Banken-AGB

Jetzt muss jede Ziffer stimmen

Von der Fachredaktion anwalt.de

Seit dem 1. November 2009 gelten bei fast allen Banken und Sparkassen neue Allgemeine Geschäftsbedingungen, die sich erheblich auf die Rechte der Bankkunden auswirken. Die neuen AGB basieren auf einer EU-Richtlinie, die den Zahlungsverkehr im europäischen Wirtschaftsraum vereinheitlichen und beschleunigen will.

Doch das neue europäische Zahlungsverkehrsrecht und die darauf basierenden neuen AGB bringen nicht nur Vorteile mit sich. Insbesondere die rechtliche Position von Bankkunden bei Überweisungsfehlern, bei Diebstahl und Missbrauch der EC-Karte wird durch die neuen Banken-AGB verschlechtert und das Risiko in diesen Fällen auf den Bankkunden übertragen.

Überweisung stur nach Kontonummer

Einmal kurz vertippt, versehentlich eine Zahl verkehrt geschrieben – und schon kann das Geld auf Nimmerwiedersehen bei einem falschen Empfänger landen. Bisher lag nur bei Online-Überweisungen das Risiko für solche Überweisungsfehler beim Kunden selbst. Doch dies gilt jetzt auch bei Überweisungen vor Ort, sei es nun per Überweisungsformular oder Überweisungsterminal.

Im Gegensatz zum Online-Banking war bislang bei diesen Überweisungsformen vor Ort das Kreditinstitut verpflichtet, einen Abgleich der Kontonummer und des Empfängernamens bei der Überweisung durchzuführen. Nach den neuen AGB ist die Bank oder Sparkasse nun nicht mehr zur Durchführung eines solchen Empfängerabgleichs verpflichtet.

Dies hat zur Folge, dass man nun selbst für unrichtige Angaben auf dem Überweisungsformular gerade stehen muss. Daher ist es ratsam, nun noch genauer die Angaben auf der Überweisung zu überprüfen. Denn wenn alles schief läuft, kann das falsch überwiesene Geld auch weg sein. Zwar hat man dann gegen den unberechtigten Empfänger einen Anspruch auf Rückerstattung des Betrages gemäß § 818 BGB. Allerdings tauchen immer wieder Fälle auf, in denen das Geld verschwunden ist, z.B. wenn es der Empfänger bereits ausgegeben hat oder zahlungsunfähig ist.

Bislang haben die Gerichte die Bankkunden bei beleggebundenen Überweisungen besser gestellt als diejenigen, die Überweisungen per Online-Banking tätigen (BGH, Urteil vom 15. November 2005, Az.: XI ZR 265/04). War in einer AGB-Klausel bestimmt, dass bei der beleglosen Online-Überweisung automatisch ein Verzicht des Kunden auf die Empfängerüberprüfung angenommen wird, so war diese AGB-Regelung zulässig und die Kreditinstitute nicht zu einem Abgleich verpflichtet (AG München, Urteil vom 18. Juni 2007, Az.: 222 C 5471/07). Mit den neuen AGB gelten nun auch bei Überweisungen vor Ort die gleichen Bedingungen wie bei beleglosen Online-Überweisungen: Das Geldinstitut ist in keinem der beiden Fälle mehr zur Überprüfung von Kontonummer und Namen des Empfängers verpflichtet. Bei jeder Überweisung ist jetzt allein die Nummer des Empfängerkontos maßgeblich.

Eingeschränkter Auftragswiderruf

Weiter wurden die Widerrufsmöglichkeiten von Überweisungsaufträgen eingeschränkt. Vorher war es möglich, Überweisungen zu widerrufen, bis der Auftrag von der Bank ausgeführt worden war. Dies ist nun infolge der neuen AGB nicht mehr möglich. Ist der Überweisungsauftrag der Bank zugegangen (Abgabe, Briefkasteneinwurf), kann eine Rückabwicklung höchstens aus Kulanzgründen erfolgen.

Ausgenommen sind hier Online-Überweisungen, bei denen ein gesondertes Ausführungsdatum angegeben werden kann. Hier ist ein Widerruf bis spätestens einen Geschäftstag vor dem angegebenen Ausführungstag möglich. Auch wer das Überweisungsformular per Post an die Bank schickt, kann die Überweisung grundsätzlich widerrufen, spätestens bis zum Zugang des Schreibens beim Kreditinstitut.

Rechte auf dem Prüfstand

Ein Widerruf bringt nichts, jedenfalls soweit die AGB auf EU-Normen beruhen. Allerdings steht man auch in diesen Fällen nicht völlig ohne gesetzlichen Schutz da. Denn es bleibt weiterhin dabei, dass AGB grundsätzlich der Inhaltskontrolle des Bürgerlichen Gesetzbuches unterliegen, also den §§ 305 ff. BGB.

Daher bleiben die zivilrechtlichen Regelungen im deutschen Recht weiterhin Prüfungsmaßstab der Gerichte hierzulande. Insbesondere § 307 BGB normiert eine AGB-Klausel als unwirksam, wenn sie den Unterzeichner entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das ist bei den neuen Klauseln durchaus möglich.

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Folglich kann es im Schadensfall aufgrund einer Fehlüberweisung auch weiter Erfolg versprechend sein, gerichtlich gegen das Kreditinstitut vorzugehen. Die neuen Klauseln widersprechen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die bei Überweisungen bislang eher verbraucherfreundlich war. Angesichts der neuen AGB müsste er also erst seine Rechtsprechung dahingehend ändern, wofür jedoch – abgesehen von den europarechtlichen Vorgaben – kein Grund ersichtlich ist. Es bleibt also abzuwarten, wie sich der Bundesgerichtshof in puncto Verbraucherschutz und EU-Vorgaben positioniert.

Zudem regeln Banken und Sparkassen einige Fragen, die über den Regelungsbereich des Europarechts hinausgehen. Hier muss dann in jedem Einzelfall geprüft werden, wie sich die Rechtslage darstellt und welche Rechtsmittel gegen das Institut Erfolg versprechend eingelegt werden können. Einige Geldinstitute zeigen sich durchaus kulant und kommen ihren Kunden bei einem Problemfall entgegen.

Wichtig!
Es bleibt dabei, dass ein Kartenverlust oder der Verlust der Zugangsdaten für das Online-Banking unverzüglich gemeldet werden müssen. Handelt man grob fahrlässig, insbesondere wenn man seine PIN nicht ausreichend vor dem Zugriff Dritter absichert, bleibt es bei der Haftung wie bisher: Wer nachlässig handelt, der muss den Schaden in vollem Umfang alleine tragen. Die Mithaftung betrifft auch Kunden mit Online-Banking entsprechend, soweit es um Missbrauch und Verlust von TAN/PIN geht.

Wenn die Karte weg ist: Mithaftung

Darüber hinaus sehen Gesetz und AGB vieler Kreditinstitute jetzt für den Verlust und Diebstahl der Bankkarte ab der Kartensperrung eine Haftung des Kunden von 150 Euro vor. Das gilt unabhängig davon, ob sich der Kunde schuldhaft verhalten hat und für den Diebstahl bzw. Missbrauch verantwortlich ist.

Die Haftungsregelung erfasst nach den gesetzlichen Vorgaben nicht die Fälle, in denen Geldautomaten manipuliert werden und Kopien von Zahlungskarten erstellt werden. Allerdings haben einige Geldinstitute eine Haftung bis zu 150 Euro in ihren AGB verankert. Hier stellt sich wieder die Frage, ob diese Verlagerung des Risikos auf den Kunden mit den Verbraucherschutzrechten vereinbar und überhaupt zulässig ist.

Tipp: Kulanz als Wettbewerbsvorteil
Einige Banken und Sparkassen verzichten auf diese 150-Euro-Mithaftung und ersetzen ihrem Kunden aus Kulanz – entgegen den gesetzlichen Regeln – bei einem Kartenverlust den Schaden. Wenn man ein neues Konto eröffnen will, sollte man daher darauf achten, welche Haftung in den zugrunde liegenden AGB des Kreditinstituts enthalten ist.

Fazit: Teils freundlich, teils bewölkt

Für Bankkunden bringen die neuen AGB aber auch Vorteile mit sich. Die in Deutschland geltenden Fristen für Überweisungen, also drei Geschäftstage für Online-Überweisungen und vier Geschäftstage für schriftliche Überweisungen, gelten nun innerhalb des gesamten Europäischen Zahlungsverkehrsraums (Single Euro Payments Area).

Bei Überweisung von Beträgen in anderer Währung gilt eine Frist von vier Geschäftstagen. Ab dem Jahr 2012 ist für Überweisungen, Kartenzahlungen und Lastschriften eine Frist von zwei Geschäftstagen vorgesehen.

Europaweit einziehen
Im Zuge der Einführung der neuen AGB wurde auch der Weg für die neue SEPA-Lastschrift frei gemacht.

Außerdem sind einige gesetzliche Schutzmechanismen zusätzlich installiert worden, z.B. dürfen Zahlungskarten nicht mehr unaufgefordert zugeschickt werden. Für das Girokonto gilt für den Kunden nun eine kürzere Kündigungsfrist von einem Monat und für Auslandsüberweisungen dürfen die Kreditinstitute kein Entgelt mehr berechnen, es sei denn, dies ist vorher ausdrücklich vereinbart worden.

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