Wirtschaftsspionage, Teil 1

James Bond lässt grüßen

Von Sabine Philipp

Mit dem Ende des Kalten Krieges mussten sich die Geheimdienste ein neues Betätigungsfeld suchen – und sie fanden es in der Wirtschaftsspionage für nationale Unternehmen. Dabei nehmen China und Russland vordere Plätze ein, wie der Verfassungsschutz in „Wirtschaftsspionage: Risiko für Unternehmen, Wissenschaft und Forschung“ erklärt.

Aber auch von den USA sind Spionagetätigkeiten bekannt. Fast schon Legende sind deren Echelon-Horchposten, die ab 1990 vom Ostblock übergangslos auf wirtschaftliche Ziele umschwenkten.

Freibriefe gegen den Terror

Im Zuge der Terrorismusbekämpfung nach dem 11. September 2001 sichern sich der amerikanische Heimatschutz Homeland Security und die Nationale Sicherheitsbehörde NSA (National Security Agency) immer mehr Rechte. So werden bei USA-Reisen häufig heimlich die Reisekoffer geöffnet. Damit die TSA-Mitarbeiter (Transportation Security Administration) die Stücke nicht aufbrechen müssen, wurde bereits das spezielle TSA-Schloss entwickelt, für das die Mitarbeiter einen Generalschlüssel haben.

Von daher ist es sinnvoller, keine wichtigen Unterlagen im Gepäck mit sich zu führen. Ebenso wenig sollten Sie so etwas auf Notebooks und anderen Mobilgeräten oder Datenträgern speichern, da diese laut Germany Trade & Invest häufiger beschlagnahmt und ausgiebig kontrolliert werden.

Wenn Sie nicht umhin kommen, Unterlagen mitzunehmen, dann machen Sie es am besten so: Legen sie die Dokumente auf dem Firmenserver ab und greifen Sie per gesicherter SSL-VPN zu. Den Link sollten Sie natürlich nicht gerade unter den Favoriten speichern. Schreiben Sie ihn verschlüsselt auf ein unauffälliges Blatt Papier – oder noch besser: Versuchen Sie, ihn sich zu merken. Merken sollten Sie sich auch Benutzername und Passwort. (Es versteht sich, dass im entsprechenden Bereich nur die für die Reise absolut notwendigen Daten abgelegt sein sollten und dass die anderen Sektoren gut gesichert sind.) Da der Zugriff übers Internet erfolgt, könnten Sie sogar auf die Mitnahme eines Laptops verzichten.

In der Höhle des Löwen

Wo deutsche Unternehmer im Ausland sind, haben die ausländischen Geheimdienste umgekehrt sozusagen ein Heimspiel. Die Broschüre Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg und Bayern der beiden Landesämter für Verfassungsschutz beschreibt z.B., wie eine deutsche Delegation in ihren russischen Hotelzimmern Kameras und Mikrofone entdeckte. Auch Hotelsafes sind unter diesen Umständen alles andere als sicher. Dass Telefone auf fremdem Territorium unter Umständen abgehört werden, muss wohl nicht extra erwähnt werden.

Thema: Wirtschaftsspionage im Mittelstand
Die Einführung ins Thema steckt das Feld der Gefahren ab und sagt, warum gerade KMU im Kreuzfeuer stehen. Teil 1 geht zum Lauschangriff über und hört mit, was passiert, wenn ausländische Agenten im Staatsauftrag mitmischen. Teil 2 setzt im Gegenzug bei Know-how- und Geheimnisträgern innerhalb der Firma an und will wissen, ob Angestellte dicht halten. Teil 3 prüft die IT-Verteidigung und gibt praktische Tipps, wie Schnüffler keine Chance haben. Teil 4 geht schließlich die Notfallpläne durch – damit der Schaden gering bleibt und die Täter nicht ungestraft davonkommen. Ein separater Sonderbeitrag warnt außerdem vor den gängigsten Schlichen, Tricks und Masken von Konkurrenz und Geheimdiensten.

Auch sonst geht es mehr oder minder zu wie im Agentenkino: Man setzt aufmerksame Menschen auf die Mitarbeiter an, die sich – z.B. unter Zuhilfenahme von Drogen – Zugang zu Informationen beschaffen oder kompromittierende Fotos schießen, mit denen sie die Reisenden anschließend erpressen.

Ein Erpressungsmittel ganz eigener Art besteht darin, Mitarbeiter festzunehmen, z.B. weil sie gegen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen verstoßen haben. Solche Verstöße erfolgen oft arglos und ungewusst. So dürfen z.B. manche Medikamente, die in Deutschland frei erhältlich sind, nicht in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeführt werden. Verhalten Sie sich also unbedingt gesetzestreu!

Auf Solidität abklopfen

Geschäftspartner sind nicht immer, was sie zu sein scheinen. Oft werden Tarnfirmen vorgeschickt, die mit attraktiven Angeboten und Partnerschaften an Patente und Geschäftsgeheimnisse gelangen möchten. Es kann daher nie schaden, sich im Vorfeld ausgiebig über das betreffende Unternehmen zu informieren und im Gegenzug selbst „nachrichtendienstlich“ aktiv zu werden. Das geht z.B. über die Auslandshandelskammer (AHK) oder über spezielle Sicherheitsdienstleister. Damit Sie sehen, wie ernst die Lage ist: Für einen solchen Hintergrund-Check darf man zwischen 1000 bis 5000 Euro veranschlagen.

Fazit: An Standards halten

Selbst wenn Ihr ausländischer Partner kein finsterer Handlanger eines obskuren Geheimdienstes ist, sollten Sie vorsichtig sein. Denn im Ausland gibt es viele Sitten und Unsitten, die Ihnen das geschäftliche Leben schwer machen können, allen voran das oft lasche Verständnis vom Datenschutz. Stellen Sie also lieber sicher, dass der Partner ähnliche Standards anlegt, wie sie bei uns gelten. Für die USA war zum Zweck der internationalen Vergleichbarkeit z.B. eigens das Safe Harbor Agreement beschlossen word. Mittlerweile hat es der Europäische Gerichtshof gekippt. Der Grund: Persönliche Daten europäischer Internet-Nutzer seien in den USA nicht ausreichend vor dem Zugriff von Behörden geschützt.

Der anschließende Teil 2 dieser Serie prüft im eigenen Land, wie leicht es Spionen gemacht wird und wann Mitarbeiter anfällig für Ausforscher werden.

Nützliche Links