Kündigung minderjähriger Auszubildender in der Probezeit: Wer Azubis in der Probezeit kündigt

Der hat keine Kündigungsfristen einzuhalten und keine Kündigungsgründe anzugeben. Es sollte also einfach genug sein. Schwierig wird es aber, wenn die Auszubildenden noch nicht volljährig sind. Dann muss das Schreiben nämlich an die gesetzlichen Vertreter gehen – und zwar fristgerecht.

Terminsache an die gesetzlichen Vertreter

Von Sabine Wagner

Sie haben sich entschieden, Ihrem minderjährigen Auszubildenden noch während der Probezeit zu kündigen. In diesem Fall sind einige Besonderheiten zu beachten, denn solange die Azubis noch nicht volljährig sind, gelten sie als nur beschränkt geschäftsfähig. Zwei wichtige Fragen sind in solchen Fällen zu beachten: Wann genau muss die Kündigung zugestellt sein? Und an wen soll sie gehen, damit sie rechtlich wirksam ist? Damit es noch ein wenig schwieriger wird, ist außerdem von Bedeutung, wer die Kündigung überhaupt aussprechen darf.

Elternbrief vor Ablauf der Probezeit

Die Kündigung muss den gesetzlichen Vertretern zu gehen, also den Eltern oder, im Fall eines alleinerziehenden Elternteils, diesem.

Achtung: Händigen Sie die Kündigung nicht Ihrem minderjährigen Auszubildenden aus! Denn die Kündigung ist erst und nur dann wirksam zugegangen, wenn der Auszubildende noch in der Probezeit die Kündigung seinen Eltern/dem alleinerziehenden Elternteil ausgehändigt hat. Sie sparen so zwar das Porto und die Kosten eines Einwurf-Einschreibens, haben es aber nicht mehr der Hand, ob und wann die Kündigung so zugeht, dass diese wirksam ist.

In den Herrschaftsbereich der gesetzlichen Vertreter
Schicken Sie das Kündigungs­schreiben so rechtzeitig per Einwurf-Einschreiben noch inner­halb der Probe­zeit ab, dass Sie belegen können, dass die Kündi­gung frist­gerecht in den Haus­brief­kasten der Eltern/des Eltern­teils einge­worfen wurde. Für Juristen heißt das: „der Zu­gang in den Herrschafts­bereich ist bewirkt“.

Dies hat zur Folge, dass Sie vorher nicht klären müssen, ob die Eltern/der Eltern­teil zu diesem Zeit­punkt verreist oder im Krankenhaus etc. sind/ist.

Sollte Ihnen der Kragen erst am letzten Tag der Probezeit endgültig platzen, dann kann es kritisch sein, wenn Sie am Nachmittag oder Abend die Kündigung in den Briefkasten stecken (oder durch einen zuverlässigen Mitarbeiter stecken lassen). Wird in dieser Familie immer am Nachmittag nach der Post gesehen, so erfolgt der Zugang Ihrer Kündigung einen Tag später, also erst nachdem die Probezeit zu Ende ist. Die Kündigung wäre damit unwirksam.

Hier bietet es sich an, mit den Eltern zu telefonieren und mit Ihnen abzustimmen, wann Sie diesen das Kündigungsschreiben noch am selben Tag bringen/bringen lassen können. Auch hier darf die Übermittlung nicht durch den Auszubildenden erfolgen, sondern nur durch einen zuverlässigen Mitarbeiter oder einen sonstigen zuverlässigen Boten. Lassen Sie sich ferner schriftlich mit Datumsangabe und Unterschrift des betreffenden Elternteils den Empfang des Schreibens bestätigen.

Ausnahmsweise nur mit Vollmacht!

Stellen Sie außerdem sicher, dass die Kündigung von einer Person oder von Personen erklärt wird, die hierzu bevollmächtigt ist/sind. Wird die Kündigung von jemandem ausgesprochen, der hierzu normalerweise nicht berechtigt ist, muss dem Kündigungsschreiben eine Vollmachterklärung beigefügt werden, die belegt, dass die Person im konkreten Fall die Kündigung aussprechen darf.

Gemäß §174 Satz 1 BGB kann eine Kündigung, der keine erforderliche Vollmachterklärung beigefügt wurde, unverzüglich zurückgewiesen werden. Die Gerichte gehen davon aus, dass eine solche unverzügliche Zurückweisung der Kündigung innerhalb einer Woche nach Zugang der Kündigung zu erfolgen ha, so u.a. BAG im Urteil vom 8. Dezember 2011, 6 AZR 354/10.

In diesem Rechtstreit hatte der Arbeitgeber am letzten Tag der Probezeit das Ausbildungsverhältnis eines minderjährigen Auszubildenden als Fachkraft für Lagerlogistik schriftlich gekündigt und das Kündigungsschreiben noch so rechtzeitig durch einen Boten in den Hausbriefkasten werfen lassen, dass der Zugang vom Gericht als wirksam erachtet wurde. Unerheblich war, dass die Eltern urlaubsbedingt erst nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub Kenntnis von der Kündigung erhalten konnten. Der fristgerechte Einwurf in den Hausbriefkasten genügt.
Die Rechtsanwältin der Eltern wies die Kündigung aber zurück, da keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Im konkreten Fall war der Einwand der Rechtsanwältin berechtigt. Die Zurückweisung erfolgte aber nicht innerhalb von sieben Tagen.

Besondere Umstände des Einzelfalls können zwar zu einer längeren Frist führen. Die urlaubsbedingte Abwesenheit der Eltern stellt aber keine besonderen Umstände dar. Deshalb wies das Bundesarbeitsgericht die Klage der Eltern in der 3. Instanz ab.

Fazit: Ausbildung zur Kündigungsfachkraft

Im Gegensatz zu einer Kündigung des Ausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit müssen bei einer Kündigung in der Probezeit weder Kündigungsfristen eingehalten werden noch sind Kündigungsgründe anzugeben. Dafür steckt die noch nicht erreichte Volljährigkeit der Auszubildenden in der Praxis voller Tücken – weil minderjährige Azubis die Kündigung nicht einfach so in die Hand bekommen dürfen und weil sie vorher wissen müssen, von wem sie eine Kündigung zu erwarten haben.

Nützliche Links