist das Einwegpfand allgegenwärtig, da die Mehrwegquote in den letzten Jahren stetig zurückgegangen ist. Bis 2012 sind Verpackungen aus „Bio-Kunststoffen“ begünstigt; weil sie biologisch abbaubar und kompostierbar sind, gelten für sie eingeschränkte Verwertungspflichten.

Neue Pflichten für Online-Händler

Für Online-Händler, die ihre Produkte ausschließlich an gewerbliche Kunden verkaufen und liefern, ändert sich durch die Novelle nichts. Hier galt schon bisher, dass sie für die ordnungsgemäße Verwertung der Transportverpackungen verantwortlich sind und somit sich an einem der so genannten dualen Systeme in Deutschland beteiligen mussten. Durch die Teilnahme ist gewährleistet, dass die Verpackungen ordnungsgemäß dem Verwertungskreislauf zugeführt werden.

Wer jedoch ausschließlich an Endverbraucher, d.h. Privatkunden, Waren verkauft (B2C), der muss sich umstellen: Bislang war der Versandhändler nicht verpflichtet, Verpackungen, die beim Endkunden landen, selbst der Wiederverwertung zuzuführen. Er konnte stattdessen seine Kunden darauf hinweisen, dass sie die Verpackung über die „gelbe Tonne“ bzw. den „gelben Sack“ oder im Altpapier selbst zu entsorgen haben.

Seit 1. Januar 2009 aber muss der Versandhändler sicherstellen, dass seine Verpackungen recycelt werden. Dazu bietet die Verpackungsverordnung zwei Möglichkeiten: entweder durch

  • „Rücknahme“ der Verpackungen oder durch
  • Verwendung von lizenziertem Verpackungsmaterial.

„Rücknahme“ (duales System)

Praktisch ist die tatsächliche Rücknahme von Verpackungsmaterial im Versandhandel nicht umzusetzen. Allein die Kosten machen es in der Regel unsinnig, dass der Endverbraucher die Verpackungen, einschließlich der Verkaufsverpackung (man denke an die Shampooflasche!) an den Händler zurücksendet.

Als „Rücknahme“ gilt für Versandhändler stattdessen die Teilnahme an einem anerkannten und flächendeckenden Entsorgungssystem. In Deutschland gibt es mehrere solcher „dualer Systeme“; am bekanntesten ist „Der Grüne Punkt“. Für welchen Anbieter sich der Versandhändler entscheidet, bleibt jedoch ihm überlassen. In jedem Fall aber ist der Anschluss an ein solches System mit nicht unerheblichen Kosten verbunden.

Lizenziertes Verpackungsmaterial

Als Alternative bietet sich für Versandhändler an, ausschließlich lizenziertes Verpackungsmaterial einzusetzen. Das kann zunächst kostengünstiger sein als die Teilnahme an einem dualen System. Allerdings muss der Händler sicherstellen, dass auch tatsächlich ausschließlich lizenziertes Material zum Einsatz kommt. Dazu sollte er sich die Lizenzierung schriftlich von seinem Verpackungsverkäufer bestätigen lassen.

Problematisch wird jedoch der Einsatz von bereits gebrauchtem Verpackungsmaterial, selbst wenn es bereits lizenziert ist. Denn meist lässt sich die Lizenzierung nicht an der Verpackung erkennen, so dass der Händler nur schwer beweisen kann, dass das Material lizenziert ist.

Limits für die Vollständigkeitserklärung

Zusätzlich zu den verschärften Verwertungspflichten von Online-Händlern im Privatkundengeschäft, müssen alle Online-Händler erstmals zum 1. Mai 2009 eine „Vollständigkeitserklärung“ abgeben. Diese Erklärung gibt die Menge und das Material der verwendeten Verkaufsverpackungen an; sie wird bei der zuständigen IHK hinterlegt, was mittlerweile auch online möglich ist. Verpflichtet ist derjenige, der eine Verpackung als Erster in Verkehr bringt.

Viele Internet-Händler verwenden jedoch nur geringe Verpackungsmengen, so dass sie von der Vollständigkeitserklärung befreit sind. Von dieser Pflicht befreit sind alle, die weniger als

  • 80.000 kg Glas,
  • 50.000 kg Papier, Pappe und Karton,
  • 30.000 kg sonstige Verpackungen (Kunststoffe, Aluminium, Weißblech u.a.) verwenden.

Fazit: Lieber sparsam und sicher

Online-Shop-Betreiber sollten die Gelegenheit nutzen, ihre konkreten Vertriebsmodi unter die Lupe zu nehmen und auf Einsparmöglichkeiten zu überprüfen; Produkte, die von vornherein für den Online-Vertrieb gedacht sind, fahren jetzt vermutlich ab Product Launch mit verminderter Verpackung besser.

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Schwierig wird es vorerst für viele eBay-Verkäufer, die ihren Versand auf privater Basis betreiben, d.h. ohne Anmeldung eines Gewerbes. Je nach Umfang der getätigten Geschäfte kann man jedoch schon als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB gelten und unterliegt damit auch den Pflichten der Verpackungsverordnung. Hier sollte man sich dringend bei einem auf Handelsrecht spezialisierten Rechtsanwalt erkundigen, wie die eigene Verkaufstätigkeit einzuordnen und ob die Verpackungsverordnung anwendbar ist. Denn Verstöße – auch unwissentliche – können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und sind dann mit teilweise hohen Bußgeldern belegt.

Nützliche Links

Die Fünfte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung gibt es beim Bundesgesetzblatt als Online-PDF. Etliches Wissenswerte zur Verpackungsverordnung versammelt das Bundesumweltministerium. Eine wichtige Infoseite für Online-Händler hat die IHK Frankfurt/Main im Netz. Alles zum Thema Verpackung gibt es beim Transport-Informations-Service des Gesamtverbands der deutschen Versicherer.