Infrastruktur im Internet der Dinge: Welche Funknetze das Internet der Dinge aushalten

Kein Mensch denkt daran, eine vernetzte Welt von Maschinen, Sensoren und Gadgets zu verkabeln. Ein großer Teil der Netzlast wird nach dem digitalen Wandel durch die Luft gehen. Am besten ausgerollt ist momentan der Mobilfunk – doch erst der LTE-Nachfolger 5G könnte ab 2020 die älteren Netze entlasten.

Netze und Provider für IoT und M2M

Von Dr. Harald Karcher

Für Netzwerkplaner und Investoren stellt sich die Frage, welche Netzwerktypen sich am besten für M2M und das Internet der Dinge eignen und somit am meisten vom Wachstum profitieren könnten? Auf Nachfrage sieht Vodafone ganz klar den heutigen Mobilfunk 2G/3G/4G und den künftigen Mobilfunk 5G als wichtigste Netzwerkbasis für M2M. Nach einer aktuellen Untersuchung des Analysehauses Machina Research ist Vodafone Weltmarkführer in der mobilen M2M-Kommunikation, gefolgt von AT&T, wie Marc Sauter von Vodafone am 24. Juli erklärte. Für die gesamte Telekommunikationsindustrie sei der Bereich Machine to Machine einer der wichtigsten Wachstumsmärkte, ergänzt Pressesprecher Markus Teubner.

Dennoch wird 5G das Internet der Dinge nicht allein stemmen. Joachim Dressler, Vice President EMEA Sales, OEM Solutions bei Sierra Wireless, bescheinigt der M2M-Kommunikation ebenfalls ein erhebliches Wachstumspotenzial und sieht sie als Voraussetzung für das Internet of Things. M2M sei meist eine Kombination mehrerer verschiedener drahtloser oder/und drahtgebundener Kommunikationswege. „Dazu gehören ISDN und ADSL genauso wie Mobilfunk oder – auf lokaler Ebene – Bluetooth, ZigBee, WLAN oder DECT.“

Mobilfunk gibt es flächendeckend

Auch Stefan Hübner vom M2M-System-Integrator Device Insight gibt auf Nachfrage an, dass WLAN und Bluetooth eine große Rolle bei mobilen M2M- und IoT-Szenarien spielen können. Daneben kämen auch Ethernet und DSL bei einigen M2M-Projekten zum Einsatz. Der ganz große Vorteil des Mobilfunks sei die hohe Mobilität, die große Flächendeckung und die extrem einfache Konfigurierbarkeit. In vielen Projekten komme zwar partiell auch WLAN oder Bluetooth zum Einsatz. Diese Kurzstreckenfunker sind ihrerseits aber letztlich sehr oft über Mobilfunkrouter ins Internet verbunden.

Vermutlich werden somit alle wichtigen mobilen Netzwerktypen, von Bluetooth über WLAN, DECT und ZigBee bis hin zu 3G, 4G und 5G, enorme Wachstumsimpulse durch das Internet der Dinge mit seinen Milliarden von Sensoren und Geräten bekommen. Wer für den Ausbau von Netzwerken verantwortlich ist, sollte das Thema M2M und IoT auf alle Fälle im Auge behalten.

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Während LTE-Cat6 dank Carrier Aggregation schon anno 2014 sporadisch ca. 300-MBit-Download-Peaks in echten Kundennetzen schafft, wird sich die Light-Version für M2M-Anwendungen mit nur 1 MBit zufriedengeben. (Grafik: Sierra Wireless Developer Day 2014)

LTE-Light-Module funken zehn Jahre lang
Bereits im Herbst 2011 startete das 3GPP-Gremium eine Studie für ein extrem energiesparendes „Low-cost-M2M-LTE“, kurz „LTE-Light“ oder „LTE-M“. Laut Philippe Guillemette, Chief Technology Officer bei Sierra Wireless, sollen solche LTE-M-Module dann nur noch eine einzige LTE-Antenne und maximal 1 MBit Speed haben. Dafür soll der Stromverbrauch so niedrig sein, dass eine einfache Batterie das Modul fünf bis zehn Jahre lang speisen kann. LTE-M soll sich vor allem für die M2M-Vernetzung von Consumer-Electronics-Produkten eignen. Der Rollout der LTE-M-Module wird frühestens 2015 erwartet. Der Massenmarkt soll frühestens 2017 anspringen.

Eine Technologie sucht Geschäftsmodelle

Die wichtigsten Beweggründe für den Einsatz von M2M sind laut M2M Adoption Barometer: Kostensenkung durch Automatisierung, Prozessoptimierung, Produktivitätssteigerung und die Chance auf Innovationen durch M2M-Kommunikationslösungen. Zu den wichtigsten Wachstumshemmern dagegen Datensicherheitsbedenken und fehlendes Nutzenverständnis.

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Schwarz auf Weiß
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Ob das Mobilfunknetz von Vodafone auch schon IPv6-Protokolle unterstützt, wurde auf dem M2M-Event am 24. Juli 2014 in München übrigens nicht klar kommuniziert. Diese Anforderung wird bei Hunderten von Milliarden an IoT-Geräten in Zukunft aber sicher auf alle Mobilfunkprovider mit M2M-Lösungen zukommen, weil der nahezu aufgebrauchte Adressraum von IPv4 längst nicht so viele Geräte unterscheiden kann wie IPv6.

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IoT-Innovation aus Germany: Links im Bild: Frank Kreßmann, Section Head R&D Global Oral Care, Advanced Technology & Innovation, Braun GmbH (links), zeigt auf der IFA Preview 2014 in München die erste Bluetooth-Zahnbürste der Welt. Rechts: ITK- und Automobil-Blogger Erich Hirsch beim Fotoshooting. (Bild: Harald Karcher)

Als exemplarischer Ausblick mag die weltweit erste Bluetooth-Zahnbürste dienen. Die ConnectedToothBrush der Firma Braun kommuniziert mit iOS- und Android-Handys. Da solche Smartphones ohnehin per WLAN, UMTS oder LTE fast nonstop mit dem Internet verbunden sind, wären früher oder später auch Schnittstellen zum Zahnarzt und zur Krankenkasse denkbar. Vielleicht bekommt der fleißige Zähneputzer dann bald systemgesteuert einen kleinen Bonus von der Versicherung? Oder der schlampige Zähneputzer einen Malus?

Serie: Internet der Dinge
Teil 1 zählt an den Fingern ab, wie viele Datenverbindungen man künftig braucht, um alle Maschinen, Fahrzeuge, Sensoren und Smartphones zu vernetzen. Teil 2 berichtet von M2M-Lösungen, die bereits funktionieren. Ein wichtiger Treiber ist die Automobilindustrie. Teil 3 kehrt zur Ausgangsfrage zurück: Welche Netze sind in der Lage, das Internet der Dinge auszuhalten?

Fazit: Always on und immer öfter öffentlich

Nicht jeder wird sich so viel Transparenz in seinem „ConnectedBathroom“ wünschen. Nicht jeder will sein Zahnputzverhalten, seine tägliche „Brushing Experience“ samt Gebissdarstellung auf Google, Twitter oder Facebook posten. Technisch wäre das aber leicht möglich. Also wird früher oder später auch jemand eine entsprechende App anbieten. Wenn das Internet der Dinge bald noch viel stärker in unser Leben vordringt, wird man noch viele verblüffende Bequemlichkeiten mit neuen IoT-Apps erleben. Aber auch so manche Überraschung in Sachen Datenschutz.

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