Tax-Accounting für den Mittelstand: Was Tax Accounting für den Mittelstand bedeutet

Auch vor dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) gab es viele Sachverhalte, die handelsrechtlich und steuerrechtlich unterschiedlich zu behandeln waren. Tatsächlich war die sogenannte Einheitsbilanz oft schwieriger als das Tax Accounting, das durch die Einführung der E-Bilanz notwendig wurde.

E-Buchhaltung nach Handels- und Steuerrecht

Von Sabine Wagner

Kleinere und mittelständische Unternehmen haben in den letzten Jahren den Wandel weg von der Einheitsbilanz hin zur E-Bilanz vollzogen. Diesen Wandel in der Bilanzierungspraxis hatte der Gesetzgeber durch das Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) vorgegeben.

Gemäß § 5b EStG (Einkommensteuergesetz) müssen mittlerweile alle bilanzierenden Unternehmen in Deutschland einen amtlich vorgeschriebenen Datensatz durch Datenfernübertragung elektronisch an das zuständige Finanzamt übermitteln. Er umfasst den Inhalt der Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen.

Im Gegensatz zu früher wurde dadurch für kleinere und mittelständische Unternehmen eine eigenständige Steuerbilanz mit einer entsprechenden Steuerbuchhaltung notwendig. Dieses Tax Accounting dient den Unternehmen zugleich als Informations- und Steuerungsinstrument.

Latente Steuern

Es gibt aber Bilanzierungssachverhalte, die für die Unternehmen handelsrechtlich und steuerrechtlich unterschiedlich zu erfassen sind. Für die Unterschiede, die sich hieraus ergeben, sind gemäß § 274 HGB (Handelsgesetzbuch) in der Handelsbilanz sogenannte latente Steuern zu bilden. Dabei spielt keine Rolle, ob die Unterschiede eine Folge unterschiedlicher Bewertungsvorschriften sind oder unterschiedlicher Ansatzkriterien.

So werden heutzutage alle Vermögensgegenstände, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Schulden der Handelsbilanz den steuerlichen Wertansätzen gegenübergestellt, um die Differenz zu ermitteln (sogenanntes bilanzorientiertes Temporary-Konzept).

Latente passive Steuern sind dann zu bilden, wenn bei diesem Konzept der handelsbilanzielle Wertansatz eines Vermögensgegenstands höher als der entsprechende Steuerbilanzwert ist bzw. wenn bei einer Schuld der handelsbilanzielle Wertansatz niedriger ist. Ist dagegen der handelsbilanzielle Wertansatz eines Vermögensgegenstands niedriger bzw. bei einer Schuld höher als der Steuerbilanzwert, dann sind aktive latente Steuern zu bilden.

Diese latenten Steuern stellen eine abhängige Größe dar und eignen sich deshalb dazu, durch Ausübung des Wahlrechts im Fall eines Aktivüberhangs als aktiv latente Steuern gemäß § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in der Bilanz angesetzt zu werden. Für die passiven latenten Steuern besteht dagegen eine Passivierungspflicht. Aktive und passive latente Steuern können gemäß § 274 Abs. 1 Satz 3 HGB miteinander verrechnet werden oder nicht verrechnet ausgewiesen werden.

Achtung!
Die Ausübung des Ausweiswahlrechts unterliegt dem Gebot der Stetigkeit. Man kann es also nicht beliebig mal in die eine und dann wieder in die andere Richtung ausüben.

Wertermittlung

Auch bei der Abschreibung wegen dauerhafter Wertminderung des Anlagevermögens ergeben sich Unterschiede in der Steuer- und Handelsbilanz. Dabei besteht eine Abschreibungspflicht nach Handelsrecht auf den am Abschlussstichtag beizulegenden Wert des Vermögensgegenstands. (Der „beizulegende Wert“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff; er meint die Schätzung nach bestem Gewissen mangels konkreter Marktpreise etc.). Kriterien für die Ermittlung sind

  • die Wiederbeschaffungskosten,
  • die Reproduktionskosten,
  • das Bewertungsverfahren, das den Ertragswert ermittelt, sowie
  • eine retrograde Bewertung, die den Wert rückwärts (retrograd) aus den Verkaufspreisen ermittelt.

Handelsrechtlich wird von einer dauerhaften Wertminderung ausgegangen, wenn bei abnutzbaren Vermögensgegenständen des Anlagevermögens für die Restnutzungsdauer eine Wertminderung von mindestens 50 % vorliegt.

Ein Wahlrecht zur handelsrechtlichen Abschreibung besteht nur im Bereich des Finanzanlagevermögens. Auch hier ist das Gebot der Stetigkeit wieder zu beachten.

Dagegen besteht steuerrechtlich ein Wahlrecht auf Abschreibung des Teilwerts bei dauerhafter Wertminderung. Dieses Wahlrecht gilt sowohl bei abnutzbaren als auch bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen. (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG definiert den Begriff „Teilwert“.)

Wichtig!
Das steuerpflichtige Unternehmen muss nachweisen, dass eine dauerhafte Wertminderung vorliegt. Entsprechende Belege und Dokumente sind aufzubewahren.

Fazit: Differenzen in der Doppelbilanz

Zu beachten sind außerdem die weiteren Unterschiede zwischen Steuer- und Handelsbilanz:

  • unterschiedliche Abschreibungsdauer für Geschäfts- und Firmenwerte,
  • steuerliche Wertaufholungsgebot für Geschäfts- und Firmenwerte,
  • Bewertungsvereinfachungsverfahren bezüglich der Vorräte,
  • Abzinsungsgebot und Berücksichtigung von zukünftigen Preis- und Kostensteigerungen, wenn es um die Berechnung der Rückstellung nach Handelsrecht geht,
  • Berücksichtigung von zukünftigen Gehalts- und Rententendenzen (bei Pensionsrückstellungen),
  • Drohverlustrückstellungen und deren Ansatz in der Handelsbilanz,
  • Ansatzwahlrecht im Anlagemögen in der Handelsbilanz bei selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen.

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