IT-Mitbestimmung: Was Mitarbeiter gegen neue Software haben

Die Einführung von neuen Programmen hat ihre Tücken. In jedem Fall muss die Belegschaft öfter dazu gehört werden, als die meisten Technikverantwortlichen glauben. Denn wo Anwendungen mitprotokollieren, greift der Datenschutz. Sabine Philipp sagt, wie man die IT-Mitbestimmung zum Vorteil wendet.

Was Logfiles anlegt, muss vor den Betriebsrat

Von Sabine Philipp

Vor allem dann, wenn es um den Datenschutz Ihrer Mitarbeiter geht, versteht Vater Staat keinen Spaß. So wurde zuletzt 2009 das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) umfassend novelliert: Wenn Sie neue Anwendungen einführen, bei der ein potenzielles Bespitzelungsrisiko besteht, müssen Sie sich nun mit dem Betriebsrat abstimmen, mit dem Sie am besten eine Betriebsvereinbarung aufsetzen.

Klopfen Sie bei ihrem CIO ruhig einmal auf den Busch – viele Technikverantwortliche sind sich der geltenden Regeln gar nicht bewusst.

Bitte beachten Sie: Die nationalen Datenschutzgesetze in der EU, also auch das BDSG, wurden zum 25. Mai 2018 durch die Bestimmungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung ersetzt.

Wo IT aufzeichnet und findet

Bei der „Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“, sieht § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) eine Mitbestimmung des Betriebsrats vor. Und eine solche Überwachung kann schneller Wirklichkeit werden, als Sie vielleicht vermuten. Es reicht z.B. aus, wenn eine Software protokolliert, wie viele Rechner mit einem bestimmten Programm arbeiten.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Auch Firmensuchmaschinen können unter Umständen kritisch sein, da sie bei falscher Konfiguration in einem Bestand suchen, der den Suchenden nichts angeht. Gerade bei solchen Grenzfällen, die mit ein bisschen Geschick zur Zufriedenheit beider Seiten gelöst werden können, ist es ratsam, der Belegschaft gegenüber nichts hinter dem Berg zu halten. Ansonsten kann es böses Blut geben, selbst wenn die Anwendung an sich harmlos ist.

Umfassende Informationspflicht

Grundsätzlich muss der Betriebsrat verstehen können, ob eine Kontrolle möglich sein könnte. Aus diesem Grund muss er sich schlau machen können, z.B. durch die Lektüre von Fachliteratur oder durch die Konsultierung eines Experten. Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, haben Sie ihm als Arbeitgeber daher nach § 80 Abs. 2 BetrVG „sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen“.

Vor allem müssen Sie den Betriebsrat nach demselben § 80, Abs. 2 BetrVG „rechtzeitig und umfassend“ über Ihr Vorhaben informieren. Außerdem müssen Sie ihm auf Verlangen jederzeit die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Vorschläge des Betriebsrats sollen Sie dann auch berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten dem nicht entgegenstehen.

Verwendung von Mitarbeiterdaten

Nach § 32 Abs. 1 BDSG dürfen Sie die Daten Ihrer Mitarbeiter nur dann erheben, verarbeiten oder nutzen,

„wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.“

Selbst wenn Sie die Informationen für die Aufdeckung einer Straftat brauchen, können Sie mit den Daten hantieren, wenn Sie konkrete Anhaltspunkte haben (z.B. wenn Material immer dann verschwindet, wenn der Betreffende im Lager war) und „das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten“ nicht überwiegt. Vor allem dürfen Sie als Arbeitgeber nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen und z.B. den Pausenraum mit Videokameras rund um die Uhr überwachen und abhören, nur weil sie argwöhnen, dass Mitarbeiter gemopste Schnittchen verzehren.

Nachsehen kostet nichts
Da vielen Betriebs­räten das tech­nische Hinter­grund­wissen fehlt, sind die DGB-Techno­logie­beratungs­stellen wichtige An­lauf­stellen. Dort hat man meistens auch Muster­verein­barungen parat, so dass Sie das Rad nicht neu er­finden müssen.

Betriebsvereinbarung aufsetzen

Wie Sie bei der Einführung von Programmen oder Hardware grundsätzlich vorgehen, legen Sie am besten in der Rahmenbetriebsvereinbarung fest. Einzelne Programme oder Anlagen werden in einer konkreten Betriebsvereinbarung festgehalten.

Fazit: Für Vertrauen werben

Gerade bei der Einführung neuer Hard- und Software kommt es auf Seiten der Mitarbeiter nicht selten zu einer Verweigerungshaltung. Wenn aber der Betriebsrat die Notwendigkeit erkennt und den Nutzen sieht, gewinnen Sie einen starken Verbündeten. Denn dem Betriebsrat glauben die Beschäftigten tendenziell eher. Außerdem kann es böse ins Auge gehen, wenn man die praktischen Bedürfnisse ignoriert, die der Betriebsrat meist besser kennt. Das hat sich nicht zuletzt bei teuren Sicherheitslösungen oft als fatal erwiesen: Den Mitarbeitern ist z.B. das Login zu mühsam, so dass sie mit Workarounds das komplette Netzwerk aufs Spiel setzen.

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