Gap-Analyse: Wann eine GAP-Analyse das richtige Instrument ist

Die Lückenanalyse ist eines der bewährten Controlling-Werkzeuge, vor allem dort, wo sie im Unternehmen regelmäßig angewendet wird. Allerdings gibt es einige tote Winkel, die dem Verfahren verborgen bleiben. Patrick Hollenbeck erklärt, was eine saubere GAP-Analyse leisten kann (und was nicht).

So läuft das Geschäft, so könnte es laufen

Von Patrick Hollenbeck

In der Betriebswirtschaftslehre ist es wichtig, die in der Vergangenheit aufgestellten Zielwerte (wie Umsatz, Gewinn oder Return on Investment) mit der voraussichtlichen weiteren Entwicklung dieser Zahlen zu vergleichen. Als Instrument hierfür kann die GAP-Analyse dienen, die strategische und operative Lücken untersuchen soll. Oft wird in der Fachliteratur daher auch der Begriff „Lückenanalyse“ verwendet.

Wie funktioniert eine solche Analyse?

Für die GAP-Analyse sind die strategische und die operative Lücke von elementarer Bedeutung.Weicht das potenzielle Basisgeschäft vom Sollwert ab, so wird die Differenz als strategische Lücke bezeichnet. Diese kann, wie der Name bereits verrät, nur durch strategisches Handeln wieder geschlossen werden. So muss sich die Unternehmensführung etwa dazu entscheiden, neue Produkt- oder Marktkombinationen zu entwickeln. Dabei müssen immer alle in der Zukunft verfügbaren Kapazitäten und Potenziale des Unternehmens berücksichtigt werden.

Das Schließen der operativen Lücke erfordert hingegen die Ausnutzung aller verfügbaren Ressourcen, also eine Steigerung der Effizienz im Unternehmen. Die operative Lücke selber besteht aus zwei Teilbereichen: der Leistungs- und der Wettbewerbslücke. Erstere entsteht immer dann, wenn nicht das komplette Rationalisierungspotenzial realisiert wird. Die Wettbewerbslücke lässt sich schließen, wenn man alle weiteren Potenziale des Unternehmens ausschöpft, die über das Rationalisierungspotenzial hinausgehen.

Geordnetes Vorgehen am Beispiel

Der folgende Ablaufplan soll verdeutlichen, welche Schritte eine erfolgreiche Analyse der strategischen und operativen Lücken erfordert und wie das Management sie schließen kann.

  1. Als Grundlage dient ein Koordinatensystem (X-Achse: Zeit, Y-Achse: strategische Größe).
  2. Das strategische Ziel wird samt des Weges bis dorthin eingetragen.
  3. Die derzeitige Entwicklung wird ebenfalls über den kompletten Zeitraum in das Diagramm eingetragen (mit Hochrechnung).
  4. Es erfolgt eine Darstellung der Entwicklung, nachdem operative Maßnahmen eingesetzt wurden.
  5. Sowohl die strategische als auch die operative Lücke können nun erfasst werden.
  6. Das Management kann auf Grundlage der gewonnenen Informationen strategische Maßnahmen einleiten, um die strategische Lücke zu schließen.
  7. Eine kontinuierliche Überprüfung der Lücken muss stattfinden und ist unerlässlich für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens.

Einsatzbereiche im Controlling

Die GAP-Analyse vergleicht aufgestellte Zielwerte mit aktuellen Entwicklungen. Folglich ist sie vor allem für die Marketing-Abteilung eines Unternehmens wichtig. Denn besonders die Umsatzzahlen neuer Produkte können stark vom Sollwert abweichen. Die zuständigen Mitarbeiter haben mittels GAP die Möglichkeit, unerwünschte Entwicklungen schnell zu erkennen und rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Aber auch Personalabteilungen greifen auf die GAP-Analyse zurück. Denn der Faktor Mensch kann die Produktivität einer Unternehmenssparte enorm beeinflussen und muss kontinuierlich überprüft werden.

Zu guter Letzt wird die Unternehmensführung wichtige Kennzahlen mittels GAP-Analyse kontrollieren. Besonders wichtige Faktoren wie Umsatz und Gewinn müssen kontinuierlich prognostiziert und anschließend mit den Sollwerten verglichen werden.

Vor- und Nachteile der GAP-Analyse

Mittels GAP-Analyse kann das Controlling grobe operative und strategische Lücken relativ zuverlässig aufdecken. Das Management erhält so erste Anhaltspunkte, wo Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Sind die Teilbereiche, in denen es Probleme gibt, erst einmal ausgemacht, müssen weitere Analysemaßnahmen greifen. Diese sind dann wesentlich detaillierter als die GAP-Analyse und charakterisieren alle Probleme des jeweiligen Unternehmensfeldes. Zudem eignet sich die GAP-Analyse auch als Frühwarnsystem, bezieht sie doch zukünftige Entwicklungen mit ein.

Doch genau hieraus ergibt sich auch das große Defizit der GAP-Analyse. Selbst wenn sie sehr komplexe statistische Methoden anwendet, so gelangt sie doch niemals zu exakten Werten. Die Ergebnisse sind im Endeffekt lediglich Prognosen, die nur so gut sind, wie die zugrunde liegenden Daten und Berechnungsmethoden.

Ein gutes Beispiel ist die Umsatzentwicklung. Diese wichtige Kennzahl hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, die sich teilweise nur sehr schwer in Zahlen ausdrücken lassen. Eine isolierte Betrachtung ist daher nur bedingt sinnvoll und führt in der Regel zu mehr oder minder starken Abweichungen der Hochrechnung. Zudem beziehen statistische Methoden, die auf vergangenen Werten beruhen, nicht beeinflussbare Marktveränderungen positiver oder negativer Art nicht mit ein.

Fazit: Frühwarnsystem mit blinden Flecken

Wer eine GAP-Analyse durchführen möchte, ist dazu gezwungen, seine Zielvorstellungen klar zu definieren und anschließend in Zahlen auszudrücken. Das ist zunächst positiv zu beurteilen. Allerdings verleitet die GAP-Analyse auch dazu, diese Überlegungen nur für bestehende Geschäftsbereiche anzuwenden. Die Gesamtbetrachtung des Unternehmens bleibt dabei oft auf der Strecke.

Zudem werden qualitative Größe wie etwa Stakeholder Values nicht miteinbezogen und nicht quantifizierbare Größen ausgeklammert. Auch Messprobleme, die in der Praxis durchaus von Relevanz sind, lässt das theoretische Modell außen vor. Wie bereits erwähnt, findet eine Berücksichtigung von externen Entwicklungen kaum statt. Dabei unterliegen diese oft sehr dynamischen Veränderungen und beeinflussen wichtige Kennzahlen wie den Gewinn.

Zudem wurde bereits angemerkt, dass eine Analyse, die rein auf Vergangenheitswerten beruht, eher kritisch zu sehen ist. Die GAP-Analyse hat sich dennoch als eine Art Frühwarnsystem bewährt, wenn sie vom Management konsequent durchgeführt wird.

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