IT-Karriere im Ausland: Wann sich ein Auslandseinsatz für IT-Fachleute lohnt

Viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die eine Beschäftigung an anderen Standorten regeln – auch im Ausland. Das gilt besonders für internationale Konzerne. Damit eine solche Mission mit all ihren Chancen nicht im Karriere-Nirwana endet, sind vom Start weg die Bedingungen der Rückkehr zu regeln.

Kurz nach Rom – und in zwei Jahren zurück

Von Bernhard Schoon

Die Ferne lockt – mit einer anderen Sprache, einer fremden Kultur und nicht zuletzt mit internationalen Kontakten. Die von der Wirtschaft so häufig geforderte Auslandserfahrung liefert Kenntnisse kultureller Standards und betrieblicher Arbeitsweisen genauso wie der privaten Lebensverhältnisse im fremden Land. Und durch eine begrenzte Zeit im Ausland kann man einige Pluspunkte für die Karriere sammeln. Möglich ist vieles: Die Betreuung von internationalen Arbeitsprojekten, eine interne Umsetzung im multinationalen Großkonzern, die Teilnahme an einem Trainingsprogramm oder ein kompletter Neustart als Auswanderer ins Land der Träume.

Unser Mann in Rio

Man muss aber nicht gleich alle Zelte in der Heimat abbrechen. Üblicher und letztlich auch sicherer als auszuwandern ist die Entsendung ins Ausland durch ein deutsches Unternehmen. In der Regel geht es dem Arbeitgeber darum, dass seine Mitarbeiter zusätzliches Know-how gewinnen, Kontakte aufbauen und pflegen, eine einheitliche Unternehmenspolitik vor Ort durchsetzen oder neue Märkte erschließen.

Falls im Arbeitsvertrag die Entsendemöglichkeit nicht schon ausdrücklich vorgesehen und geregelt ist, muss der Vertrag (einvernehmlich) geändert werden. Neben den zentralen Vereinbarungen wie Einsatzort und -dauer, Art der Tätigkeit und Arbeitsentgelt sollten dabei auch zusätzlichen Bedingungen festgehalten werden: Wie sieht es mit der Arbeitszeit am Zielort aus? Welche Urlaubsregelungen gelten? Wer übernimmt die Kosten für Mehraufwendungen (Reise- und Umzugskosten, Unterkunft, Heimreisen)? Welche Perspektiven hat der Arbeitnehmer bei seiner Rückkehr und wann findet diese statt?

Rechte und Pflichten

Wer als Mitarbeiter eines deutschen Unternehmens ins Ausland versetzt wird, bleibt in der Regel Angestellter nach deutschem Arbeitsrecht. Bürger der EU können ohne Probleme einen Job in einem anderen Mitgliedsland antreten. Durch den gemeinsamen Binnenmarkt genießen sie Freizügigkeit und müssen auch kein Visum beantragen. In den neu hinzugekommenen Mitgliedsstaaten gelten allerdings spezielle Übergangsregelungen, die vom Unternehmen und den Mitarbeitern einzuhalten sind. In außereuropäischen Ländern, etwa den USA, herrschen deutlich abweichende Standards.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Heise-Beilagen­reihe „IT und Karriere“. Einen Über­blick mit Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Die soziale Absicherung der Fachkräfte unterscheidet sich von Land zu Land und kann sogar teilweise entfallen. Bei einem zeitlich begrenzten Aufenthalt im EU-Ausland (max. 24 Monate) bleibt der Entsendete aber weiterhin in der deutschen Sozialversicherung. Unter Umständen besteht aber auch Versicherungspflicht in beiden Staaten. Um derartige Überschneidungen zu vermeiden, existieren Sozialversicherungsabkommen mit vielen EU-Ländern und über einem Dutzend Staaten außerhalb der EU. Da die Versicherungszeiten zusammengerechnet werden, ergibt sich für den Arbeitnehmer daraus eine Gesamtversicherungszeit. Nach Erreichen der Altersgrenze addieren sich dann die Rentenzahlungen.

Neben weiteren Versicherungsaspekten, etwa der Frage nach einer erweiterten Unfallversicherung, gibt es natürlich auch noch das leidige Steuerthema. Behält der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz in Deutschland, unterliegt er mit seinen gesamten in- und ausländischen Einkünften der Einkommenssteuer. Um eine eventuelle Doppelbesteuerung zu vermeiden, hält das Steuerrecht aber verschiedene Möglichkeiten bereit. Welche im Einzelfall greift, hängt davon ab, ob mit dem Staat, in den der Arbeitnehmer entsandt wird, ein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen besteht oder nicht.

Bereit für ein Abenteuer?

Zu Beginn der Karriere spricht nichts gegen eine Zeit im Ausland, sie wird möglicherweise sogar vorausgesetzt. Hat man sich jedoch im Unternehmen bereits über Jahre etabliert, sollte man vorher gut überlegen, ob bei dem Abenteuer auch etwas für die weitere Karriere herausspringt. Mitarbeiter mit Familie plagen hingegen Zweifel anderer Art: Soll man die Familie mitnehmen oder besser eine Fernbeziehung pflegen? Wie wird sich die Station im Ausland für die Karriere des Partners auswirken? Ist es den Kindern zumutbar mitzukommen?

Womöglich fühlt man sich auch von seinem Arbeitgeber einfach nur abgeschoben, ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Ebenso kann es sein, dass sich schlicht kein anderer findet, der eine Zeit im Ausland auf sich nehmen möchte. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Für viele ist ein Auslandsaufenthalt nicht unbedingt verlockend. Man hat vielleicht ohnehin schon viele Länder bereist, und erwartet sich nicht mehr viel Neues. Oder die angebotene Stelle liegt in einem Land, das deutlich weniger Lebensqualität bietet als Deutschland. Wer möchte schon für längere Zeit in der maroden Umwelt von China oder der Gluthitze von Dubai (über-)leben und arbeiten müssen?

Wieder zurück – und dann?

Als Faustregel gilt: Der Aufenthalt im Ausland sollte maximal drei Jahre dauern. Danach machen sich persönliche Veränderungen bemerkbar und es kann schwerfallen, sich in der Heimat wieder einzufügen. Eines Tages endet also das Abenteuer Ausland, und jetzt beginnt der schwierigste Teil. Die To-do-Liste bei der Rückkehr ist ebenso lang wie vor der Abreise: Eine neue Wohnung finden, einen Job für den Partner und die richtige Schule für den Nachwuchs. Und während der letzten Jahre kann einiges passiert sein – im Unternehmen, in der Familie, in Deutschland.

Vielleicht hat sich die Geschäftspolitik oder die Positionierung des gesamten Unternehmens geändert. Im Betrieb haben möglicherweise die Vorgesetzten gewechselt, der ehemalige Kollege kann nun sogar der neue Chef sein. Und es gibt keine Gewähr, dass die Versprechungen und Anreize, die vor dem Auslandsaufenthalt gemacht wurden, nach der Rückkehr auch eingehalten werden. Wenn einem Arbeitnehmer eine Ersatzstelle aufgezwungen werden soll, bringt das viel Enttäuschung mit sich, kann aber auch die Folge davon sein, dass er den Kontakt zur Heimatfirma vernachlässigt hat.

Wer im Ausland arbeitet, sollte deshalb unbedingt in Kontakt mit Vorgesetzten und Kollegen bleiben, nicht zuletzt um sich in der Heimat immer wieder in Erinnerung zu bringen. Also regelmäßig mit dem Chef telefonieren, mit Kollegen skypen, möglichst aktuell über Internes auf dem Laufenden bleiben, aber auch Klatsch und Tratsch ablauschen.

Schon vor der Entsendung sollte eindeutig geklärt sein, welche Optionen ein Mitarbeiter nach seiner Rückkehr hat: Welche Stelle kriegt er dann, ist eine Beförderung möglich oder hält sich das Unternehmen bedeckt, wie es weitergehen soll? Lediglich in wenigen Unternehmen, meistens nur den ganz großen, gibt es eine Anlaufstelle, die sich auf Dauer um die „Expats“ kümmert.

Es liegt aber nicht nur am Unternehmen, wie sich ein Rückkehrer wieder einfügt. Es kann durchaus passieren, dass ein Mitarbeiter im Ausland allerlei Privilegien innehatte: einen Chauffeur, den Pool, die internationale Schule. Oder man leitete im Ausland eine ganze Niederlassung und war dort quasi der König. Und dann kommt man ins Unternehmen zurück und ist wieder ein kleines Rädchen in der Hierarchie. Kann schwierig werden!

Fazit: Mir war das wichtig

Wenn überhaupt, treten die meisten Probleme vor allem nach besonders langen Auslandsaufenthalten auf. Wer über Jahre in der Ferne gearbeitet hat, ist oft mit den Gepflogenheiten in der Heimat nicht mehr vertraut und braucht zunächst ein wenig Unterstützung. Ein beruflicher Aufstieg kann mit der Entsendung durchaus verbunden sein, muss aber nicht. Der Sprung über die Grenzen sollte daher zuallererst als eine lohnenswerte persönliche Herausforderung angesehen werden. Die nächste Sprosse auf der Karriereleiter garantiert er nicht.

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