SERT: Was SERT für Server bedeutet

Bei der Server-Auswahl ist der Energiebedarf ein entscheidender Faktor. Das Server Efficiency Rating Tool ist derzeit der Quasi-Industriestandard – und die Grundlage für EU-Regularien. In der Praxis sind die SERT-Werte mit Faktoren wie Performance, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit auszubalancieren.

Verbrauch im Verhältnis

Von Dirk Bongardt

Rechenzentren sind das Herz der Datenverarbeitung und -speicherung in der modernen IT-Welt. Wie energieeffizient diese Rechenzentren arbeiten, hat maßgebliche Auswirkungen auf die direkten und indirekten Kosten des Unternehmens. Direkte Kosten wie der Stromverbrauch sind offensichtlich; oft übersehen werden jedoch die indirekten Kosten.

Ein Beispiel: Ein mittelständisches Unternehmen betreibt ein Rechenzentrum, das zu viel Energie verbraucht. Die direkten Energiekosten fallen dramatisch hoch aus. Gleichzeitig entstehen indirekte Kosten: durch einen erhöhten Verschleiß der Geräte, die aufgrund der Wärmeentwicklung eher ausfallen. Der Einbau weiterer Kühlanlagen bedeutet höhere Installationskosten und laufenden Wartungsbedarf. Darüber hinaus rückt die Energieeffizienz in zunehmend umweltbewussten Märkten stärker in den Fokus der Kundschaft, sodass sich ineffiziente Lösungen negativ auf den Ruf und die langfristige Kundenbindung auswirken können.

Insofern ist RZ-Energieeffizienz nicht nur eine Frage der Kosteneinsparung, sondern auch von Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Hier kommt SERT ins Spiel.

Energieeffizienz messen

Das Server Efficiency Rating Tool (SERT) der Standard Performance Evaluation Corporation (SPEC) ist ein leistungsfähiges Werkzeug zur Bewertung der Energieeffizienz von Servern. Der Benchmark ist in direkter Kooperation mit dem internationalen Energielabel Energy Star und dem entsprechenden Programm der amerikanischen Umweltbehörde EPA entwickelt. SERT wurde entwickelt, weil man Leistung und Energieverbrauch von Servern in Beziehung setzen wollte – SERT misst nicht nur die Geschwindigkeit, mit der Aufgaben erledigt werden, sondern berücksichtigt auch die dafür benötigte Energie. Mit diesem Ansatz können Unternehmen Server also nicht nur nach ihrer Performance, sondern auch nach ihrer Energieeffizienz aussuchen. IT-Verantwortliche erhalten damit einen besseren Einblick in die Effizienz ihrer Serverinfrastruktur und können fundierte Entscheidungen über Upgrades oder Neuanschaffungen treffen.

SERT setzt sich aus einer Reihe von Metriken und Kennzahlen zusammen, die – wenn sie kombiniert werden – ein umfassendes Bild der Server-Energieeffizienz liefern. Eine erste wichtige Kennzahl ist die Power Efficiency Ratio (PER). Sie setzt den Energieverbrauch in Relation zur Leistung des Servers. PER ist insofern mit dem Treibstoffverbrauch eines Autos über eine festgelegte Distanz vergleichbar (etwa Liter pro 100 km). Ein Server mit einem niedrigen PER-Wert benötigt für die gleiche Arbeit weniger Energie, was auf eine bessere Energieeffizienz hinweist.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Themen­strecke „Storage und Server“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel- und Sonder­publikationen be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Eine weitere wichtige Komponente ist das Server Efficiency Rating (SER) auf Basis der PER und anderer Faktoren. Das SER kann als Server-Gesamtbewertung betrachtet werden. Ein hoher SER-Wert signalisiert eine hohe Energieeffizienz des Servers. Das Ziel besteht letztlich darin, konkrete Lösungen anhand der SERT-Werte in puncto Energieeffizienz vergleichbar zu machen. Ähnlich wie Autotests Verbrauchern helfen sollen, das am besten geeignete Modell für ihre Bedürfnisse zu finden, sollen IT-Verantwortliche anhand der SERT-Bewertung die besten Server für ihre IT-Anforderungen auswählen können – und damit Energie und Kosten sparen.

SERT in der Anwendung

Unternehmen, die das Tool nutzen wollen, um die Energieeffizienz in ihren Rechenzentren zu erhöhen, können es direkt bei der SPEC unter https://www.spec.org/sert/ beziehen. Dort finden Admins auch einen detaillierten User Guide, der durch die Suite führt und vor der Auswahl des Installationspaketes konsultiert werden sollte.

Das SERT-Tool wird dann direkt auf den zu bewertenden Servern installiert. Es sammelt Messwerte und verwendet eine begleitende Effizienzmetrik zur Bewertung der Energieeffizienz, indem es den Stromverbrauch eines Servers unter verschiedenen Auslastungsbedingungen misst. Das SERT-Tool verfügt über spezifische Regeln der Ausführung und Erstellung von Berichten, die befolgt werden müssen, wenn sich aussagekräftige Daten ergeben sollen. Das User-Konto, von dem aus das Tool gestartet wird, muss über Administrator-Berechtigungen verfügen.

Sobald SERT korrekt konfiguriert ist, können die Tests auf dem Server durchgeführt werden. Diese Tests simulieren bestimmte Workloads oder analysieren echte Arbeitslasten im Produktionsbetrieb. Während dieser Tests zeichnet SERT kontinuierlich Daten zur Serverleistung und zum Energieverbrauch auf. Im Anschluss werden die gesammelten Daten von SERT analysiert und daraus Metriken errechnet, z.B. eben PER und SER.

Messergebnisse zur Optimierung

Auf Basis der ermittelten Kennzahlen können Admins gezielt Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören etwa die Identifikation ineffizienter Hardware-Komponenten, angepasste Betriebseinstellungen oder die Umsetzung von Energiesparmaßnahmen. Auch nach der Durchführung von Optimierungsmaßnahmen ist es wichtig, dass die Leistung der Server und der Energieverbrauch regelmäßig überprüft werden. Bei Bedarf können dann weitere Anpassungen vorgenommen werden, sodass sich daraus eine Routine der kontinuierlichen Energieeffizienz-Optimierung ergibt.

In den meisten Fällen dürften mehrere Iterationen nötig sein, um die Effizienz eines Rechenzentrums mit SERT zu verbessern. Je nach Größe des Serverparks kann sich der Aufwand aber schon nach kurzer Zeit bezahlt machen.

SERT ist ohne Zweifel hilfreich, doch birgt es auch einige Herausforderungen, und das Design setzt dem Optimierungspotenzial Grenzen. Eine dieser Herausforderungen besteht darin, dass SERT-Messungen stark von den Konfigurationen und Lasten abhängen. Unterschiedliche Workloads können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, was die Vergleichbarkeit erschwert. Eine weitere Limitation liegt in der Fokussierung auf Server-Hardware. Zwar machen Server einen erheblichen Teil des Energieverbrauchs in Rechenzentren aus, aber SERT vernachlässigt andere wichtige Faktoren wie Kühlung und Infrastruktur komplett. Eine ganzheitliche Betrachtung erfordert daher immer noch zusätzliche Instrumente und Analysen.

Wichtig ist es auch, dass sich Verantwortliche darüber im Klaren sind, dass SERT in erster Linie eben auf die Messung von Energieeffizienz abzielt. Andere Faktoren wie Performance, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit werden nicht direkt berücksichtigt. Und nicht immer lässt sich die Energieeffizienz mit einfachen Maßnahmen auf das gewünschte Level anheben.

Wer bereits bei der Hardware-Beschaffung auf Energieeffizienz achtet und dabei sowohl die technischen Spezifikationen als auch die vorgesehene Aufgabe des Servers berücksichtigt, bekommt mit dem Energy-Star-Label einen klaren Hinweis auf die Energieeffizienz des anvisierten Produkts – immerhin wurde SERT in Kooperation mit Energy Star entwickelt. Als Faustregel gilt jedoch: Energieeffizienz ist stark davon abhängig, welche Aufgabe ein Server im Unternehmen erfüllen soll. Für rechenintensive Workloads wie Datenbanken oder KI-Berechnungen können Server mit hoher Leistung und Energieeffizienz erforderlich sein, während einfache Aufgaben wie Datenspeicherung mit weniger Aufwand erledigt werden können. IT-Verantwortliche sollten daher sowohl die Leistung als auch den Energieverbrauch in Relation zur spezifischen Nutzung abwägen. Auf den Engery-Star-Seiten gibt es zwar eine Produktübersicht mit Vergleichsmöglichkeit, allerdings werden dort nur Produkte aufgeführt, die auf dem US-Markt und/oder dem kanadischen Markt zu bekommen sind; für den europäischen Raum können die Informationen aber als Orientierungshilfe dienen.

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Dirk Bongardt hat vor Beginn seiner journalistischen Laufbahn zehn Jahre Erfahrung in verschiedenen Funktionen in Vertriebsabteilungen industrieller und mittelständischer Unternehmen gesammelt. Seit 2000 arbeitet er als freier Autor. Sein thematischer Schwerpunkt liegt auf praxisnahen Informationen rund um Gegenwarts- und Zukunftstechnologien, vorwiegend in den Bereichen Mobile und IT.


Dirk Bongardt, Tel.: 05262-6400216, mail@dirk-bongardt.de, netknowhow.de

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