IT-Kompetenz in Behörden: Warum wir mehr IT-Kompetenz in Behörden brauchen

Einerseits müssen Kommunen sparen, wo es nur geht, andererseits sollen sie ihre Verwaltung auf den Stand der Digitalisierung bringen. Das geht, sagt Thomas Langkabel, National Technology Officer bei Microsoft. Am wichtigsten ist ihm ein solides Grundverständnis für digitale Themen bei den Mitarbeitern.

Fähige Mitarbeiter finden die besten Lösungen

Von Sabine Philipp

Viele Kommunen stehen vor einem Dilemma: Einerseits müssen sie auf den digitalen Wandel reagieren, andererseits kämpfen sie mit schrumpfenden Ressourcen. Thomas Langkabel, National Technology Officer bei Microsoft Deutschland und aktives Mitglied in mehreren Initiativen und zivilgesellschaftlichen Vereinen sieht verschiedene Ansätze, um diesen Spagat zu bewältigen. Hebelpunkte erkennt er u.a. in der Vernetzung mit zivilgesellschaftlichen Gruppen und in der Ausbildung der Mitarbeiter in der Verwaltung.

Grundwissen fordern und fördern

Thomas Langkabel vertritt die Ansicht, dass alle Verwaltungsmitarbeiter ein solides Grundverständnis der digitalen Welt brauchen. Erstens können sie die Innovationspotenziale, die sich daraus ergeben, auf ihre Arbeit übertragen und zweitens lassen sie sich dann nicht so leicht von externen Beratern bzw. Produktherstellern treiben, die ständig mit neuen Hype-Themen auf sie zukommen. Er plädiert dafür, die Themen, die für eine digitale Welt wichtig sind, bereits in der Ausbildung zu behandeln: Datenschutz, Umgang mit elektronischen Identitäten, soziale Medien, Cloud Computing, Big Data etc. Das könnte z.B. in Form von einzelnen Modulen stattfinden, die in die Verwaltungsgrundausbildung integriert werden.

Bitte beachten Sie: Die nationalen Datenschutzgesetze in der EU, also auch das BDSG, wurden zum 25. Mai 2018 durch die Bestimmungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung ersetzt.
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Thomas Langkabel ist National Technology Officer bei Microsoft Deutschland. Der studierte Luft- und Raumfahrttechniker beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit Informationstechnik und Verwaltungsmodernisierung; er leitet den Arbeitskreis E-Government im BITKOM, engagiert sich in mehreren zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen, wie z.B. in der Initiative D21 oder im ISPRAT e.V. und ist Kuratoriumsmitglied des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme FOKUS.

Best Practices – deutschlandweit

„Es gibt eine Reihe von Verwaltungsmitarbeitern, die Interesse an Digitalisierungsthemen haben und die bereits spannende Projekte vorantreiben. Diese Best-Practice-Projekte könnten als Anregung für eigene Vorhaben dienen“ sagt Langkabel. Als Beispiele nennt er Sven Hense und den Erprobungsraum Rheinland, Christian Geiger in Ulm, Claus Arndt in Moers oder Christoph Meineke in Wennigsen, der regelmäßig auf buergermeisterblog.de berichtet. Weitere Beispiele gibt es auf der Webseite des Innovators Clubs (IC). In diesem Thinktank des Deutschen Städte- und Gemeindebunds treffen sich rund 50 Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landräte und Wissenschaftler zweimal jährlich, um über Zukunftsthemen wie Bildung, IT oder moderne Kommunikation zu diskutieren.

Vernetzte Hilfe zur Selbsthilfe

Wer Verbündete und den Austausch sucht, wird auch in den sozialen Netzwerken fündig. Dort gibt es die unterschiedlichsten Gruppen: „Interessierte Behördenmitarbeiter können sich z.B. auf Facebook in den Gruppen Soziale Netzwerke für die Öffentliche Verwaltung, ESG – Wie sicher sind die Daten der Wirtschaft und Verwaltung?, eGovernment Reloaded – Hilft das neue Gesetz? oder Soziale Medien und Öffentliche Verwaltung austauschen. Auf Twitter gibt es z.B. den wöchentlichen EdChatDE, auf dem Lehrer sehr fokussiert über Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der Bildung diskutieren“, rät Langkabel.

Unterstützung findet man aber auch in der realen Welt. „In den vergangenen Jahren haben sich ganz neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und der öffentlichen Verwaltung entwickelt“, berichtet der Fachmann. „Bundesweit existieren viele Gruppen und eingetragene Vereine, die sich mit Themen wie Open Government oder E-Partizipation beschäftigen und die ein hohes Maß an Kompetenz aufgebaut haben, wie z.B. die Initiative D21, die Open Knowledge Foundation oder das Internet&Digitale Gesellschaft <co://aboratory>. Diese Gruppen sind oft bereit, ehrenamtlich mit der Verwaltung zusammenzuarbeiten und gemeinsame Projekte aufzusetzen.“

Konferenzen ohne Krawatte
Eine ganz eigene Form des Austauschs ermöglichen die sogenannten Barcamps. Das sind offen konzipierte Veranstaltungen, bei denen es keine feste Rednerliste gibt, sondern Themenblöcke, zu denen sich die Beteiligten gleichberechtigt austauschen. Selbst das Bundesinnenministerium hat schon einmal ein Government-2.0-Barcamp angeboten.

Es gibt allerdings eine Herausforderung: „Die Menschen, die sich in solchen zivilgesellschaftlichen Gruppen engagieren, gehen tagsüber meist einer geregelten Tätigkeit nach. Der Austausch muss also häufig nach Feierabend oder am Wochenende stattfinden“, sagt Langkabel. In einigen Kommunen habe man daher bereits Vereinbarungen getroffen, die es Mitarbeitern ermöglichen, zu solchen Randzeiten zu arbeiten.

Serie: IT-Talk der Kommunen
Der IT-Talk findet jeweils im Herbst im Rahmen der Kommunale in Nürnberg statt. Ausführliche Reports gibt es von den Vorträgen und Diskussionen 2013, 2015 und 2017. Außerdem online sind der Call for Papers zum IT-Talk 2019, die Vorschau auf das Programm und der Rückblick 2019 mit Links zu sämtlichen Vortragsfolien. Es gibt außerdem zwar den Aufruf zum IT-Talk der Kommunen 2021, doch hat sich gezeigt, dass der IT-Talk in diesem Jahr pausieren muss.

Kommunen in der Cloud

Großes Einsparpotenzial sieht Thomas Langkabel speziell im Cloud Computing: „Da Sie je nach Bedarf die Ressourcen flexibel hinzubuchen können, müssen Sie sich nicht überlegen, ob Sie einen Server kaufen, der 5000 oder 50 Anfragen standhält.“ Allerdings gibt es gerade in Behörden und öffentlichen Verwaltungen mit ihren strikten Datenschutz- und Datensicherheitsvorgaben noch starke Bedenken gegen Public Clouds. Doch gibt es auch für dieses Problem bereits bewährte Lösungen, oft auf kommunaler Ebene: „In Deutschland gibt eine große Zahl an öffentlichen IT-Dienstleistern,“ erklärt Langkabel. „In jedem Bundesland finden Sie mehrere Rechenzentren in öffentlicher Hand, sodass Sie nicht nur auf eine kommerzielle Public Cloud angewiesen sind, sondern auch private oder hybride Cloud-Szenarien denkbar sind.“

Fazit: Digitalisierung beginnt in den Köpfen

Es gibt also durchaus gangbare Auswege aus der Zwickmühle von knappen Ressourcen und Digitalisierungsdruck. Langkabel betont aber, dass die wesentlichen Investitionen auf die Köpfe der Mitarbeiter in Rathäusern und Ämtern zielen müssen. Es gehe nicht darum, aus jedem Verwaltungsfachmann einen IT-Experten zu machen, sondern darum, genügend digitales Basiswissen zu verbreiten. Dann sind die Beteiligten vor Ort selbst in der Lage, eigene Ideen und Projekte zu entwickeln und diese zu möglichst geringen Kosten umzusetzen.

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