Cloud der Dinge: Wer Nähmaschinen aus der Ferne programmiert

Eine Strategie für die Digitalisierung findet sich in deutschen Unternehmen eher selten. Vor allem der Mittelstand zögert noch. Doch der Bielefelder Nähmaschinenspezialist Dürkopp ist schon einen Schritt weiter: Über die Telekom-Cloud der Dinge können Techniker die Geräte jetzt aus der Ferne warten.

Der Einstieg in die vernetzte Industrie

Von Diane Schulte, Palmer Hargreaves

Digitalstrategien füllen in vielen mittelständischen Unternehmern eher die Schreibtischschubladen. Das ist das irritierende Ergebnis der Studie „Digital Business Readiness“ von Crisp Research. Der Untersuchung zufolge haben 58 % der Unternehmen in Deutschland noch keine Strategie für die Digitalisierung auf den Weg gebracht – bestenfalls existieren die Pläne auf dem Papier. Vor allem der Mittelstand hält sich bislang zurück.

Beim Bielefelder Nähmaschinenspezialisten Dürkopp Adler setzt Michael Kilian die Pläne nun in die Tat um. „Wir vernetzen unsere Maschinen, um Störfälle schneller zu beheben. Gleichzeitig wollen wir so unsere Techniker entlasten“, erklärt Kilian, der den Engineering- und Service-Bereich des Unternehmens als Leiter verantwortet. Weil die Nähmaschinen von Dürkopp Adler heute weltweit zum Einsatz kommen, reisten die Techniker bei Störungen in der Regel zum Kunden. „Falsche Einstellungen oder Programmierfehler ließen sich allerdings meist schneller beheben, als die Reise gedauert hat“, berichtet Kilian. Künftig kommt die Hilfe der Bielefelder noch schneller beim Kunden in Bangladesch an. Denn genau diese Probleme beheben die Techniker dank der Vernetzung der Maschinen von der Zentrale in Bielefeld aus. Was vor Kurzem noch in der Prototypenphase war, wird nun in einer Vorserie erprobt.

Geräte nachrüsten und anbinden

Möglich macht das eine Kooperation mit der Deutschen Telekom. Die liefert mit der „Cloud der Dinge“ eine Cloud-basierte Plattform zur Verwaltung und Steuerung von vernetzten Geräten sowie zur Datenauswertung. Ergänzend dazu nutzt Dürkopp Adler mit dem Mobilfunkmodem NTC-6200 von Netcomm Wireless auch eine für die Plattform zertifizierte Konnektivitätskomponente und SIM-Karten mit Datentarif der Telekom.

Mit diesen Komponenten lassen sich auch andere Maschinen und Anlagen einfach nachrüsten. Ein Techniker verbindet die Geräte dafür mit einer Konnektivitätskomponente und registriert diese anschließend im Webportal der Cloud der Dinge. Die angebundenen Maschinen senden ihre Betriebsparameter dann via Mobilfunk an die Cloud der Dinge und empfangen auf diesem Weg auch Kontrollbefehle. Eine verschlüsselte Datenverbindung schützt die Kommunikation zwischen der Maschine und der Cloud.

Die Plattform bereitet die Maschinendaten in einem Webportal auf, sodass Anwender die angebundenen Maschinen minutiös überwachen und steuern können. Als Hersteller hat Dürkopp Adler freilich nicht pauschalen Zugriff auf die verkauften Nähmaschinen – welche Rechte die Techniker des Unternehmens bekommen, bestimmt der Kunde. „Ohne Erlaubnis der Kunden haben wir keinen Zugriff auf die Maschinen“, erklärt Kilian.

Fazit: Gut aufgestellt im Wettbewerb

Dürkopp Adler bietet seinen Kunden damit in Zukunft nicht nur mehr Service, das Unternehmen hat sich durch die Vernetzung seiner Maschinen auch eine gute wirtschaftliche Ausgangslage geschaffen. Laut einer Studie des IT-Verbands BITKOM wird durch Industrie-4.0-Technologien allein für die sechs Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Elektrotechnik, Automobilbau, chemische Industrie, Landwirtschaft und Informations- und Kommunikationstechnologie bis 2025 ein zusätzliches Wertschöpfungspotenzial von 78 Mrd. Euro erwartet. Dieses Potenzial könnten künftig auch andere Mittelständler ausschöpfen. Die ersten Schritte sind selbst für kleine Unternehmen erschwinglich, denn die Kosten orientieren sich häufig an der Anzahl der vernetzen Geräte. Mittelständler können den Einstieg in die vernetzte Industrie auf diese Weise ohne hohen Investitionsaufwand und ohne zusätzliche Risiken testen.

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