Server-based Computing, Teil 3

Einmal aufspielen genügt

Von Sabine Philipp

Der Knackpunkt beim so genannten Server-based Computing ist, dass nur 95 % der auf dem Markt befindlichen Software serverlauffähig ist. Vor allem ältere Programme können da zum Problem werden. „Weil das Thema vor zehn Jahren im Mittelstand noch nicht wirklich präsent war, dauerte es eine Weile, bis die Softwaretechnik und die Applikationen so weit waren“, erklärt Fachmann Oliver Bausch. „Früher wurde Software einfach nicht auf Serverfähigkeit getestet. Erst seit auch Microsoft darauf setzt, ist es kein Problem, auch serverfähige Software zu finden.“

Daher ist es unbedingt wichtig, vorher Informationen einzuholen, ob die im Unternehmen eingesetzte Software auch weiter funktionieren wird. Wenn die Programme aber laufen, dann sind sie auch bei kleinen Bandbreiten einsatzbereit.

Fürs Netzwerk reicht ISDN

Thin Clients brauchen nicht viel. „Die Protokolle, die auf den Server zugreifen, sind so konstruiert, dass sie sehr wenig Bandbreite benötigen“, erläutert Bausch. „Ethernet als Schnittstelle ist zwar Standard, aber die Bandbreite, die es mir bietet, nutzt der Thin Client so gut wie nie aus. Als Minimalbandbreite reicht bei Standardanwendungen wie Microsoft Office ein ISDN-Port vollkommen aus.“ Selbst wenn der Mitarbeiter im Home Office im hintersten Westerwald sitzt. „Gut, man muss zugeben, dass es für sehr aufwändige Anwendungen z.B. im Grafikbereich dann etwas eng werden könnte“, gesteht der Fachmann. „Für ganz normale Büroarbeitsplätze sollte diese Bandbreite aber mehr als ausreichend sein.“

Solche standardisierten Arbeitsplätze sind ohnehin am besten für die Thin-Client-Technologie geeignet. Den größten Vorteil haben Unternehmen, bei denen es viele gleichartige Arbeitsplätze gibt, die z.B. alle an einem Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) angebunden sind. Dann kann man sehr gut skalieren.

Bei Exoten sieht es hingegen anders aus. Ein Beispiel: Es gibt es mehrere Arbeitsplätze, die so unterschiedlich sind, dass sie jeweils eigene Spezialsoftware benötigen. Hier ist natürlich zu überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, alle diese Programme auf dem Server laufen zu lassen. Es kann durchaus vernünftiger sein, sie auf dem PC zu installieren.

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Der Technische Informatiker fackelte nicht lange und stieg be­reits wäh­rend des Stu­diums (1992) ins IT-Geschäft ein. Aus cogito ent­stand schließ­lich die levigo-Gruppe mit levigo systems, wo Oliver Bausch die Po­si­tion des Ge­schäfts­führers inne­hat. Das Unter­nehmen blickt nun auf langjährige Er­fahrung mit Thin Clients und den IT-Bedürf­nissen im Mittel­stand zurück.


levigo systems gmbh, Bebelsbergstraße 31, 71088 Holzgerlingen, Tel.: 070314161-10, systems@levigo.de, www.levigo.de

Und das ist nicht der einzige Grund. Bausch weiß von Kunden, die eine Trennung ausdrücklich wünschen und die Software bewusst auf den Arbeitsplatzrechner aufspielen. „Gerade bei der Buchhaltung beschleicht so manchen ein ungutes Gefühl, wenn die Daten auf dem zentralen Server laufen“, sagt er. „Obwohl sie dort ja eigentlich besonders sicher sein sollten.“

Entscheidend ist hier natürlich die verschlüsselte Verbindung ins Rechenzentrum. Das geht z.B. über eine Extrabox, die einen VPN-Tunnel herstellt. Es gibt aber auch Ansätze, bei denen die VPN-Software direkt im Thin Client implementiert ist. Allerdings ist diese Lösung noch nicht so weit verbreitet. Überhaupt gibt es bei der Thin-Client-Technologie so einiges an Varianten und Zwischenlösungen.

Abgespeckt oder aufgerüstet

Für Firmen, die es noch kleiner mögen, gibt es Ultra Thin Clients. Bei diesen Geräten ist die Technik so weit reduziert, dass es im Prinzip nur noch einen Client mit einem winzigen Stück Software gibt, die ihn mit dem Server verbindet. Ansonsten läuft dort gar nichts. Er beherrscht nur das eine Protokoll, läuft dafür aber noch stabiler.

Allerdings lässt sich mit dieser Lösung kein Geld sparen, weil zwischen dem Ultra Thin Client und dem Server noch ein zusätzlicher Server zwischengeschaltet werden muss, der die Umsetzung der Protokolle erledigt. Und der kostet extra. „Solche Ultra Thin Clients werden besonders häufig in der Fertigung eingesetzt, wo es keinen Platz für einen PC gibt“, erklärt Bausch.

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Schwarz auf Weiß
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Am häufigsten werden aber Zwischenlösungen verlangt, die den Thin Client etwas größer machen. „99 % der Kunden wollen zusätzlich zu ihrem Thin Client einen lokalen Flash-Speicher. Sozusagen als Ersatz für die nicht existente Festplatte. Denn wenn wir dem Kunden erklären, dass wir das Netzwerk vom Server booten, bekommt so mancher Unternehmer weiche Knie. Er fragt sich dann unwillkürlich, was denn ist, wenn das Netzwerk nicht mehr da ist“. Als eine Art Fallschirm werden dann Softwareclients mit Flash-Karten verlangt, die im Notfall wenigstens den Thin Client in Betrieb nehmen und auf das Netzwerk zugreifen können.

Was die Umstellung ändert

Aber egal welche Variante gewählt wird. Es gibt ein paar grundsätzliche Dinge, die Unternehmen bei jeder Lösung beachten sollten.

Zentral sind die Server. „Sie sollten so dimensioniert sein, dass im Falle eines Zusammenbruchs eines Applikationsservers die restlichen Systeme die Last übernehmen können“, rät Bausch. „Außerdem muss die Hardware so weit austauschbar sein, dass ich sie im Notfall schnell durch ein anderes Stück ersetzen kann. Hierbei hilft z.B. die Virtualisierungstechnologie.“ Dann ist man auf einem guten Weg zur ausfallsichereren IT.

Serie: Server-based Computing
Teil 1 erklärt, wie eine Server-Client-Infra­struktur funktio­niert, deren Termi­nals ohne an­fällige Teile auskommen. Teil 2 prüft die Vor­teile in der Praxis und nennt die Nachteile. Teil 3 erläutert Varianten und sagt, was bei der Um­stellung zu beachten ist.

„Bei der Einführung im Betrieb hat es sich bewährt, das Konzept zunächst im Bereich der Geschäftsleitung einzusetzen und dann sukzessive weitere Arbeitsplätze nachzurüsten“, berichtet der Profi. Bereits vorhandene PCs und Terminals lassen sich als Clients weiter nutzen und mit den Thin Clients kombinieren. Das Netzwerk muss nur richtig dimensioniert und den jeweiligen Anforderungen angepasst sein. „In der Regel“, sagt Bausch, „reichen aber die bestehenden vollkommen aus.“

Fazit: Gefühlte Vertrautheit

Wie bei allen Umstellungen sollten die Mitarbeiter rechtzeitig informiert und nach ihren Bedürfnissen befragt werden. Schließlich steht und fällt fast jede IT-Neuerung mit der Akzeptanz derjenigen, die damit arbeiten. Bei SBC sei das meist nicht schwer, berichtet Bausch. „Da den Mitarbeitern am Thin-Client-Terminal die gleiche, unveränderte Benutzeroberfläche zur Verfügung steht, funktioniert die Umstellung in der Praxis meist völlig reibungslos.“ Thin Clients bieten den gleichen Komfort und die gewohnte Arbeitsoberfläche wie ein Desktop-PC, so dass sich der Anwender nicht umgewöhnen muss.

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