Online-Video: Welche Firmenvideos im Web am besten wirken

Unternehmen, die mit Image- und Produktfilmen, Erklärvideos und anderen Corporate Videos an ihrer Marke arbeiten, müssen wissen, was sie tun. Jonas Kopka legt dar, welche Nutzungsaspekte entscheidend für den Erfolg sind. Branded Entertainment funktioniert gut, ist aber schwerer als einfache Werbeclips.

Das größte Potenzial steckt in Branded Entertainment

Von Jonas Kopka, Social Media Daily GmbH

Facebooks CEO Marc Zuckerberg erklärte im November 2014 überraschend, Video werde in fünf Jahren den Großteil des Contents auf Facebook ausmachen. Überraschend ist diese Aussage auch deshalb, weil Videoposts auf Facebook in den letzten Jahren eben nicht zu den Lieblingsposts der Nutzer zählten. Aktuelle Studien indes scheinen zu belegen, dass Videos auf Facebook, aber auch im Internet allgemein zurzeit hohe Nutzungszahlen vorweisen. Zu fragen ist, welche Nutzungsaspekte von Online-Video allgemein eine besondere Rolle spielen und worauf Unternehmen beim Einsatz speziell von Corporate Videos achten sollten.

Ein gutes Drittel sieht täglich Online-Videos

Der Vermarkter Tomorrow Focus hat 2015 eine Studie mit dem Titel „Video-Effects“ präsentiert, die das Nutzungsverhalten und die Sehgewohnheiten von 3340 Nutzern untersuchte. Die Ergebnisse müssen insofern relativiert werden, als die Befragten der Studie allesamt aus dem Vermarkterkreis stammen: Der Studie zufolge nutzen 65 % der deutschen Internet-Nutzer grundsätzlich Online-Video, 32 % von ihnen täglich. Dieses Drittel ist es also, das im Fokus von Videomarketing steht.

82 % der Befragten sehen sich die Videos laut dieser Untersuchung bis zum Schluss an. Das Consumer Barometer, das TNS Infratest 2014 im Auftrag von Google erstellt hatte, kam hier auf einen Wert von 73 %.

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Jonas Kopka ist CEO der Social Media Daily GmbH, die über ihre Plattform www.socialmediadaily.de Unternehmen beim Aufbau ihrer Community in den sozialen Medien Facebook, Twitter und Google Plus unterstützt.


Social Media Daily GmbH, Brunnenstr. 181, 10119 Berlin, Tel.: 030-394064112 (werktags 10–17 Uhr), kontakt@socialmediadaily.de, www.socialmediadaily.de

Jüngere Zuseher halten länger durch

Laut Tomorrow Focus nutzen vor allem Menschen bis 29 Jahre Online-Videos intensiv; 52 % von ihnen tun dies meistens zwei Stunden lang. Dagegen schauen nur 24 % der Älteren Videos über eine so lange Zeit. – Hier wird offenbar, dass es nicht nur um kurze Clips geht, sondern dass der Konsum des klassischen Mediums Film/Sendung in der Studie eine besondere Rolle einnimmt, ohne allerdings von anderen Produktionsformen gesondert behandelt zu werden.

Jüngere teilen auch öfter Online-Videoposts; jeder Zweite von ihnen hat mindestens einmal auf einer Social-Media-Plattform einen solchen Post geshared.

Nach fünf Minuten ist die Geduld am Ende

Das Consumer Barometer hat weltweit 150.000 Internet-Nutzer befragt. Hinsichtlich der Nutzungsdauer stellt diese Untersuchung fest, dass die Mehrheit der deutschen Nutzer (53 %) dazu neigt („tend zu watch“), Videos mit einer Länge von maximal 5 Minuten zu schauen, 29 % Videos von 5 bis 10 Minuten und 26 % Videos, die mehr als 10 Minuten dauern. Die Tomorrow-Focus-Studie arbeitet mit einer Nutzungsdauer von 10 Minuten und kommt hier auf 39 % der Nutzer. Das heißt: Online-Marketing wird sich auf Videos konzentrieren, die maximal 5 Minuten dauern.

Die deutschen Nutzer wurden im internationalen Vergleich als „Konzentrationspitzenreiter“ ermittelt: 73 % der Websurfer, die hierzulande Online-Videos schauen, tun dies offenbar mit besonderer Konzentration auf die Inhalte. „When watching online videos, people are highly focused on the content“, lautet die Formulierung der Studie. Besonders bei den deutschen Konsumenten besteht also eine gute Chance, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

Musik ist am beliebtesten, Mode fällt durch

Laut „Video Effects“ wird per Online-Video am häufigsten Musik konsumiert, danach Nachrichten/Politik, Dokus/Reportagen und (gleichwertig) Kurzclips, erst danach Filme. Auf wesentlich geringere Werte kommen Anleitungen und Produkttest; sehr niedrige Werte erzielt überraschend Fashion. Grundsätzlich ist seit Jahren auch in Studien davon die Rede, dass Unterhaltung und Spaß, aber auch Information für die Videokonsumenten wichtig sei. Besonders hilfreich waren und sind solche Hinweise aber nicht. Die Erfahrung sagt, dass es die Qualität des einzelnen Videos ist, das die entscheidende Rolle spielt.

Wie Unternehmensvideos ankommen, bleibt unklar

Um eine Nutzung von Corporate Videos durch die Internet-User beantworten zu können, ist ein Blick auf deren Verbreitungszahlen notwendig. Die Unternehmen haben sich des Themas Corporate Video laut CP-Barometer Herbst 2012 bereits zu einem großen Teil angenommen: 81 % der Unternehmen nutzen Corporate Video, davon sind 83 % Imagefilme, 74 % Produktfilme, 59 % Lehr- und Schulungsfilme und 28 % Branded Entertainment.

Wer diese Filme in den Nutzerzahlen der Tomorrow-Focus-Studie wiederfinden möchte, findet sie möglicherweise in den „Anleitungen“, die vielleicht den Lehr- und Schulungsfilmen entsprechen. Unter Umständen finden sich Unternehmensvideos auch als Teilmenge der „Kurzclips“. Produkt- und Imagefilme sucht man vergebens. Die positive Wirkung dieser Genres ist unbestritten, quantitativ sichtbar ist sie nicht.

Perspektiven für Corporate Video: Branded Entertainment

Die Perspektiven für Unternehmensvideos im Internet, soweit eine Verbesserung der Kontaktzahlen erreicht werden soll, ergeben sich zwangsläufig aus den Präferenzen der Nutzer. Anleitungsvideos, die eine gewisse Rolle spielen, sind bereits Bestandteil des Marketings und können höchstens über thematische Erweiterungen ausgebaut werden.

Eine positive Perspektive für klassische Werbeclips findet sich in den Nutzungszahlen nicht, wohl aber im Begriff „Branded Entertainment“. Branded Entertainment, das zurzeit ein Buzzword ist, bezeichnet eigentlich eine bekannte Sache: Product Placement in einer unterhaltsamen kleinen Story. In Deutschland altbekannt ist Ariels Figur der Klementine („Vielleicht liegt’s an Ihrem Waschmittel“), ein aktuelleres Beispiel wäre Volvos „Epic Split“ (Bacon Production; auf YouTube und auf Vimeo). Umsetzen lässt sich Branded Entertainment im Online-Video allerdings schwieriger als ein Erklärvideo. „Der hohe Anteil des Kreativen“ verlangt nach den richtigen Produzenten.

Firmenproduktionen auf YouTube verschenken Traffic

Die User nutzen vor allem die folgenden Plattformen:

  • YouTube: 97,6 %
  • Facebook: 45,9 %
  • MyVideo: 21,7 %
  • Clipfish: 18 %
  • Vimeo: 12,1 %

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, postet sein Video auf allen Portalen. Manche Online Marketer raten aber im Gegensatz dazu, Corporate Videos vornehmlich auf der Corporate Website bzw. auf dem Corporate Blog zu posten. Das Argument: Die in den Social Media platzierte PR zum Video führt die Besucher auf die Corporate Site, die damit Traffic, also SEO-Werte gewinnt und überhaupt potenzielle Kunden. Nutzer von Corporate Videos direkt in sozialen Netzwerken sind zwar für die dort sichtbaren Informationen gewonnen, aber nicht für die Customer Journey der Corporate Site.

Fazit: Viral wird Video in den ersten beiden Tagen

Die für ein Unternehmen einfachste und preiswerteste Weise der Distribution von Corporate Videos geschieht durch soziale Netzwerke, z.B. durch das Teilen auf Facebook. Die Mehrheit (59 %) der im Social Web geteilten Videos werden laut Tomorrow Focus auf Facebook geteilt. Die Studie stellt auch fest, dass 50 % der Nutzer bis 29 Jahre, 44 % der Nutzer von 30 bis 49 Jahren und 33 % der Nutzer ab 50 Jahren bereits mindestens ein Online-Video geteilt haben. Schlagende Werte sind dies nicht.

Die Teilung selber geschieht statistisch in den ersten beiden Tagen nach Veröffentlichung. In Deutschland wird vornehmlich mit den engsten Freunden und Bekannten geteilt. Diese Beschränkungen bestätigen die Aussage, die das amerikanische Social-Video-Unternehmen Unruly in „The Science of Sharing 2014“ als Fazit zog: Der richtige Inhalt des Videos und die professionelle Vorbereitung für die kostenlose Distribution, also das organische Teilen, reicht nicht. Eine erfolgreiche Verbreitung ist auf die Ergänzung durch bezahlte Distribution (auf Facebook als Sponsored Post) angewiesen.

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