Berufseinsteiger als Arbeitskräfte

Wenn der Laden mit Lehrlingen läuft

Von Christine Lendt

Der Kostendruck für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist enorm. Wer kann es Inhabern kleiner Firmen da verübeln, dass sie hohen Personalkosten aus dem Weg gehen wollen? Azubis leiten ausgewachsene Projekte, versierte Volontäre bleiben ewig vertröstet und Akademiker mit Diplom arbeiten als Dauerpraktikanten. Aber ist das wirklich die Lösung?

Welche Risiken geht man als Unternehmer rechtlich ein? Welche Arbeitsmoral haben derart ausgenutzte Berufseinsteiger später als fest angestellte Mitarbeiter? Können wir uns eine solche Mentalität wirklich leisten? Azubis haben nicht ohne Grund klare Rechte, und sogar Freiwillige müssen bezahlt werden. Die Kosten hierfür sind langfristig eine Investition in die Zukunft des Mittelstands, keine Unkosten.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Wenn die Jugend ins Berufsleben startet, so landet sie immer häufiger direkt in einer Vollzeitwarteschleife. Sie leistet dann schon in der Ausbildung verantwortliche Arbeit, macht Überstunden und ersetzt mitunter eine ganze Fachkraft. Dabei ist die Sache eigentlich so:

  • Zweck der Ausbildung ist, einen Beruf komplett zu erlernen. Zwei bis dreieinhalb Jahre nimmt das in Anspruch, je nach Berufsbild und Schulabschluss.
  • Das Volontariat findet meist im Anschluss an eine Ausbildung statt und soll zugleich auf die künftige Tätigkeit vorbereiten. So durchläuft ein studierter Journalist ein Volontariat in einer Redaktion, bevor er als Redakteur beschäftigt wird. Das „Volo“ dauert in der Regel 24 Monate.
  • Bei einem Praktikum werden – zuvor erworbene – Kenntnisse praktisch angewendet und vertieft. Es führt zu keinem Abschluss, ist vielmehr Teil einer Gesamtausbildung oder eines Studiums.

Auszubildende nach Vertrag

Von erfolgreich ausgebildetem Nachwuchs profitieren die Betriebe selbst. Versierte Fachkräfte sind gefragt, gerade im verschärften internationalen Wettbewerb. Aufgabe des Unternehmers ist, seine Auszubildenden zu qualifizierten Mitarbeitern reifen zu lassen, im wortwörtlichen Sinn: Neben der Entwicklung von Fachkompetenz stehen soziale und persönliche Qualitäten im Vordergrund; Teamfähigkeit und „emotionale Intelligenz“ wollen auch geschult werden.

Nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) gilt als Ausbilder, wer die Inhalte einer Ausbildung im Betrieb unmittelbar, verantwortlich und in wesentlichem Umfang vermittelt. Er ist für die Ausbildung und als Ansprechpartner für die „Azubis“ verantwortlich und muss die Anforderungen der neu gefassten Ausbildereignungsverordnung (AEVO) erfüllen. Bei Berufsausbildungen, die zwischen dem 1. August 2003 bis 31. Juli 2008 begonnen haben bzw. beginnen, sind Ausbilder durch § 7 AEVO vom Nachweis der Eignung befreit. Nur: In der Praxis müssen sie sich dennoch beweisen.

Der pädagogische Aspekt wird von Unternehmerseite bisweilen unterschätzt, sind doch Azubis Mitarbeiter, die erst an alle Bereiche des Berufes herangeführt werden müssen und eher Fehler machen als gelernte Kräfte. Hier gilt es, den Berufseinsteiger zu fördern, zu motivieren statt zu denunzieren. Das erfordert Zeit, Geduld und soziale Kompetenz. Eine anspruchsvolle Aufgabe – vor allem, wenn der Ausbilder selbst unter Termindruck steht.

Ein Auszubildender ist vor dem Gesetz dem Arbeitnehmer gleichgestellt. Das bedeutet: Auf den Berufsausbildungsvertrag werden in der Regel die Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze angewendet, die auch für den Arbeitsvertrag gelten.

Volontäre mit Rechtsanspruch

Die wörtliche Bedeutung des Volontariats (von „freiwillig“ aus dem Französischen) ist an sich nicht mehr zutreffend; sie bezog sich einst darauf, dass Volontäre unentgeltlich beschäftigt wurden. Doch mittlerweile gilt auch der Volontär als Arbeitnehmer und hat einen Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 17 Abs. 1 BBiG. Ein Volontär verpflichtet sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Leistung von Diensten, während das Unternehmen eine Ausbildung gewährleistet, die aber nicht zu einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf führt.

Praktikanten als Fachkräfte

Praktika sollen eine Ausbildung ergänzen oder Interessierten die Möglichkeit geben, in eine Tätigkeit „hineinzuschnuppern“ – eigentlich. Die Realität gestaltet sich anders: Praktikanten ersetzen zunehmend reguläre Arbeitnehmer, aus Kostengründen. Für die Unternehmen kann das zum Eigentor werden.

Längst hat sich der Begriff „Generation Praktikum“ etabliert. Er steht für Berufseinsteiger, oft Akademiker, die auf der Suche nach einer Festanstellung ein unbezahltes Praktikum nach dem anderen absolvieren. Die Kritik der Medien und Gewerkschaften wächst, und rechtlich begibt man sich hier schnell aufs Glatteis: Ein Praktikant gilt als Arbeitnehmer im Sinne einiger Bestimmungen, hat z.B. Anspruch auf Urlaub und genießt einen speziellen Kündigungsschutz.

Auch der weit verbreiteten Auffassung, dass Praktikanten unentgeltlich zu arbeiten haben, widerspricht die Rechtsprechung. Ihnen steht gemäß Berufsbildungsförderungsgesetz (BerBiFG) grundsätzlich eine angemessene Bezahlung zu. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Praktikant Arbeiten verrichtet, die als spezifisch für eine Fachkraft gelten. Ist das Praktikum Bestandteil eines Studiums, findet das Arbeitsrecht allerdings keine Anwendung.

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