Big Data, Teil 2

Login-Kontrolle quasi in Echtzeit

Von Heiderose Witte

So ergeben sich mit Big Data ganz neue Möglichkeiten der Interaktion: Fahrer erhalten sekundengenaue Informationen zu ihrem Fahrzeug, während Ingenieure die Informationen zum Fahrverhalten nutzen, um Produktverbesserungen zu entwickeln. Darüber hinaus erhalten Stromversorger und andere Anbieter Fahrdaten zu Millionen von gefahrenen Kilometern und können auf dieser Basis entscheiden, wo neue Ladestationen gebaut werden sollen und wie man die Stromnetze vor Überlastung schützen kann.

Für Anton Hofmeier, Vorstandsmitglied der Software AG (Terracotta) ist die Echtzeitverarbeitung ein weiteres Big-Data-Kriterium. Er erklärte dies am Kundenbeispiel eBay/Paypal. Um Betrugsversuche abzuwehren, habe Paypal in der Vergangenheit während des Login-Vorgangs innerhalb von 150 ms 50 festgelegte Regeln überprüft – völlig unbemerkt vom Benutzer. Weil jedoch die Zunahme der Hackerattacken verschärfte Abwehrmaßnahmen erforderlich machten, baute Paypal diese Kontrollroutinen im Rahmen eines Big-Data-Projekts aus. Dabei erreichte der Zahlungsdienstleister eine Steigerung auf 1000 Prüfregeln im selben Sekundenbruchteil – und in einem Datenpool von 160 TByte.

Flughafen-Check-in ohne Anstehen

Als weiterer Praktiker in puncto Big Data kam Stefan Sabatzki mit in die Runde. Er hatte beim Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport ein Data-Warehouse-Projekt umgesetzt. Sabatzki beschäftigt sich v.a. mit der Optimierung des Flug- und Terminalbetriebs. Deshalb werden mit Sensoren z.B. die Passagierströme gemessen und mit Flug- und Standortplänen sowie verfügbarem Personal ergänzt.

Auf Basis komplexer statistischer Modelle kann Sabatzki dann mit einer Abweichung von lediglich 3 % die Fluggastströme in den Terminals vorhersagen und somit Warteschlangen an den Abfertigungspunkten weitgehend vermeiden. Am Ende lasse sich ziemlich genau vorhersagen, wo ein Flugzeug optimalerweise andocken sollte oder wann und wo wie viel Personal für die Abfertigung benötigt werde – und zwar beinahe in Echtzeit.

Serie: Big Data
Teil 1 beginnt mit den sprunghaft ansteigenden Datenströmen – dem Rohstoff der Informationswirtschaft von morgen. Teil 2 schildert Szenarien, in denen Big-Data-Analyse bereits handfeste Ergebnisse in Echtzeit bringt. Teil 3 geht noch einen Schritt weiter und folgt dem Apache-Hadoop-Framework ein Stück in die Zukunft. Ein Extrabeitrag warnt vor Abwarten im Angesicht der Datenlawine. Gerade der Mittelstand könnte Flexibilität als Trumpf ausspielen.

Seit 2005 sei das Fraport-Warehouse, das in Kooperation mit SAS und EMC aufgebaut wurde, im Einsatz. Bedenken, dass Fraport das Wissen um die Wege der Passagiere dazu verwendet, die Pacht für die Ladengeschäfte den Besucherströmen anzupassen, verwarf Sabatzki: „Das Potenzial ist mannigfaltig, aber dafür nutzen wir die Daten nicht.“ Denn man wolle nicht den gläsernen Passagier, sondern „den zufriedenen Kunden.“

Große Speicher für große Daten
Dinko Eror, Senior Director Global Services Lead bei EMC, verwies in diesem Zusammenhang auf wichtige Grundlagenentwicklungen im Bereich der Speichersysteme, die mit Techniken wie Deduplizierung (Identifikation und Eliminierung redundanter Daten) erst die Voraussetzungen für die Speicherung und Verwaltung der riesigen Datenschätze ermöglichen. Außerdem outete er sich als Big-Data-Anwender: „Wir nutzen Big-Data-Analysen, um vorhersagen zu können, wann unsere Platten beim Anwender möglicherweise kaputtgehen.“

Cloud-Dienste für den mittelständischen Handel

Die Branchen, in denen Big Data und Analysetechnologien eine immer wichtigere Rolle spielen werden, sind laut der IBM-Studie „Analytics: Big Data in der Praxis“ das produzierende Gewerbe, die Automobilindustrie und der Handel. Hier können nach einer McKinsey-Analyse von 2011 Retailer durch konsequente Big-Data-Nutzung ihre Umsatzrendite um bis zu 60 % steigern. Und da Lösungen zur Datenbeschaffung und -analyse auch als Cloud Services verfügbar sind, ist Big Data durchaus auch ein Thema für den Mittelstand (wenn auch die Anbieter den konkreten Nutzen derzeit an Beispielen von Großunternehmen erläutern).

Zu den Vorreitern bei den Anwendern zählen IBM zufolge Marketing-Verantwortliche, die mit Hilfe von Kundendaten Kaufgewohnheiten auf den Grund gehen, nachhaltige Kundenbeziehungen aufbauen und neue Absatzmärkte erschließen. Ein wichtiges Einsatzgebiet ist auch die Finanzabteilung, etwa im Bereich Risikoanalyse. Letztere gewinnt für viele Unternehmen quer durch alle Branchen aufgrund wachsender regulatorischer Vorschriften immer mehr Relevanz.

Dass Big Data sich auf der Basis von Apache Hadoopsogar in die Zukunft extrapolieren lassen, zeigt Teil 3 dieser Serie. Das Schlusswort hat dann der Chief Analytics Officer.

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