Elektronische Dokumente archivieren, Teil 2

Sofort signieren und auf WORM

Von Sabine Philipp

Da es nur sehr wenige Unternehmen oder Institutionen gibt, die sich den Luxus erlauben können, für die revisionssichere Archivierung alle notwendigen Hard- und Softwarekomponenten bis zum Ende des Archivierungszeitraumes im Original vorzuhalten, ergibt sich ein Problem: Wenn die Lebensdauer der Datenträger bzw. der dazu passenden Laufwerke oder Software-Anwendungen erreicht ist, müssen die Daten migriert werden. Aber sind das dann noch die Originale?

„Auch hier sollte unbedingt das Datenformat beibehalten werden“, rät Fachmann Bernd Weichelt. Denn beim Überspielen auf einen neuen Datenträger gleichen Typs, werden die Daten nicht verändert. Ein Wechsel des Formats birgt hingegen die Gefahr, dass Informationsinhalte verloren gehen. „Hier gehen die Diskussionen weit auseinander, ob die migrierten Daten noch als Originale anzusehen sind oder nicht“, sagt Weichelt.

In der Praxis heißt das: Die Authentizität der migrierten Daten wird geringer bewertet. Dieses Problem lässt sich momentan schlicht nicht lösen, denn selbst eine hundertprozentige Kopie des Originals ist und bleibt eine Kopie und eben nicht das Original.

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Bernd Weichelt weiß als Con­sultant bei der TIM AG aus Er­fahrung, wie schwie­rig die steuer­recht­lichen An­for­derungen und Pflich­ten in Sachen Auf­be­wahrung sind. Mit Speicher­medien kennt er sich bes­tens aus, denn die Wies­bade­ner Fir­ma hat sich auf pass­genaue Storage-Lösungen spezialisiert.


TIM AG, Schoßbergstraße 21, 65201 Wiesbaden, Tel.:  0611-2709-0, tim@tim.de, www.tim-vad.com

Außerdem sollten im Rahmen einer Migration die so genannten Metadaten nicht vergessen werden. Das sind diejenigen Daten, die darüber Auskunft geben, was in einem Dokument enthalten ist, wie man darauf zugreift und wie die Beziehung zwischen den Dokumenten ist.

„Metadaten und Dokument gehören zwar logisch zusammen, müssen aber nicht zwingend zusammen abgelegt werden“, erläutert Bernd Weichelt. Allerdings müssen die Archivierungssysteme das Format der Metadaten auch lesen können. Daher bieten sich für diesen Zweck einfache Textdateien im ASCII- oder XML-Format an.

Tipp: Auf Schwachstellen abklopfen
Eine Wirtschaftsprüfung ist kein Zuckerschlecken. Auf den Tag X sollte man sich gut vorbereiten. Wie Sie selbst im Fall des Falles dastehen, können Sie können Sie auf www.entscheiderkompass.de testen. Bei der „Digitalen Betriebsprüfung“ warten 13 Fragen auf Sie (welche Daten fallen wo an und wie werden sie gesichert?). Nach deren Beantwortung erfahren Sie, was auf Sie zukommt und ob Handlungsbedarf besteht.

Systematische Konzepte

Auf den ersten Blick erscheinen die Anforderungen für den kleinen Unternehmer kompliziert bis unmöglich. Die Lage ist aber nur ernst, nicht hoffnungslos. Auf dem Markt gibt es mehrere Möglichkeiten, mit dem Problem fertig zu werden. Momentan machen die Stichworte Electronic Records Management (ERM), Information Lifecycle Management (ILM) und Enterprise Content Management (ECM) und die Runde.

Dann gibt es noch die Dokumentenmanagementsysteme (DMS), bei denen es darum geht, Dokumente gezielt abzulegen. Sie haben oft Schnittstellen zu ECM-Systemen. Natürlich kostet so etwas – 50.000 Euro sind keine Seltenheit. Für kleinere Unternehmen ist das also nichts. Es geht aber auch eine Nummer kleiner.

Praktische Lösungen

„Wenn ich mit einfachen Mitteln sichern kann, dass ich die Daten, nachdem sie ins Archiv gekommen sind, nicht mehr verändert habe, habe ich den Vorschriften genüge getan“, betont Weichelt. „Wie ich das genau machen muss, schreibt mir das Gesetz nicht vor. Grob gesagt: Der Staat sagt mir nicht, welche Buchhaltungssoftware ich nehmen muss. Ich weiß nur, dass er Excel nicht akzeptiert, weil ich die Datensätze im Nachhinein ja verändern könnte.“

Der Unternehmer muss also lediglich beweisen, dass die Dokumente zwischen Erstellung und Speicherung nicht verändert wurden. „Das Problem lässt sich nur in dem Moment lösen, in dem ich eine Software habe, die die Daten am Entstehungsort abgreift“, erklärt Weichelt. „Ein Beispiel: Ich schreibe eine Rechnung, die gleichzeitig zu ihrer Erstellung archiviert wird. Hier muss ich sicherstellen, dass sie und die archivierte Fassung einen Zeitstempel bekommen. An dem kann dann der Steuerprüfer kontrollieren, dass alles seine Ordnung hat. Wenn ich das Ganze noch auf ein WORM-Medium abspeichere, ist es genauso gültig wie ein Original.“

Die gute Nachricht: Das lässt sich auch kostengünstig bewerkstelligen. Denn eigentlich sollte jedes gute Buchhaltungsprogramm dazu in der Lage sein, die Archivierung automatisch zu übernehmen, am besten mit einer Funktion, die die Belege einscannt, erfasst und hinzufügt. Lösungen auf Basis einer SQL-Datenbank wie z.B. der Buchhalter Comfort von SAGE für den kleinen Geschäftsmann sind schon für 349 Euro zu haben.

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Schwarz auf Weiß
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Schließlich ist nicht nur die professionelle Buchhaltung von dem Problem betroffen, sondern z.B. auch der kleine eBay-Händler, der seine Rechnungen digital schreibt. Aber auch hierfür gibt es Archivlösungen für ca. 2000 Euro, die mit der Websoftware installiert werden.

Fazit: Überschauen und delegieren

Damit eines klar ist: Bei Papierrechnungen besteht keine Pflicht, die Dokumente zu digitalisieren; sie dürfen weiterhin im Schuhkarton lagern. Aber alles, was digital hereinkommt oder hinausgeht, muss auch so archiviert werden.

Um eine stimmige Lösung zu finden, ist es also sinnvoll, systematisch zu fragen: Wo fallen welche steuerlich relevanten Daten an? Welche Dokumente treffen ein? Was erstelle ich selbst? Wie werden die Dokumente gespeichert und verarbeitet? Und wie kann ich am besten sichern, dass das Finanzamt zufrieden ist?

Das alles bedeutet aber Arbeit und Aufwand. Den wenigsten Ärger haben Unternehmer, wenn sie alles außer Haus geben. Denn dann muss sich der Steuerberater um die revisionssichere Archivierung kümmern. Lösungen gibt es. Und die kosten nicht einmal die Welt.

Softwarehäuser und IT-Dienstleister bieten für Steuerberater entsprechende Archivierungslösungen für Rechnungswesen und Lohnbuchhaltung an, mit denen er diese Leistung erbringen kann. Den Preis macht am Ende der jeweilige Steuerberater. Als das MittelstandsWiki bei DATEV anfragte, wollte man sich dort zu den Kosten zwar nicht äußern; im Schnitt dürfte die Monatspauschale aber im zweistelligen Euro-Bereich liegen. Wenn dann der Wirtschaftsprüfer klingelt, fordert man die entsprechende CD an und lehnt sich bequem zurück.

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