Cloud Computing im Mittelstand, Teil 1: Ob sich Cloud Computing 2012 durchsetzt

Der wichtigste IT-Wachtumstreiber heißt weiterhin Cloud Computing. Allerdings ziehen die Kunden längst nicht so stark mit, wie erwartet, so dass noch ein gewaltiges Sparpotenzial offen ist. Der Hinderungsgrund Nr. 1 sind Sicherheitsbedenken.

Der Mittelstand mietet Rechenzentren

Von Sabine Philipp

Es ist schon kurios: Ausgerechnet Firmen, die besonders von Cloud Computing profitieren könnten, stehen dem Ganzen besonders kritisch gegenüber. Die Rede ist von kleinen und mittleren Unternehmen, die in der Regel über keine besonders große IT-Infrastruktur verfügen, ganz zu schweigen von Spezialisten zur Pflege der Maschinen.

Dennoch hat eine Untersuchung von GfK Custom Research zuletzt gezeigt, dass Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern bislang kaum in Berührung mit Cloud Computing gekommen sind. Auch was diesbezügliche Pläne betrifft, äußerten sie sich zurückhaltend. Dazu muss man sagen, dass die Bedenken nicht ganz grundlos sind. Denn gerade für mittelständische Unternehmen will der Weg in die Cloud gut geplant sein.

Was brauche ich?

Angebote von der Stange, bei denen z.B. die nackte Rechenleistung gemietet wird, kommen für kleine und mittlere Unternehmen oft nicht in Frage. Denn in den meisten Fällen fehlt in überschauberen Organisationen schlicht das Wissen, welcher Server für welche Anwendungen benötigt wird und wie die Rechner im Büro angebunden werden können. Vom Verwaltungsaufwand einmal ganz abgesehen.

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Marc Schumacher ist Gesell­schafter, Pro­kurist und haupt­verant­wortlich für die Ab­teilung Rechen­zentrum/Infra­struktur bei der Ham­burger C&P Capeletti & Perl GmbH. Der Diplom-Kauf­mann fing direkt nach seinem Stu­dium 1998 bei dem Unter­nehmen an und hat das Cloud-Rechen­zentrum, das sich spe­ziell an kleine und mittel­ständi­sche Kun­den richtet, mit aufgebaut.

Marc Schumacher von der Capeletti & Perl GmbH (C&P) in Hamburg, die sich auf KMU spezialisiert hat, rät daher, zunächst einmal die Anforderungen und die Prozesse von Experten abklopfen zu lassen. Erst dann werde deutlich, welche Server und welche Programme überhaupt in Frage kommen. Und natürlich sollte überprüft werden, ob die örtliche Infrastruktur, sprich: die Internet-Anbindung für die Prozesse ausreicht.

Soforthilfe einplanen

Nicht nur im Vorfeld, sondern auch nach dem Weg in die Cloud ist der Beratungsaufwand für kleine Unternehmen meist größer. Schumacher empfiehlt daher, einen Anbieter zu wählen, der einen persönlichen Ansprechpartner stellt. An den sollte man sich nicht nur bei Problemen wenden können. Im Idealfall warnt er den Kunden, sobald er ein Problem auf ihn zurollen sieht.

„Wir erkennen z.B. an unseren Monitoren, ob der Internet-Anschluss beim Kunden ausgefallen ist. Dadurch können wir ihn zeitnah auf das Problem aufmerksam machen, und er kann sich über einen anderen Zugang, z.B. über UMTS, ins Internet einwählen“, so Schumacher, für den es Sinn macht, das Unternehmensnetzwerk bzw. Teile davon virtuell im Rechenzentrum nachzubilden. Dadurch würden dieselben Strukturen wie im Unternehmen aufgebaut, was die Wartung und die Migration in die Cloud hinein – und wieder heraus – vereinfacht.

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Schwarz auf Weiß
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Sicher hinein – und wieder hinaus

Bei der Datenmigration selbst sieht Schumacher drei Wege:

  1. Das Unternehmen kommt zum Kunden, kopiert die Daten verschlüsselt auf Datenträger, die dann ins Rechenzentrum übertragen werden,
  2. die Hardwaresysteme werden ins Rechenzentrum gebracht und vor Ort kopiert oder
  3. die Daten werden über eine verschlüsselte Leitung, ein so genanntes Virtual Private Network (VPN) übertragen.

„Da man die Daten eventuell wieder aus der Cloud herausnehmen möchte, sollte man sich das Recht zusichern lassen, dass man sie auf ein Medium seiner Wahl kopieren und wieder mitnehmen kann“, betont Schumacher – eine Option, die man sich in allen Details schriftlich zusichern lassen sollte. Denn leider läuft der Weg aus der Wolke nicht bei jedem Anbieter ganz einfach vonstatten.

Am Ende der Wolke

Ebenso ist zu klären, was im Falle einer Insolvenz des Betreibers geschehen soll. Hier kann es unter Umständen sinnvoll sein, auf eine geordnete Vernichtung der Daten in der Cloud, z.B. mit einem Degausser zu bestehen (ein Degausser ist, vereinfacht gesagt, ein starker Magnet, der die die Daten vernichtet). Idealerweise wird bereits im Vertrag vereinbart, welche Leistungen nach einer Beendigung der Geschäftsbeziehung in welchem zeitlichen Rahmen und zu welchem Preis zu erbringen sind.

Serie: Cloud Computing im Mittelstand
Teil 1 legt sich einen Plan zurecht: Was brauche ich wozu? Und wie kriege ich es am besten? Teil 2 geht ins Detail und be­rät zu Fra­gen von Sicher­heit, Daten­schutz und Inter­net-Anbindung.

Der BITKOM rät in seinem Cloud-Computing-Leitfaden „Cloud Computing – Was Entscheider wissen müssen“ zudem, vertraglich zu regeln, welche Partei für welche Schritte und Maßnahmen verantwortlich ist. Dabei sollten die zu übergebenden Maschinen und zu übertragenden Miet-, Pacht-, Lizenz- und anderen Verträge am besten einzeln aufgeführt werden. Die Erfahrung zeige, dass bei Vertragsschluss getroffene Regelungen über Exit-Management und Exit-Support in der Regel nicht alle Eventualitäten vorhersehen, weshalb entweder ein Kontingent von Projekttagen für noch nicht bekannte, aber zur Umsetzung der Kündigung notwendige Maßnahmen geplant und kalkuliert oder zumindest Tagessätze für Unterstützungsleistungen vereinbart werden sollten.

Welche Punkte bei der praktischen Umsetzung einer Cloud-Auslagerung wichtig werden, setzt Teil 2 dieser Serie auseinander.

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