Mehrwertdienste

Auf die Basisleistung aufsatteln

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Mehrwertdienste (value added services) in der Telekommunikation sind nach allgemeinem Verständnis solche Angebote (Dienstleistungen, Informations- und Unterhaltungsinhalte, Nachrichtenaufzeichnung und -verteilung etc.), für die neben den Preisen für die Übertragung (nach Zeit oder Datenmenge) ein Zuschlag berechnet wird (z.B. pro Minute, pro Gespräch oder variabel je nach Nutzung). Ein bekanntes Beispiel sind Klingeltöne, Logos und Spiele im Mobilfunk.

Eine Eingrenzung auf einzelne Übertragungstechniken gibt es nicht, d.h. Mehrwertdienste können im Festnetz, im Mobilfunk und in der Datenkommunikation realisiert werden. Spezielle Übertragungs- oder Darstellungstechniken stellen keine Mehrwertdienste dar. In diesem Sinne sind die Internet-Telefonie via VoIP, IMS, UMA, VDSL und WiMAX keine Mehrwertdienste, sondern Basisdienste oder technische Voraussetzungen für Mehrwertdienste. Als Beispiel kann Triple Play heran gezogen werden: VDSL ist die zugrunde liegende Zugangstechnologie, IMS und UMA werden zur Darstellung von multimedialen Inhalten verwendet, der eigentliche Mehrwertdienst wird durch die Konvergenz von Sprache, Internet-Zugang und Medieninhalten geschaffen.

Formen und Kombinationen

Mehrwertdienste werden in Voice- und Non-voice-Dienste untergliedert – Kombinationen sind von wachsender Bedeutung (z.B. für die Steuerung von Diensten).

Folgende Arten von Mehrwertdiensten werden unterschieden:

  • Netze für geschlossene Nutzergruppen (VPN)
  • Messaging-Dienste (SMS/MMS)
  • Entertainment-Dienste (Klingeltöne, Logos, Games, Filme, Video etc.)
  • Informationsdienste (Auskunft, Verkehr, Flugzeiten, Reise, Event, Börse, Nachrichten, Wetter etc.)
  • Location Based Services (LBS) für regionale Informationen, Werbeangebote, Promotions etc.)
  • Konvergente Dienste zur Überbrückung von Netzgrenzen und unterschiedlichen Technologien (z.B. Triple Play, UMS)
  • E-Commerce/M-Commerce für mobile Transaktionsdienste (Einkäufe, Reisebuchung, Ticketkauf etc.)

Die derzeit größten Wachstumsraten liegen im Transaktionsbereich, aber hohe Zukunftspotenziale sind Konvergenzdiensten und Triple Play einzuräumen.

Anbieter

Die Anbieter können aus unterschiedlichen Bereichen kommen. Es gibt sowohl internationale Konzerne (z.B. Medienunternehmen) in diesem Bereich als auch kleine und mittelständische Unternehmen. Ein bekanntes Beispiel für die Entwicklung eines auf Mehrwertdienste spezialiserten Anbieters ist die Jamba AG. Gerade in diesem Bereich haben auch Unternehmensgründer mit tragfähigen Konzepten eine reale Chance.

Anbieter von Mehrwertdiensten können Besitzer entsprechenden Contents (Unterhaltung, Information, Music, Spiele etc.) sein oder Betreiber von Plattformen für den Zugriff auf die Inhalte (z.B. Betreiber von Audiotexplattformen) und Entwickler neuer Softwaretools (z.B. für standortabhängige Dienste). Oft sind auch die Telekommunikationsanbieter selber gleichzeitig Anbieter von Mehrwertdiensten. Dies muss nicht immer erfolgreich sein, wie die mobilen Portale von T-Mobile (t-zones), Vodafone (Vodafone life!) und e-plus (i-mode) zeigen (siehe auch Flops und Chancen im TK-Markt). Potenzielle Anbieter von Mehrwertdiensten sind auch die seit Oktober 2004 im Mobilfunkmarkt entstehenden virtuellen Netzbetreiber nach einem der verschiedenen MVNO-Geschäftsmodelle.

Preismodelle

Für die Abrechnung von Mehrwertdiensten gibt es unterschiedliche Preismodelle. Zunächst ist dies der nutzungsabhängige Preiszuschlag, der zeitabhängig oder pro Nutzung erhoben werden kann. Dann gibt es Paketangebote mit einer in einer Zeitperiode festgelegten Nutzungsmenge (nach Zeit, Downloads, Zugriffen oder Nutzungen definiert).

Immer beliebter werden auch im Bereich der Mehrwertdienste Flatrates, die als All-inclusive-Angebote die unbegrenzte Nutzung ermöglichen. Meistens werden Flatrates wie ein monatliches Abonnement abgerechnet. Sie bieten zwar eine einfache Kostenkontrolle für den Anwender, auf der anderen Seite werden nur in den wenigsten Fällen die angebotenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Dies betrifft sowohl angebotene Dienstleistungen und Inhalte, die in der Breite nicht gebraucht werden, als auch die Nutzungsintensität. Oft sinken das Interesse und die Nutzungsintensität nach der ersten Euphorie, so dass eine Zahlung per Einzelabrechnung billiger würde. Dies kann durchaus auch auf die scheinbar preiswerten Flatrate-Angebote zutreffen.

Für den Verbraucher empfiehlt sich ein genauer Preisvergleich zwischen den verschiedenen Anbietern, insbesondere aber eine genaue Analyse des eigenen Bedarfs. Da Flatrates oft mit Mindestlaufzeiten gekoppelt sind, ist eine vorzeitige Kündigung meist nicht möglich.

Für den Anbieter stellen Flatrates ein potenzielles Risiko dar, wenn das Nutzungsverhalten der Kunden sich anders ergibt als für die Preisgestaltung angenommen war. In vielen Fällen muss der Anbieter in den ersten Monaten eines Flatrate-Abonnements aufgrund einer intensiven Nutzung mit Verlusten rechnen, die sich über die Vertragslaufzeit ausgleichen. Die Preisgestaltung ist überhaupt ein kritischer Aspekt bei der Einführung von Paketangeboten, und die genaue Kenntnis des Nutzungsverhaltens der Zielgruppen auf der Basis einer qualifizierten Zielgruppenanalyse ist eine wichtige Voraussetzung. Auf der anderen Seite bieten gerade Flatrates eine scheinbare Transparenz für den Verbraucher, die die Preisgestaltung im Wettbewerbsvergleich deutlich eingrenzt. Mindestvertragslaufzeiten bei Paketangeboten schränken nicht nur den Verbraucher ein, sondern auch den Anbieter, der seine Preise anpassen muss.

Zahlungswege

Die Abrechnung für die Preiszuschläge kann über den Telekommunikationsanbieter zusammen mit der monatlichen Rechnung erfolgen, z.B. über Servicerufnummern oder Premium-SMS bei einem nutzungsabhängigen Preismodell oder über eine zusätzlichen Monatsbetrag bei Paketpreisen und Flatrates.

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Schwarz auf Weiß
Eine ausführliche Darstellung zum Thema Service­rufnummern gibt Dr. Jürgen Kaack im Rat­geber „Service­rufnummern – vielseitig einsetzbar. Erfolgreiche Geschäfts­modelle von der Klassi­fizierung bis zur Ab­wicklung“, den Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki bekommen.

Die Abrechnung kann aber auch unabhängig vom Telekommunikationsanbieter erfolgen. Hierfür bieten sich, neben der Zahlung per Überweisung oder Lastschrift, verschiedene Wege an: Kreditkarten waren über lange Zeit das bevorzugte Zahlungsinstrument im Internet, mittlerweile gibt es auch die Online-Bezahlsysteme wie z.B. PayPal, Western Union etc. Auch Vouchers und Scratch-Cards, die z.B. an Automaten erworben werden, sind mögliche und akzeptierte Bezahlformen. Gerade die letzte Variante bietet dem Nutzer eine weit gehende Anonymität.

Fazit: Erfolgsfaktoren

Die Tatsache, dass einige Mehrwertdienste wie SMS, Klingeltöne etc. sich nahezu von alleine und mit großem Erfolg entwickelt haben, ist keine Garantie, dass jeder neue Mehrwertdienst automatisch zum Erfolg wird. Der Erfolg von kommerziellen Angeboten mobiler Mehrwertdienste setzt einiger Faktoren voraus:

  • Die Anwendung muss technisch erprobt sein und darf nur minimale Ausfallwahrscheinlichkeiten haben.
  • Für den Nutzer muss der Dienst einen objektiven oder zumindest gefühlten Nutzen haben, der den Mehrpreis rechtfertigt.
  • Vermarktete Inhalte/Dienste müssen aktuell und hochwertig sein.
  • Die Anpassung der Darstellung von Inhalten auf unterschiedlichen Endgeräten muss für den Nutzer unmerklich erfolgen.
  • Der Nutzer muss Vertrauen in den Anbieter und seine Seriosität haben, das Abrechnungssystem muss Sicherheit gewähren.
  • Das Geschäfts- und Preismodell muss einfach und transparent für den Anwender sein.

Die Erfüllung der Erfolgsfaktoren stellt i.d.R. hohe Ansprüche an den potenziellen Anbieter und erfordert eine genaue Planung sowie die Durchführung von Marktuntersuchungen und Markttests.

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