Ehegatten-Bürgschaft: Denn sie wissen, was sie tun

Aus steuerlichen Gründen fungiert oft die Ehefrau neben dem Ehemann als Gesellschafterin der GmbH. Geht es der Firma finanziell schlecht, kommt es häufig vor, dass die Gattin eine Bürgschaft über einen Firmenkredit abschließt. Hier ist allerdings Vorsicht geboten.

Denn sie wissen, was sie tun

Von der Fachredaktion anwalt.de

Aus steuerlichen Gründen fungiert oft die Ehefrau neben dem Ehemann als Gesellschafterin der GmbH. Geht es der Firma finanziell schlecht, kommt es auch häufig vor, dass die Gattin eine Bürgschaft über einen Firmenkredit abschließt.

Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit ruinöser Ehegattenbürgschaften sind generell nicht auf die Gesellschafterbürgschaft übertragbar.

Ahnungslos ist sittenwidrig

Mit den Grundsätzen zur Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften wollte die Rechtsprechung Ungerechtigkeiten auffangen, die entstehen, wenn der Bürge finanziell ausweglos überfordert wird. Es kommt ja häufig vor, dass der in der Ehe finanziell unterlegene Partner aus emotionaler Verbundenheit eine Bürgschaft für einen Kredit übernimmt. Dieselben Grundsätze gelten auch für nahe stehende Personen, etwa für Kinder, die sich für ihre Eltern verbürgen. Gemäß § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird dann die Sittenwidrigkeit der Bürgschaft vermutet.

Diesen Schutz kann ein Ehepartner, der als Gesellschafter eine Firmenkreditbürgschaft übernimmt, nicht beanspruchen. Als Grund wird angeführt, dass der Bürge als Gesellschafter in der Lage sei, sich Kenntnis über den Bestand und die Verpflichtung des Hauptschuldners, also der Gesellschaft, zu verschaffen. Er ist daher weniger schutzbedürftig als ein nicht über die Geschäftslage informierter Ehegatte.

Ausnahmefall Ehegattenstrohmann

Eine Ausnahme lässt der Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 183/00) jedoch gelten, nämlich dann,

  • wenn der bürgende Ehegatte allein in der Funktion eines Strohmanns in der Gesellschaft eingebunden ist und
  • wenn er nur aus enger emotionaler Verbundenheit zum Partner gebürgt hat und
  • wenn darüber hinaus beide Faktoren für die kreditgebende Bank offensichtlich sind.
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In einem solchen Fall scheidet eine Haftung als Gesellschafterbürge ausnahmsweise wegen Sittenwidrigkeit aus. Für die Beurteilung, ob der Bürge lediglich als Strohmann fungiert, wird in erster Linie die prozentuale Höhe seiner Geschäftsanteile herangezogen. Nur bei einer Beteiligung bis zu höchstens 10 % gehen die Gerichte von einer Strohmann-Eigenschaft aus. Bei einem Anteil von 50 % muss der Bürge als Gesellschafter persönlich in vollem Umfang haften und kann sich nicht auf die Sittenwidrigkeit der Ehegattenbürgschaft berufen. Das gilt auch dann, wenn er nicht mit der Geschäftsführung betraut ist und für ihn die Bürgschaft tatsächlich eine krasse finanzielle Überforderung darstellt (Oberlandesgericht Celle, Az.: 3 W 29/07).

Anteile bei Unterschrift zählen

Manch findiger Geschäftsmann kommt nun vielleicht auf die Idee, die Gesellschafteranteile, die seine Gattin übernommen hat, an sich zurück übertragen zu lassen, damit die Frau von der strengen Bürgenhaftung als Gesellschafterin verschont bleibt. Hier ist jedoch zu beachten, dass es für die Beurteilung allein auf den Zeitpunkt der Übernahme der Bürgschaft ankommt. Werden die Gewinnanteile aus der Beteiligung erst nach Abschluss der Bürgschaft wieder auf den anderen Partner übertragen, ändert sich dadurch nichts. Die Sittenwidrigkeitsregeln bleiben unanwendbar.

Das Gleiche gilt, wenn zwischen der darlehensnehmenden Gesellschaft und dem persönlich bürgenden Partner eine weitere Gesellschaft zwischengeschaltet ist. Auch in einem so genannten Firmenverbund überwiegt nach Ansicht des Oberlandesgerichts Koblenz das Sicherungsinteresse der Bank an der persönlichen Haftung des Gesellschafterbürgen. Also: Auch hier gelten die Grundsätze zur Sittenwidrigkeit von Ehegattenbürgschaften nicht (Az.: 1 U 295/06).

Fazit: Nur die Bank macht ungültig

Weil also die Gesellschafterbürgschaft nicht als Ehegattenbürgschaft gilt und daher auch nicht wegen Sittenwidrigkeit ungültig ist, kann sie allein aus solchen Gründen unwirksam sein, die auf Seiten des Kreditgebers vorliegen. Sittenwidrigkeit ist anzunehmen, wenn die Bank

  • bewusst die geschäftliche Unerfahrenheit des Ehegatten ausnutzt,
  • der Ehegatte irregeführt wird oder
  • die Bürgschaft unter seelischen Zwang abgeschlossen hat.

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