M2M

Treffen sich zwei Chipsätze …

Von Gerald Strömer

Ein Mensch, der zum Telefon greift, um für seinen Drucker neuen Toner zu bestellen, dagradiert sich zum Mittelsmann zweier Apparate. Wozu eigentlich? Sollen die Maschinen doch selbst miteinander kommunizieren und sich besorgen, was sie brauchen! Genau dieser Gedanke steckt hinter dem Kürzel M2M (Machine to Machine): Technologien, die den automatisierten Informationsaustausch mittels standardisierter Protokolle zwischen zwei oder mehr Geräten zum Inhalt haben. Die branchentypischen Anglizismen sind zwar noch relativ jung, die Sache selbst gibt es aber schon länger.

Früher beschrieb man das Thema eben mit Worten wie Telemetrie, industrielle Automation oder SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition). Das Grundprinzip ist dasselbe: Mittels drahtloser oder kabelgebundener Kommunikationsnetze sollen die Geräte – z.B. Maschinen, Automaten, Computer, Fahrzeuge und mehr – entweder direkt oder indirekt über eine zentrale Leitstelle miteinander kommunizieren, ohne dass dabei ein Mensch die Hand im Spiel hätte.

Mehr, schneller, immer, überall

Mit der fortschreitenden Miniaturisierung der Technik hat sich das Konzept allerdings kräftig weiterentwickelt. Zum einen ist die eigentliche „Intelligenz“ aus Prozessoren, Platinen und Speicher um ein Vielfaches kleiner und gleichzeitig leistungsfähiger geworden; sie lässt sich so unkomplizierter in immer mehr Geräte integrieren (Stichwort: Embedded-Technik). Zum anderen nimmt auch die Zahl der zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle stetig zu.

Haupttreiber des M2M-Trends ist die Kommunikationstechnologie selbst. Vor 15, 20 Jahren war man auf IT-Netzwerke (u.a. Ethernet), analoges und ISDN-Festnetz und vielleicht noch Mobilfunk (GSM, SMS) beschränkt. Heute sind mit Gigabit- oder 10-Gigabit-Ethernet nicht nur die Bandbreiten im Netzwerk deutlich höher, sondern gibt es zusätzlich auch noch Optionen wie DSL, Wireless LAN, mobiles Breitband (UMTS, LTE und irgendwann auch 5G), drahtlose Nahbereichsverbindungen (Bluetooth, NFC, RFID), Satellitenfunk, Datenfunk und dergleichen mehr.

Stapelverarbeitung und Routinen

Die möglichen Anwendungsbereiche sind damit ungleich größer als jemals zuvor. Das gilt zum einen räumlich, weil die technischen Grundlagen nun einen flexibleren Einsatz außerhalb klassischer Versorgungsgebiete erlauben (M2M ist dank Turbo-Mobilfunk auch von entlegenen Berggipfeln aus denkbar). Zum anderen ist die Technik nicht nur extensiver, sondern auch intensiver geworden, namentlich durch die mobile Nutzung, z.B. in Fahrzeugen.

M2M-Lösungen haben ein riesiges Potenzial, da Unternehmen mit ihrer Hilfe u.a. Arbeitsabläufe rationalisieren und Ausfallzeiten verringern können. Wenn der Unsicherheitsfaktor Mensch in bestimmten Bereichen aus dem Prozessgetriebe entfernt wird, kann dies zu enormen Verbesserungen führen, Präzision, Effizienz und Effektivität steigern und obendrein zugleich Kosten sparen.

Aber keine Angst: Arbeitslos werden wir Menschen deswegen trotzdem noch lange nicht. Immerhin lassen sich mit Machine-to-Machine-Techniken nur bestimmte Bereiche sinnvoll abbilden oder verbessern. Auf diesen Gebieten macht die Nutzung dieses Werkzeugs aber absolut Sinn: Indem sich dröge Routinevorgänge automatisieren lassen, kann der Mensch seinen ureigenen Vorteil in anderen Bereichen stärker ausspielen – Kreativität.

Roboter spricht mit Stückliste

Die Anzahl erfolgreich gemeldeter M2M-Testläufe steigt momentan nahezu täglich, vor allem aus den Bereichen Lieferketten und Intralogistik, aber auch aus Automation und Fertigung: Produktionsmaschinen können Materialverbrauch und Stückzahlen weitermelden und holen sich automatisch neue Muster und Materialien, wenn eine bestimmte Anzahl Produkte gefertigt ist. Verkaufsautomaten melden sich selbsttätig in ihrer Zentrale, wenn ihre Bestückung sich dem Ende zuneigt. Neue Lagerware meldet sich per RFID beim Zentralrechner an und wird im Ausgang ausgebucht – eine Inventur ist praktisch kaum mehr nötig. Ein automatischer Annahmeschacht in der Apotheke bekommt das digitale Rezept übermittelt (oder scannt ein Papierrezept ein), sucht alle Medikamente zusammen und liefert sie an die Kundentheke.

Weitere gewerbliche bzw. professionelle Einsatzbereiche wären Transportwesen, Verkehrssysteme und Flottenmanagement, Gebäude-, Sicherheits- und Alarmtechnik, Gesundheitswesen und Medizintechnik sowie – ein ganz heiß gehandeltes Thema – elektronische Bezahlformen und Transaktionen.

Nie mehr keine Milch mehr!

M2M-Projekte sind aber keineswegs nur auf industrielle und gewerbliche Anwendungsbereiche beschränkt. Im Privatbereich sind solche Techniken z.B. die Grundlage für das sogenannte Internet der Dinge. Gemeint ist damit eine allumfassende Vernetzung alltäglicher, handelsüblicher Gegenstände. Als klassisches Pionierbeispiel hat sich der „intelligente“ Kühlschrank in der Vorstellungswelt festgesetzt, der den Vorgaben seines Besitzers entsprechend jederzeit weiß, welche Lebensmittel bereits verbraucht sind oder in Kürze ablaufen, und der bei Bedarf selbsttätig Nachschub ordert.

Ein anderes Beispiel wäre ein persönlicher digitaler Begleiter à la Smartphone: Je nachdem, wo es sich befindet, lädt sich das Gerät automatisch relevante Inhalte herunter oder führt für seinen Besitzer definierte Aktionen aus, bucht Hotelzimmer, bestellt Hundefutter oder reserviert Opernkarten.

Fazit: Unaufhaltsam, auch im Irrtum

Gerade im geschäftlichen Bereich bieten M2M-Lösungen unglaubliche Möglichkeiten, die Effizienz von Arbeitsprozessen zu steigern und gleichzeitig Kosten zu reduzieren. Die Entwicklung ist bereits an einem Punkt angelangt, an dem aber auch die Risiken deutlich werden. So hätten unbefugte Eingriffe in die M2M-Kommunikation weitaus direktere und heftigere Auswirkungen auf die Wirklichkeit als bei Prozessen, die als Puffer die menschliche Trägheit vorhalten. Ein „Aufstand der Maschinen“ wird wohl hoffentlich reine Science-Fiction bleiben. Dennoch bleibt am Ende fraglich, bis zu welchem Punkt eine Automation unseres Lebens Sinn macht und inwieweit wir von Maschinen geordnet und in ausweglosen Algorithmen leben wollen.

Nützliche Links

Der relevante Verband ist in Deutschland die M2M Alliance in Aachen, die den jährlichen M2M Summit ausrichtet. Fördertechnisch gesehen fällt M2M in das BMBF-Programm IKT 2020 – Forschung für Innovationen.