E-Health

Eingehende Untersuchung, auch online

Von Stefan Heng und Elisabeth Wieland, Deutsche Bank Research

Nicht erst die TeleHealth-Messe der CeBIT zeigt, dass der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen (E-Health) weit über die viel diskutierte elektronische Gesundheitskarte und die übliche biomedizinische Technologie im engeren Sinne (EKG-, Ultraschall-, MRT-Geräte etc.) hinausgeht. Patienten, Ärzte und Krankenkassen können von den neuen technischen Möglichkeiten bei der Versorgung von Kranken und Pflegebedürftigen profitieren. Die Möglichkeiten, die dadurch eröffnet werden, stellen besonders in einer alternden Gesellschaft eine große Chance dar.

Dabei sind die durch die Demografie verursachten Herausforderungen massiv. Beispielsweise muss das deutsche Sozialsystem darauf vorbereitet werden, dass der Anteil der Über-65-Jährigen in den nächsten 20 Jahren um die Hälfte steigt, während sich der Anteil der Über-80-Jährigen sogar verdoppeln wird. Der demografische Wandel belastet hierzulande umso mehr, da die Deutschen im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn überdurchschnittlich oft unter chronischen Krankheiten leiden – und diese Krankheiten sind besonders teuer zu therapieren.

Beispiele aus der Praxis

Grundsätzlich helfen die verschiedenartigen E-Health-Anwendungen, dass kranke oder dauerhaft pflegebedürftige Menschen einen größeren Teil ihres Alltags zu Hause selbstständig meistern können. Dies erhöht die Lebensqualität der Patienten und entlastet zugleich die Krankenkassen. Wie die nachfolgenden vier Beispiele zeigen, ist E-Health keine Vision einer fernen Zukunft, sondern heute bereits vielfach erfolgreich erprobt:

  • Bei Tele-Monitoring misst der Patient zu Hause selbst Blutdruck, Herzfrequenz und Blutzucker. Das Messgerät übermittelt diese Daten in digitaler Form automatisch an den behandelnden Arzt.
  • Bei Patienten mit regelmäßigem Kontrollbedarf ergänzt die Online-Sprechstunde die althergebrachte Form des Arztbesuches, ohne diese völlig zu ersetzen. Dem behandelnden Arzt hilft eine Kamera dabei, den aktuellen Gesundheitszustand des Patienten auch visuell aus der Ferne zu prüfen. Falls notwendig, kann bei der Online-Sprechstunde ein zusätzlicher beratender Experte schnell hinzu gezogen werden. Ohne dazu vor Ort sein zu müssen, kann auch dieser Experte die relevante Information aus der Patientenakte des behandelnden Arztes online einsehen. Insbesondere bei der Parkinson-Therapie wird diese E-Health- Anwendung heute bereits vielfach eingesetzt. So entfallen mit der Online-Sprechstunde einige beschwerliche Krankentransporte mit langen Wartezeiten in der Arztpraxis.
  • Intelligente Assistenzsysteme, wie über Funk vernetzte Mess- und Regeltechnik, ergänzen die persönliche pflegerische Betreuung. Dank dieser Systeme können dauerhaft pflegebedürftige Menschen ein selbstständigeres Leben im gewohnten sozialen häuslichen Umfeld führen. Beispiele für solche Assistenz-systeme sind vernetzte Rauch-, Gas- bzw. Sturzmelder, intelligente „Tablettenspender“, die über die rechtzeitige Einnahme von regelmäßig zu verabreichenden Medikamenten wachen, und Sensoren zur Erfassung der Bewegung des Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld. Fallen diesen Bewegungssensoren eklatante Abweichungen vom typischen Verhaltensmuster auf, alarmiert das System automatisch die angeschlossene Notrufzentrale.
  • Health-Games helfen alternden Menschen, geistig und körperlich länger fit zu bleiben. Beispielsweise werden Gehirnjogging-Games bei der Therapie von Alzheimer-Kranken oder Exer-Games (von exercise, Ausgleichssport) mit neuartiger bewegungssensibler Steuerung bei der Krankengymnastik (beispielsweise für Muskelaufbau Yoga- oder Gleichgewichtsübungen) eingesetzt.

Standards in der Pflege

Diese vier Beispiele verweisen darauf, wie E-Health zugleich die medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten verbessern, den Ärzten helfen und die Krankenkassen entlasten kann. Auch wenn sich E-Health nicht auf die Behandlung chronisch Kranker und dauerhaft Pflegebedürftiger beschränkt, sind die Anwendungen in diesem Feld besonders viel versprechend.

So tragen die Anwendungen bei chronisch Kranken dazu bei, dass kostenintensive Krankenhausaufenthalte verkürzt und die Intervalle der notwendigen wiederkehrenden Untersuchungen verlängert werden. Hier erwartet die Europäische Kommission für Deutschland, dass mit E-Health die jährlichen Kosten allein für Krankenhausaufenthalte um rund 1,5 Mrd. Euro niedriger liegen könnten. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) schätzt, dass mit E-Health hierzulande die Behandlungskosten chronischer Herzinsuffizienz um ein Drittel sinken könnten.

Fazit: Die Politik voraus

Bei aller Faszination der Technologie selbst kann dennoch nicht übersehen werden, dass die Wirtschaftlichkeit der Anwendungen immer unmittelbar von gesundheitspolitischen Entscheidungen, insbesondere von der standardmäßigen Kostenerstattung durch Kranken- und Pflegekassen abhängt. Die Politik muss sich daher bei der Förderung der Anwendungen ihrer Verantwortung für die Zukunft bewusst sein. Denn schließlich kann E-Health in einer alternden Gesellschaft mit immer mehr chronisch Kranken entscheidend dazu beitragen, dass die notwendige medizinische und pflegerische Versorgung auch bezahlbar bleibt.

Nützliche Links

Diesen Beitrag gibt es bei DB Research als PDF zum Download (auch in englischer Sprache).