Real Time Communications, Teil 3

Ausleihen und ausprobieren

Von Gerald Strömer

Im Bereich Unified Communications tummeln sich mittlerweile zahlreiche Anbieter, die aber oft keine ganzheitliche Lösungen im Portfolio haben. Viele Hardwarehersteller und Softwareentwickler bieten lediglich modulare Komponenten eines UC-Systems an. Kleine und mittlere Unternehmen sollten nach Möglichkeit mit Anbietern in Kontakt treten, die umfassende, homogene Lösungen anbieten.

Es ist allerdings sehr selten, dass komplette Systeme inklusive Soft- und Hardware vom selben Hersteller entwickelt respektive produziert werden. In der Regel haben die heutigen Anbieter unter­schiedliche, historisch gewachsene technische Hintergründe.

Markt in Doppeldynamik

Während sich Namen wie IBM oder Tandberg mehr auf die Hardware – also z.B. Netzwerktechnik und Endgeräte – konzentrieren, wird man bei Microsoft in diesem Bereich fast ausschließlich Softwareprodukte wie den Office Communication Server 2007 finden. Und während Anbieter wie Avaya oder Siemens aus der klassischen Telekommunikationstechnik kommen, haben Konkurrenten wie Cisco und Oracle ihre Wurzeln im IT-Bereich.

Die logische Folge: Durch die immense Zahl der angebotenen Unified-Communications-Module und -Lösungen ergibt sich eine gewaltige Zahl von Kombinationsmöglichkeiten. Dazu kommt, dass es zwar gewisse Standards gibt, aber im Endeffekt jeder Hersteller die Technik doch in seinem eigenen Sinne interpretiert und definiert.

Was für die Firma passt
Vor allem kleinere und mittlere Unternehmen müssen nicht zwangsläufig auf die Lösungen der großen Anbieter setzen. Es kann oft sinnvoller sein, ein vor Ort befindliches, kompetentes System- oder Softwarehaus mit der Implementierung einer Unified-Communications-Lösung zu beauftragen, wenn sie selber eine solche entwickelt haben. Denn mit einer selbst entwickelten Software, die dann z.B. optimal an die Hardware eines großen Herstellers angepasst wird, kann ein Systemhaus unter Umständen besser auf die Bedürfnisse seines Kunden reagieren als einer der Marktführer.

Ein guter Anbieter kann seinen Kunden allerdings in sich komplette Lösungen mit zueinander zu 100 % kompatiblen Komponenten anbieten. Er wird in einem solchen Fall das problemlose Funktio­nieren der verkauften Lösung auch garantieren. Zu den be­kannteren Unified-Communi­cations-An­bietern gehören – in alpha­betischer Reihen­folge – Alcatel-Lucent, Avaya, Cisco, IBM, Micro­soft, Nortel Net­works, Novell, Oracle, Siemens Enter­prise Communi­cations, Tand­berg und die Telekom.

Als Alternative zum Kauf offerieren viele Anbieter auch Hosting-, Miet-, Leasing– oder SaaS-An­gebote (Software as a Service). Für einen ausge­dehnten Praxis­test unter echten, kontrollierten Bedingungen – z.B. die Einbindung zweier klei­nerer Niederlassungen für einen bestimmten Zeitraum – kann ein Mietmodell durchaus die intelligentere Wahl sein.

Maßschneidern, auswählen, kombinieren

Lohnt sich der Einsatz einer Unified-Communications-Lösung? Ja, definitiv. Eignet sich ein solches Konzept für jedes Unternehmen jeder beliebigen Größe? Ja. Ist sie einfach umzusetzen? Nicht unbedingt.

IP-Telefonie ist Grundvoraussetzung
Nach einer Studie der Berliner Unternehmensberatung Berlecon, die 150 Chief Information Officers (CIOs) in Firmen ab einer Größe von hundert Mitarbeitern zum Thema Unified Communications befragte, gaben fast 75 % der Befragten die Effizienzsteigerung als sehr wichtigen Grund für die Einführung an. Rund 24 % der CIOs nutzten damals in ihrem Unternehmen bereits UC-Lösungen. 35 % aller Firmen wollten in naher Zukunft verstärkt darin investieren. Leider wurde die 2008 publizierte Studie „VoIP und Unified Communications 2008 – Anforderungen und Pläne deutscher ITK-Entscheider“ noch nicht wiederholt; die aktuellen Zahlen wären sicherlich interessant.

Einmal mehr erwies sich VoIP als Schlüsseltechnologie: Lediglich ein Drittel der befragten Unternehmen nutzte VoIP-Systeme und nur knapp 20 % planten die Anschaffung einer VoIP-Telefonanlage. 15 % der CIOs wollen Sprache und Daten über eine einheitliche Netzwerkinfrastruktur transportieren. Eine solche homogene Infrastruktur ist aber Vorbedingung für Unified Communications, so dass bei vielen Unternehmen von entsprechend hohen Anlaufkosten ausgegangen werden muss. Diese Anfangskosten werden auch von über 60 % der Befragten als große Herausforderung bezeichnet. Insgesamt 75 % der befragten CIOs befürchten beim Einsatz von UC-Systemen vor allem bezüglich der Sicherheit der Kommunikationsverbindungen neue Risiken.

Dennoch sind die potenziellen Vorteile eines einsatzbereiten UC-Systems den Aufwand bei der Implementierung allemal wert. Unified Communications ist ein faszinierendes und einleuchtendes Konzept, dessen Vorteile jeder Mitarbeiter versteht und sicher gerne nutzen würde. Allerdings müssen die IT-Abteilung(en) und der CIO zuvor eine Menge Detailfragen klären.

Serie: Real Time Communications
Teil 1 erläutert das Prinzip von RTC alias Unified Communi­cations: alle Kommunikations­kanäle unter einem Hut. Teil 2 nimmt sich systematisch die einzelnen Bausteine vor und sagt, was sie leisten. Teil 3 legt schließlich dar, warum die Marktlage so schwierig ist, und was Interessenten bei der Auswahl bedenken sollten.

Denn Unternehmen, die mit dem Gedanken an Real Time Communications spielen, müssen sich zwangsläufig durch eine enorme Angebotspalette arbeiten, die für jeden beliebigen Einsatzzweck eine Lösung bereit hält. Andererseits kann eine gute UC-Lösung Kommunikationshürden verschwinden lassen, die dem Kunden vorher als fast schon selbstverständliche Hindernisse erschienen.

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Schwarz auf Weiß
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Fazit: Auf Effizienz ausgerichtet

Eines haben alle Unified-Communications-Lösungen gemein: Konzeption und Imple­mentierung erfordern einen deutlich größeren Aufwand als klassische Telefonanlagen und einzeln stehende E-Mail-Server. UC-Systeme sind reinrassige IT-Produkte mit entsprechend komplexer Architektur. Einmal eingerichtet entflechten sie aber komplizierte Kommunikations­vorgänge und gestalten die Zusammenarbeit der Firmenmitarbeiter erheblich effizienter.

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