Geschäftsführerhaftung trotz Ressortverteilung: Wann Geschäftsführer für ihre Kollegen zahlen

In der Praxis teilen sich oft mehrere GmbH-Geschäftsführer die Gesamtverantwortung und übernehmen einzelne Aufgabenbereiche: Personal, Finanzen, Vertrieb, Marketing etc. Interne Zuständigkeitsregelungen sind sinnvoll, befreien einen einzelnen Geschäftsführer aber nicht unbedingt von der Gesamthaftung.

Im Zweifelsfall in der Gesamtverantwortung

Von Sabine Wagner

Sich als Geschäftsführer einer GmbH beim Thema Finanzen gedanklich zurückzulehnen, weil ein anderer Geschäftsführer für den Bereich Finanzen zuständig ist, kann zu einem bösen Erwachen führen. Denn interne Zuständigkeitsregelungen verhindern selten eine Haftung – so auch in dem Fall, den das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Az. 3 K 1632/12) entschied.

Eine GmbH hatte für Monate keine Lohnsteuer für die beschäftigten Arbeitnehmer an das zuständige Finanzamt abgeführt. Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der GmbH waren erfolglos, sodass das Finanzamt die beiden Geschäftsführer jeweils mit einem sogenannten Haftungsbescheid in Anspruch nahm. Der Geschäftsführerkollege, der für Finanzen nicht zuständig war, wurde dabei in einem geringeren Umfang in Anspruch genommen.

Zuständigkeitsvereinbarung ohne Folgen

Dieser Geschäftsführer legte gegen den Haftungsbescheid Widerspruch ein. Er begründete den Widerspruch damit, dass nicht er, sondern sein Geschäftsführerkollege für das Aufgabengebiet Finanzen zuständig sei. Und dass die Abführung der Lohnsteuer damit in dessen Zuständigkeit fiel. Er berief sich dabei auf eine interne Zuständigkeitsvereinbarung. Ferner sei er seiner Überwachungspflicht nachgekommen, in dem er sich regelmäßig darüber informiert habe, ob die steuerlichen Pflichten seitens der GmbH erfüllt werden.

Sein Einspruchsverfahren endete erfolglos. Die Klage vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Geschäftsführers vorliegen und der Haftungsbescheid damit rechtmäßig ist.

Überwachungspflicht im Krisenfall

Die Argumentation des Finanzgerichts: Der Geschäftsführer hafte als gesetzlicher Vertreter der GmbH für die Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt. Eine Berufung auf die interne Zuständigkeitsverteilung zwischen den beiden Geschäftsführern ist ausgeschlossen.

Das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden Geschäftsführers greift im vorliegenden Fall unabhängig von einer Zuständigkeitsverteilung, weil der Geschäftsführer eine gesteigerte Überwachungspflicht hatte. Denn er wusste, dass die GmbH sich finanziell in Schwierigkeiten befand. In einem solchen Fall lebt die Gesamtverantwortung des Geschäftsführers ohne Wenn und Aber wieder auf. Das heißt: Weder eine wirksame Zuständigkeitsverteilung noch die Einbindung eines Steuerberaters oder die regelmäßige Einholung von Informationen des Geschäftsführers zu Steuerthemen ändert etwas an der Gesamtverantwortung. Das Finanzgericht vertrat vielmehr die Auffassung, dass umgekehrt der Geschäftsführer dafür zu sorgen hat, dass er im Fall einer finanziellen Schieflage der GmbH rechtzeitig Kenntnis davon hat.

Fazit: Verantwortung für das Unternehmen

Die Abgrenzung der Geschäfts- und Verantwortungsbereiche bei mehreren Geschäftsführern ist im laufenden Normalbetrieb oft schwierig genug, vor allem dort, wo es um die Informationspolitik zwischen den Ressorts geht. Dieser Punkt verdient entsprechend genaue Beachtung, sobald das Unternehmen in Schieflage zu geraten droht. Die folgenden Punkte sollten Geschäftsführer besonders im Auge behalten:

  • Aus Beweisgründen sollten Zuständigkeitsregelungen schriftlich fixiert werden. Die Regelungen sind dabei klar und eindeutig zu formulieren. Denn unklare und nicht eindeutige Regelungen sowie mündliche Aufgabenverteilungen sind haftungsrechtlich ohne Bedeutung, d.h. nicht geeignet, eine Ausnahme vom Prinzip der Gesamtverantwortung der Geschäftsführung zu begründen.
  • Bei einer sich abzeichnenden Krise sowie in der Krise sollten ebenso die Informationspflichten der Geschäftsführer untereinander geregelt sein.
  • Sobald sich das Unternehmen in der Krise befindet bzw. diese absehbar ist, muss man sich als Geschäftsführer seiner Gesamtverantwortung für das Unternehmen bewusst sein und entsprechend handeln – grundsätzlich in Abstimmung mit der restlichen Geschäftsführung.
  • Es ist zu erwägen, ob das Unternehmen einen Sanierungsberater beauftragt, um zu verhindern, dass es in die Insolvenz geht.

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