Unlizenzierte Software, Teil 1: Was Firmen für unlizenzierte Software zahlen

Die letzte BSA Global Software Survey meldet, dass 43 % aller Software auf PCs ohne ordentliche Lizenz laufen. Nur 35 % der Firmen haben ausdrückliche Bestimmungen gegen Raubkopien – und noch weniger Mitarbeitern ist das überhaupt bewusst. Entsprechend riskant ist die Praxis in vielen Unternehmen.

Raubkopien im Dienst der Firma kommen teuer

Von Sabine Philipp

Das war bitter: Der IT-Administrator einer mittelständischen Spedition mit Sitz in Süddeutschland stand unter enormen Zeitdruck; der Kollege war krank. Und er musste die Netzwerke irgendwie am Laufen halten. In seiner Not installierte er an über 200 Rechnern in ganz Deutschland eine Software – ohne vorher die Lizenzen zu erwerben. Die Tat flog auf. Ein ehemaliger IT-Mitarbeiter hatte auf der Webseite der Software Alliance (BSA) den entscheidenden Tipp abgegeben. Es folgte eine groß angelegte Durchsuchungsaktion, bei der die Polizei die Raubkopien entdeckte. Das Ende der Fahnenstange: Der Administrator bekam eine Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Denn er wusste ganz genau, dass sein Handeln nicht legal war.

Glücklicherweise sind solche Fälle selten. Dennoch: 2014 war fast jede vierte Anwendung (26 %), die im Vorjahr auf PCs in Deutschland installiert worden war, unlizenziert. Zu diesem Ergebnis kommt die BSA Global Software Survey, für die der Marktforschungsdienstleister IDC weltweit 24.000 IT-Profis und Anwender befragt hat. Das ist immerhin ein Rückgang von 2 % gegenüber dem Vorjahr.

Riskantes Spielvergnügen ohne Unternehmensbezug

Aber nicht immer kommt unlizenzierte Software von oben. Manchmal ist es auch der Pförtner, der sich ein Computerspiel herunterlädt, um sich die Nachtschicht zu versüßen. Oder der Marketing-Mitarbeiter, der sich eine Raubkopie eines sonst sehr teuren Bildbearbeitungsprogramms installiert. „In solchen Fällen haftet der Mitarbeiter, der die Software ohne Erlaubnis des Rechteinhabers nutzt, als sogenannter Täter“, erklärt Peter Kaumanns, Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) bei der Kanzlei Terhaag & Partner:

„Gegen diesen Täter kann der Rechteinhaber alle denkbaren zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen; er kann z.B. auf Unterlassung klagen und Schadensersatz fordern. Der Arbeitgeber haftet ebenfalls, wenn das – noch ungeschriebene – Tatbestandsmerkmal der ‚Unternehmensbezogenheit‘ der Software besteht“.

Das heißt:

„Wenn der Mitarbeiter unlizenzierte Programme auf Firmenrechnern installiert, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben, scheidet eine Haftung des Arbeitgebers nach überwiegender Rechtsprechung aus.“

Kaumanns zitiert hier ein Urteil des Landgerichts München I vom 4. Oktober 2007 (Az: 7 O 2827/07), bei dem es zwar nicht um Software, aber um andere urheberrechtlich geschützte Werke ging – nämlich um Musikstücke. Diese hatte ein Mitarbeiter eines Radiosenders mit dem Filesharing-System Limewire heruntergeladen und auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt, und zwar auf dem Computer am Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber wurde von sechs betroffenen Plattenlabels auf Schadensersatz verklagt. „Hier lehnte das Gericht eine Haftung des Radiosenders ab, da die Musikwerke überhaupt nicht Gegenstand des Angebots des Radiosenders waren. Wenn der Arbeitgeber von der Software profitiert, sieht die Situation aber anders aus. Dann muss er zumindest als Störer mithaften“, sagt dazu der Anwalt.

Serie: Unlizenzierte Software
Teil 1 klärt, wann das Unternehmen haftet, wenn Raubkopien auf Firmenrechnern laufen. Teil 2 warnt vor den BYOD-Risiken und rät zu einem vernünftigen Lizenzmanagement.

Aufklärung und Unternehmensrichtlinien

Aber ist nicht auch der Arbeitgeber bei Lizenzrechtsverstößen in der Pflicht, weil er es den Mitarbeitern zu einfach gemacht bzw. sie nicht aufgeklärt hat? Denn oft wissen die Mitarbeiter nicht, dass ihr Verhalten illegal ist. Laut BSA Global Software Survey gibt es nur in jedem dritten deutschen Unternehmen eine schriftliche Unternehmensrichtlinie zur Verwendung unlizenzierter Software. Und, so ein weiteres Ergebnis: In Firmen ohne Richtlinie geben Mitarbeiter wesentlich häufiger an (59 %), unlizenzierte Software zu verwenden, als in Firmen mit Richtlinie (28 %). Das spricht für einen Zusammenhang. „Im Juristendeutsch spricht man hier von der Unterlassung von zumutbaren Prüfpflichten“, sagt dazu Kaumanns. Da es sich hier aber um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, müsse im Einzelfall immer „untersucht werden, ob man dem Arbeitgeber bzw. dem Administrator, der die Systeme ja pflegt, etwas vorwerfen kann.“

Dabei gibt es eine ganz einfache Grundregel, um schon im Vorfeld zu verhindern, dass die Kollegen illegal Software herunterladen: weniger Admin-Rechte vergeben. „Viele Betriebe gehen großzügig mit den Administratorenrechten um, mit denen ja bekanntlich Programme installiert werden können“, erklärt Thomas Schmedding, Geschäftsführer der Licentia IT GmbH in Hamburg: „Die meisten Mitarbeiter benötigen für ihre Arbeit aber nur Nutzerrechte. Es ist also schon viel gewonnen, wenn man diesen Administrationszugang in der Systemsteuerung entsprechend reglementiert.“

Wie sich Unternehmen einen Überblick über die verwendete Software und den Stand der Lizenzierung verschaffen, schildert Teil 2 dieser Serie.

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