Zeitarbeit

Ausgelernte Aushilfskräfte

Von Dr. Regina Sailer

Früher ließen vor allem Großunternehmen zeitarbeiten, jetzt entdecken auch kleinere Betriebe die Vorteile dieser Beschäftigungsform: Jedes dritte mittelständische Industrieunternehmen greift regelmäßig auf Zeitarbeiter zurück. Einst galten sie als „moderne Sklavenhalter“ und „Arbeitgeber zweiter Klasse“. Heute ist das Image der „Arbeitnehmerüberlassung“ – so die offizielle Bezeichnung – deutlich besser.

Das hat mit veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen zu tun: Im Gegensatz zu früher dürfen die Mitarbeiter so lange beim Kunden bleiben, wie diese wollen bzw. der Auftraggeber wünscht. Das macht Zeitarbeit auch für höher qualifizierte Arbeit und längere Projekte interessant. Tatsächlich bleibt jeder vierte Zeitarbeiter länger bei der Sache.

Wichtig: Diese Übersicht dient lediglich der Orientierung und ersetzt keinesfalls die fach­männische Beratung durch Rechts­experten. Die Inhalte wurden sorg­fältig recherchiert, dennoch sind Ab­weichungen vom tat­sächlichen Sach­verhalt nicht auszuschließen.

Die folgende Übersicht befasst sich mit der Situation in der BRD, wo für Zeitarbeit das seit 1972 mehrfach modernisierte Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) gilt und entsprechende Tarifverträge geschlossen wurden. Vergleichbare Bestimmungen enthält in Österreich das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), das dieselben EU-Richtlinien umsetzt. Etwas anders ist dagegen die Lage in der Schweiz, wo in erster Linie das Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG) zuständig ist.

Wichtig: Nicht erlaubt ist nach den deutschen Bestimmungen Zeitarbeit auf dem Bau. So bestimmt § 1b AÜG (Einschränkungen im Baugewerbe) ausdrücklich: „Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, ist unzulässig.“ Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) fordert hier allerdings eine tariflich geregelte Zulassung.

Vorteile und Chancen

  • Geringere Kostenrisiken: Eine langfristige Kostenlast durch Fixanstellung entfällt, und falls die Geschäfte einmal schlecht laufen, muss man nicht erst aufwändig kündigen. Leiharbeiter sind außerdem günstiger; die Stundenverrechnungssätze der Zeitarbeitsunternehmen liegen oft unter den regulären Brutto-Stundenlöhnen der jeweiligen Branche.
  • Mehr Flexibilität: Zeitarbeit liefert die Personalreserve für den spontanen und projektbezogenen Einsatz. Auftragsspitzen und Vertretung bei Krankheit, Urlaub oder Schwangerschaft lassen sich so kurzfristig abdecken.
  • Qualifizierte Mitarbeiter: Unter Zeitarbeitern gibt es auch Kräfte mit besonderen Qualifikationen oder Kenntnissen für außergewöhnliche Aufträge. Außerdem kann man auf diesem Weg einen Mitarbeiter sozusagen „unverbindlich“ kennen lernen und später einstellen. Zeitarbeit interessiert zudem immer mehr Höherqualifizierte. Auch kleinere Unternehmen können auf diesem Weg z.B. Universitätsabsolventen einsetzen.

Nachteile und Risiken

  • Fehlender „Stallgeruch“: Oft ist einiges an Ausbildung und Anpassung an die Besonderheiten des Betriebes nötig, bevor Zeitarbeiter produktiv arbeiten. Ihnen fehlt außerdem das unternehmensspezifische Erfahrungswissen über Qualitätsprobleme, die Störanfälligkeit von Maschinen und Anlagen, die besonderen Erwartungen von Kunden etc.
  • Weniger Leistung und Identifikation: Atypische Beschäftigung kann als Leistungsbremse wirken. Außerdem sind Zeitarbeiter belasteter: Sie leiden öfter an beruflicher Perspektivlosigkeit und sorgen sich mehr um ihre finanzielle Stabilität. Und noch einen Nachteil gibt es: Mitarbeiter auf Zeit identifizieren sich weniger mit dem Unternehmen.
  • Unseriöse Vermittlungsfirmen: Nicht unterschätzen sollte man die Gefahr, an eine unseriöse Vermittlungsfirma zu geraten. Bei Ausfall des Zeitarbeitunternehmens haften entlehnende Betriebe dem Finanzamt, den Berufsgenossenschaften und den Krankenkassen für ausstehende Zahlungen. Das kann auch Jahre später eintreten, wenn die Rechnungen für den ausgeliehenen Mitarbeiter schon lange bezahlt sind!

Die richtige Wahl

Unter den rund 4600 deutschen Zeitarbeitsfirmen gibt es sehr viele seriöse Anbieter, aber leider auch einige schwarze Schafe – die Sie mit den folgenden Tipps hoffentlich rechtzeitig erkennen:

  • Informieren Sie sich über die Bonität des Kandidaten! Lassen Sie sich im Zweifelsfall eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts ausstellen. Informationen erteilen auch die Krankenkassen und die Berufsgenossenschaft.
  • Holen Sie Referenzen ein oder hören Sie sich unter Branchenkollegen um!
  • Vorsicht bei besonders preisgünstigen Angeboten! Kalkuliert sich der Anbieter in den Konkurs, kann es Probleme geben. Dann haften Sie als Auftraggeber vielleicht noch nach Jahren für nicht abgeführte Sozialbeiträge.
  • Gute Personaldienstleiter sehen sich neue Arbeitsplatze oft vorher persönlich an – mit Blick auf Arbeits- und Gesundheitsschutz.
  • Achten Sie darauf, ob die Übernahmebedingungen eindeutig und gut geregelt sind!

Fazit: Beweglich bleiben

Flexibilität hat sich nach Jahren der Krisen als Jobmotor erwiesen. Sprich: Es hat sich für die Wirtschaft ausgezahlt, Mitarbeiter auf Zeit einzustellen. Diese Beschäftigungsalternative bietet viele Vorteile. Sie erschließt etwa die interessante Personalreserve der über 40-jährigen Arbeitnehmer, ohne das Risiko einer Festanstellung. Dass sich unter unter den Zeitarbeitsfirmen auch dubiose Anbieter herumtreiben, ist ein Risiko, das man momentan keinesfalls gering einschätzen sollte – am sichersten fährt man immer noch mit einer Empfehlung aus der eigenen Branche.

Nützliche Links

Die Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (als PDF, Stand: Januar 2004) helfen bei der Überprüfung von Zeitarbeitsfirmen auf Zuverlässigkeit. Die Plattform Info-Zeitarbeit bietet Formulare und Verträge, Gesetze und Verordnungen im Volltext, außerdem Urteile und Kommentare des BAG und eine deutschlandweite Suchmaschine für Zeitarbeitsfirmen.

Neben dem Interessensverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. gibt es noch die Mitglieder-Suchmaschine des Arbeitgeberverbandes Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) mit rund 1000 Mitgliedsunternehmen und den Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleitungen e.V. mit rund 2000 konzessionierten Zeitarbeitunternehmen, inklusive einer Suchmaschine für ganz Deutschland.