5G: Wann der LTE-Nachfolger 5G kommt

Videotelefonie und Streaming-Dienste lassen das Datenvolumen im Mobilfunkverehr bereits gewaltig anschwellen. Jetzt sollen noch Maschinen, Fahrzeuge und überhaupt alles vernetzt werden. Damit das klappt, rüstet WLAN bereits für 11ac auf. Doch ab 2020 könnte der 5G-Mobilfunk sogar die WiFi-Technik überholen.

10 GBit/s auf jedes Smartphone

Von Harald Karcher

Bald soll der LTE-Nachfolger 5G ganze 10 GBit/s auf jedes Handy bringen. Wird WLAN damit abgehängt und überflüssig? Die Datenexplosion will ja kein Ende nehmen: Nicht nur die schiere Zahl der Internet-Geräte, auch der Internet-Konsum und der Bandbreitenbedarf pro Kopf steigen ständig weiter.

Traffic-Treiber im Funkverkehr

Früher sorgte ein ISDN-Telefonat mit 64 kBit schon für Zufriedenheit. Heute verbrauchen Audio-Videokonferenzen über Microsoft Skype, Google Hangouts, Cisco WebEx, Citrix GoToMeeting oder Microsoft Lync dynamische Bandbreiten von 500 bis 5000 kBit pro Teilnehmer, je nach Fenstergröße und Auflösung.

Ein weiteres Beispiel: Video-Streaming. War man früher noch mit einer SD-TV-Auflösung beim Streaming auf den Fernseher oder Laptop glücklich, so muss es heute HD 720p oder gar Full HD 1080p sein. Die ersten User haben sogar schon 4K-Fernseher oder 4K-Laptops mit Ultra-HD-Displays und können hausintern auch 4K-Filme per WLAN aus dem eigenen NAS-Speicher abrufen, sofern in der lokalen WLAN-Luft genug Platz für 4K-Streamings frei ist.

Und noch ein Beispiel: Musik-Streaming. Eigentlich könnte man Hunderte oder Tausende Musiktitel lokal auf Smartphones und Laptops abspeichern, um sie dann offline zu genießen. Tatsächlich hören viele User ihre Songs lieber stundenlang live direkt aus YouTube und Konsorten und lassen dabei den Videostream völlig unbeachtet mitlaufen, was eine enorme Last auf die externen und internen Netze bringt. Verschwendung pur! Aber gelebte Realität.

Egal ob diese Datenexplosion nun über WLAN oder per Mobilfunk oder über beide Netztypen bewältigt wird: Die Netze müssen weiter wachsen. Das Internet der Dinge kommt der Wucht von Industrie 4.0 und M2M-Kommunikation hinzu; es will Milliarden von Menschen, Tieren, Fahrzeugen, Maschinen, Hausgeräten und Gebäudesensoren miteinander verkoppeln. Ein Stillstand beim Netzausbau würde schnell zu Datenstau und Datenchaos führen. Big Data will bewegt werden.

Serie: 5G-Mobilfunk
Teil 1 setzt beim Bandbreitenbedarf an, der durch die Decke schießt. WLAN und Mobilfunk liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Zielgeraden zu 10 GBit/s. Teil 2 schildert den Stand der Standards und interessiert sich eingehend für die Konsortien der Entwicklung. Teil 3 begibt sich auf die technische Seite. Es geht um die Grundlagen der 5G-Netze, um Ping-Zeiten und Frequenzen. Teil 4 schließlich erläutert den Stand der Dinge kurz vor der Frequenzversteigerung 2019. Drei Sonderberichte widmen sich der Möglichkeit von 5G-Campus-Netzen, berichten vom letzten Stand der 5G-Frequenzauktion und untersuchen, welche Berufe für den Netzaufbau gebraucht werden. Zum Schluss lohnt noch ein Blick nach Österreich: Dort gibt es 5G schon.

Es war einmal: WLAN 802.11b

Das Wettrennen zwischen WLAN und Mobilfunk wurde spätestens zur Jahrtausendwende offensichtlich: Im Jahr 2000 kamen die ersten WLAN-802.11b-Basisstationen von 3Com, Cisco, ELSA, Lucent und Siemens in den deutschen Markt. Sie schafften einen Datenspeed bis zu 11 MBit/s brutto und 6 MBit/s netto. Ein WLAN-Access-Point (AP) kostete damals 2000 Deutsche Mark und mehr. Das konnte sich fast kein privater Haushalt leisten, nur Firmen.

Ein Jahr später, anno 2001, gingen die ersten öffentlichen WiFi-Hotspots mit 11b-Technik in Deutschland live: etwa im Kempinski Hotel Vier Jahreszeiten an der Münchner Maximilianstraße und im Hilton Munich Park Hotel am Englischen Garten. Anfangs bezahlte der betuchte Business-Traveller 150 Deutsche Mark für 24 Stunden Wireless Internet im Kempinski. Der damals schnellste drahtlose Vorzeigehotspot Deutschlands hing an einem SDSL-Anschluss, der 2 MBit/s symmetrisch in beide Richtungen schaffte, im Upload wie im Download.

Serie: Digitale Infrastruktur
Die Einführung beginnt in Berlin und klärt die Rahmenbedingungen in Deutschland. Ein erster Regionalschwerpunkt widmet sich dann dem Westen und Nordrhein-Westfalen. Weitere Regionalreports konzentrieren sich auf den deutschen Südwesten und auf Bayern. Extra-Beiträge berichten außerdem über den Stand der NGA-Netze in Österreich und über die praktische, aber schwierige Mobilfunk-Dominanz in der Alpenrepublik.

WLAN 11 MBit trifft GPRS 115 kBit

Im gleichen Jahr schrieb das Handelsblatt zum Start der CeBIT 2001:

„Die Mobilfunkanbieter haben sich das Zauberwort GPRS auf die Fahnen geschrieben […] Datenpakete werden mit einer Geschwindigkeit von bis zu 115 Kilobit pro Sekunde übertragen.“

Das allerdings war meist nur graue Theorie. In der Praxis musste man froh sein, wenn die Daten mit 50 kBit/s netto auf ein GPRS-Handy von Nokia oder Siemens heruntertröpfelten. Nokia und Siemens waren damals stolze Handy-Marken.

Drei Jahre später, im Frühling 2004, wurde UMTS von Vodafone, Telekom, E-Plus und o₂ in Deutschland auch für zahlende Endkunden freigeschaltet. Der maximale UMTS-Datendownload lag bei 384 kBit/s. Die kamen aber nur sporadisch in der Nähe von UMTS-Mobilfunkmasten. WLAN war derweil schon beim Speedlevel IEEE 802.11g angekommen und schaffte 54 MBit/s brutto sowie über 20 MBit/s netto – natürlich nur auf kurze Distanz, z.B. wenn AP und Client in Sichtweite im gleichen Raum funkten.

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Bei den Mobilfunkgenerationen 1G und 2G stand noch die mobile Sprachtelefonie im Vordergrund. Ab 3G setzte der mobile Datenturbo ein. Ab 2020 könnte der Mobilfunk sogar die WLAN-Technik in Sachen Datenspeed überholen. (Bild: Ericsson)

WLAN 1300 MBit trifft LTE 150 MBit

Knapp zehn Jahre später, 2013, konnte der Autor erstmals LTE-Cat4 mit brutto 150 MBit/s und netto 120 MBit/s im Download mit einem Huawei-Cat4-Smartphone im echten Kundennetz von Vodafone auf der Münchener Theresienwiese messen. Im gleichen Herbst 2013 funkten auch zwei brandneue WLAN-11ac-Gigabit-Fritz!Boxen Modell AVM 7490 schon 1,3 GBit/s brutto und knapp 800 MBit/s netto auf kurze Distanz durch die Lüfte. Gemessen, nicht geraten. Wir brauchten für diesen Test allerdings noch zwei (!) identische Fritz!Boxen, weil es zur IFA 2013 noch keine 11ac-Clients (Laptops, Handys) mit dem vollen 3×3-MIMO-3SS-Speed von 1,3 GBit/s gab. Anno 2014 sind jedoch schon vereinzelte 11ac-Notebooks mit 3×3-MIMO auf dem Markt, etwa das Apple MacBook Pro. Die WLAN-Branche bezeichnet 802.11ac übrigens als fünfte WLAN-Generation.

Die Frage, wer die Technologie für 5G entwickelt, beantwortet der folgende Teil 2 dieser Serie.

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