Partnerschaften im Mittelstand

Tandems machen Tempo

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Partnerschaften zwischen Konzernen sind in der weltweiten Zusammenarbeit schon lange üblich. Können auch mittelständische Unternehmen von einer Partnerschaft profitieren? Was ist bei Partnerschaften zu beachten und sind Partnerschaften auch zwischen Wettbewerbern im Markt sinnvoll?

Kurz gesagt: Partnerschaften sind in vielen Märkten und Geschäftssegmenten sinnvoll und üblich. Gut funktionierende Kooperationen verfolgen klar definierte und regelmäßig überprüfte Ziele. Wenn die nämlich nicht für alle Beteiligten eindeutig sind, ist das Risiko groß, dass die Zusammenarbeit scheitert. Die wesentlichen Motivatoren für die meisten Kooperationen sind u.a.

  • eine schnellere Produktverfügbarkeit im Sinne des Time to Market,
  • Wettbewerbsvorteile durch die Nutzung wechselseitiger Stärken,
  • Investitions- und Kosteneinsparungen durch Arbeitsteilung,
  • die Beschleunigung der Umsetzung von Wachstumsvorhaben gemäß definierter Wachstumsziele,
  • die Erschließung „geschlossener“ Märkte sowie
  • die Konzentration auf Kernfähigkeiten.

Lieferant oder Partner?

Kein Unternehmen kommt in einer arbeitsteiligen Gesellschaft ohne Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen bei der Erstellung von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen aus. In den meisten Fällen handelt es sich um klassische Lieferanten–Abnehmer-Beziehungen, ohne eine engere oder längerfristig angelegte Bindung. In der Automobil- und der Elektronikindustrie wurde schon vor längerer Zeit deutlich, dass diese Art der Zusammenarbeit im Wettbewerb nicht ausreicht: Die schnelle Reaktion auf Änderungen im Abnehmermarkt, steigende Qualitätsanforderungen und die Vielfalt neuer Produkte machte eine engere Zusammenarbeit mit den Lieferanten erforderlich. Dies bedingt besondere Sorgfalt im Auswahl- und Qualifizierungsprozess und in der Regel auch neue Systeme zur elektronischen Anbindung. Aber dies schafft noch keine Partnerschaft im eigentlichen Sinne.

Eine echte Partnerschaft ist auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt und setzt neben der notwendigen wirtschaftlichen und technischen Geschäftsgrundlage einen offenen Informationsaustausch und gegenseitiges Vertrauen voraus.

Genau wie bei einer Lieferantenbeziehung ist eine Partnerschaft nur sinnvoll und längerfristig stabil, wenn alle Parteien einen wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen, der in der Regel höher ist als derjenige, den die Unternehmen alleine erzielen könnten. In diesem Sinne können durchaus auch solche Unternehmen Partnerschaften eingehen, die in anderen Bereichen am Markt als Wettbewerber auftreten. Natürlich zählen nicht-legale Preis– und Wettbewerbsabsprachen nicht zu den hier zu diskutierenden Partnerschaftsinhalten.

Einsatzbereiche und Möglichkeiten

Grundsätzlich können Partnerschaften über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg geschlossen werden. Häufig sind Partnerschaften aber bei der Entwicklung neuer Produkte vorzufinden, wenn durch den engen Austausch der Ergebnisse und die Aufteilung der Entwicklungsarbeiten die Kosten gesenkt oder die Time-to-Market-Frist verkürzt wird. Gerade im Entwicklungsbereich kann auf der Basis einer vertrauensvollen Partnerschaft schneller ein Ergebnis erreicht werden als beim Zukauf von Entwicklungsdienstleistungen im Sinne eines Werkvertrages. Die weitergehende Offenheit in der Zusammenarbeit erlaubt es, frühzeitig sowohl Sackgassen zu erkennen als auch Optimierungsmöglichkeiten wahrzunehmen und zu nutzen. Nach Abschluss der partnerschaftlichen Entwicklung kann entweder eine gemeinsame Verwertung der Ergebnisse erfolgen (nach bereits vorher vertraglich festgelegter Aufteilung) oder im Wettbewerb zueinander.

Andere Bereiche für Partnerschaften liegen in der gemeinsamen Beschaffung von wichtigen Vorprodukten. Die Vorteile können dabei durchaus Bereiche betreffen, die vordergründig nichts mit Volumenrabatten zu tun haben. Der durch die Zusammenführung von Bestellvolumina größere Einfluss auf spezielle Anforderungen kann von hoher wirtschaftlicher Bedeutung für die Partner sein: Sonderentwicklungen, Anpassungen, Qualität, Flexibilität, Liefertreue etc.

Auch die Erschließung neuer Vertriebskanäle oder regionaler Absatzmärkte kann ein Ansatz für eine Kooperation sein. Dies bietet sich natürlich insbesondere bei komplementären Produktangeboten an, aber auch bei Produkten, die im Wettbewerb stehen, können gemeinsame Anstrengungen für eine neue Vertriebsplattform durchaus sinnvoll sein. Dies wird dann der Fall sein, wenn sich der Aufbau einer Vertriebsinfrastruktur für eines der Unternehmen alleine nicht rentiert oder eine zu hohe Ressourcenbindung bedingen würde. Für den Vertrieb stellen Kooperationen oft ein wichtiges Element dar.

Bei der Umsetzung von Kundenbindungsinstrumenten sind Partnerschaften zwischen verschiedenen Vertriebspartnern und Betreibern entsprechender Programme (z.B. Loyalty Partner und Affiliate-Modelle) durchaus üblich. So können Bindungsangebote umgesetzt werden, die für ein Unternehmen alleine nicht wirtschaftliche wären.

Auch der Aufbau und Betrieb einer gemeinsamen Produktionsstätte kann in einem wettbewerbsintensiven Markt rentabler sein als zwei getrennte Produktionsanlagen. Daher sind Produktionspartnerschaften genauso gut anzutreffen wie Partnerschaften im Bereich des Vertriebes oder der Entwicklung. Es gibt kaum einen Geschäftsbereich, der im Hinblick auf eine Partnerschaft ausgeschlossen ist – bis auf den Bereich der unerlaubten Absprachen und der Wettbewerbsbeschränkung bzw. zur Bildung von monopolähnlichen Marktstrukturen.

Vertrauen ist Voraussetzung

Die wesentliche Voraussetzung für eine gut funktionierende Partnerschaft ist der nachhaltige gegenseitige wirtschaftliche Vorteil, der aus der engen Zusammenarbeit entspringt. Ob und in welcher Höhe ein solcher Vorteil zu erzielen ist, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell und den Marktgegebenheiten ab und kann daher nicht pauschaliert werden. Mit dem Instrument des strategischen Marketings lassen sich die Bereiche identifizieren, für die eine Partnerschaft Vorteile bringen können. Sind die gegenseitigen Vorteile auf ein zeitlich begrenztes gemeinsames Projekt beschränkt, lohnt sich in aller Regel der Aufwand nicht.

Bevor eine Geschäftsbeziehung zu einer Partnerschaft ausgeweitet wird, sollte ein Kriterienkatalog aufgestellt werden, den der Partner erfüllen sollte. Vor der Auswahl des Partners sollte eine möglichst gründliche Recherche durchgeführt werden, damit spätere Überraschungen ausbleiben. Nicht immer ist der nahe liegende Partner auch tatsächliche der optimale! Bei der Auswahl ist zu berücksichtigen, dass das eigene Unternehmen aus der Sicht des potenziellen Partners ebenfalls eine vorteilhafte Ergänzung darstellt.

Wenn die Auswahl aus der Sicht der potenziellen Partner getroffen wurde, ist zu prüfen, ob neben den objektiven Vorteilen auch eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen den handelnden Personen geschaffen werden kann. Im nächsten Schritt sind die Ziele aus der Zusammenarbeit gemeinsam zu erarbeiten und schriftlich festzulegen, am besten in Form eines gemeinsamen Business Plans für die Kooperationsbereiche. Nur wenn es eindeutige Zielfestlegungen gibt, kann in der laufenden Zusammenarbeit überprüft werden, ob die Ziele tatsächlich erreicht werden! In den meisten Fällen sollten die Vereinbarungen in einem offiziellen Vertrag festgehalten werden, der die Rechte und Pflichten der Partner dokumentiert. Dies wird umso wichtiger, je mehr der eigene Geschäftserfolg von den rechtzeitigen und richtigen Beiträgen des Partners abhängt.

Umsetzung und Praxis

Sind die Voraussetzungen für die Partnerschaft geschaffen, sollte sichergestellt werden, dass die offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen auch wirklich gelebt wird. Stehen die Partner mit einzelnen Produkten oder in ausgewählten Märkten im direkten Wettbewerb, so ist der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit auf den Inhalt der Partnerschaft zu begrenzen. Dies stellt natürlich deutlich höhere Anforderungen an die Organisation und die Mitarbeiter. Durch offene Information und entsprechende Trainigs, die hier als Führungsinstrumente im eigenen Unternehmen greifen müssen, ist die Umsetzung abzusichern.

Auch in einer gut funktionierenden Zusammenarbeit ist die laufende Erfolgskontrolle unerlässlich. Nur so kann die Einhaltung der definierten Ziele überprüft oder bei Abweichungen die Einleitung von Gegenmaßnahmen vorgenommen werden. Die beste Bestätigung für eine funktionierende Kooperation ist und bleibt der laufende Nachweis eines quantifizierbaren Effekts.

Sollte sich im Laufe der Zeit allerdings ergeben, dass die ursprünglichen Grundlagen für die Partnerschaft nicht erfüllt oder zukünftig nicht mehr gegeben sind, so ist eine rechtzeitige und konsequente Trennung herbeizuführen, bevor einer der Partner möglicherweise einen Nachteil oder gar Schaden erfährt. Bei einer rechtzeitigen und geordneten Beendigung einer Partnerschaft spricht nichts gegen eine weitere Zusammenarbeit, z.B. auf der Basis einer Lieferanten-Abnehmer-Beziehung.

Fazit und Tipps

In einem dynamischen und offenen Marktumfeld sind Partnerschaften auch für den Mittelständler sinnvoll, der die eigenen Leistungen schneller, besser und effizienter auf den Markt bringen will. Da Partnerschaften nicht nur mehr Transparenz und Informationsaustausch erfordern als Lieferantenbeziehungen, sollte sorgfältig geprüft und analysiert werden, in welchen Segmenten Partnerschaften Vorteile bringen und welche Anforderungen an einen Partner zu stellen sind.

Daher ist es oft von Vorteil, wenn sich die potenziellen Partner schon aus anderen gemeinsamen Geschäften kennen und die Synergien nicht nur theoretisch vorhanden sind. Zwei Unternehmen mit vergleichbaren Schwächen werden zusammen nicht unbedingt stärker – wenn Stärken und Schwächen einander aber ergänzen oder, besser noch, ergänzende Stärken zusammenkommen, dann bestehen gute Chancen auf eine vorteilhafte und stabile Zusammenarbeit.

In den Partnerbeziehungen hat es sich bewährt, wenn beide Unternehmen eine ähnliche Unternehmenskultur haben und die Unternehmensgröße nicht zu sehr differiert. Die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Unternehmen will gelernt und geübt sein, da eine Partnerschaft nur bei gegenseitigem Geben und Nehmen funktioniert. Aufgrund der Bedeutung von Partnerschaften für die Weiterentwicklung des Unternehmens kann die Einschaltung eines externen Beraters oder Coaches hilfreich sein, die erst eine objektive und neutrale Bewertung ermöglicht. Ein Mediator stellt sicher, dass die Zusammenarbeit in der operativen Umsetzung funktioniert.

Eine Partnerschaft kann für die Wettbewerbsfähigkeit hohe Bedeutung haben, der Aufwand bei der Auswahl und dem Aufbau der Zusammenarbeit sollte aber auf keinen Fall unterschätzt werden.

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