Branchenkenntnisse

Immer dasselbe dreht sich im Teufelskreis

Von Helmut König, Königskonzept

Neue Unternehmensberater und Mitarbeiter kommen zumeist aus der eigenen Branche. Unternehmen hoffen so zusätzlich auf neue Marktinformationen. Das ist bewährt – aber der bitter nötige Blick über den Tellerrand ist so kaum möglich.

Wenn man einer Untersuchung zum Einsatz von Unternehmensberatungen Glauben schenken darf, schwört ein Großteil der mittelständischen Unternehmen auf Berater mit Branchenkenntnissen. Auch bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern scheint die Erfahrung aus dem eigenen Markt entscheidendes Auswahlkriterium zu sein: „Was bei den Wettbewerbern funktioniert hat, wird bei uns schon auch klappen.“

Dass man damit aber immer auch alten Bahnen verhaftet verbleibt und keine neuen Wege und Möglichkeiten beschreitet, scheint nicht so wichtig zu sein. Das ist Handeln nach dem Motto „Wer nichts Neues versucht, kann auch weniger falsch machen“.

Entwicklung entsteht aus Unruhe

Egal, was benötigt wird – eine Vertriebsberatung, eine Organisationsberatung oder Unterstützung in der Produktionsoptimierung – immer soll der Berater über Branchenkenntnisse verfügen. Die scheinen deshalb so wichtig, weil er dann nicht eingearbeitet werden muss und vielleicht noch den ein oder anderen Tipp in Bezug auf Produktion oder Vertrieb aus dem eigenen Markt mitbringt.

Die Vorgehensweise ist bequem. Aber erfolgreiche Unternehmensentwicklung ist nicht bequem. Ludwig Bölkow sagte dazu: „Ein Unternehmen ist kein Zustand, sondern ein Prozess.“ Erfolgreiche Unternehmensentwicklung reibt sich an vielen Stellen im Betrieb, bringt Unruhe, probiert neue Dinge aus und entscheidet sich für die besten.

Große Ähnlichkeit, kleine Margen

Gleiches gilt für die Mitarbeiter: Neue Mitarbeiter sollen Kunden, Lieferanten oder Produktionsideen mitbringen. Auch das geht am einfachsten, wenn sie aus der eigenen Branche, am besten vom Wettbewerb kommen. Der soll durch die Abwerbung personell geschwächt werden, und vielleicht bringt der neue Mitarbeiter sogar ein paar Kunden mit.

Aber was macht ein Wettbewerber, dem solches widerfährt? Er schlägt zurück – er wirbt unsere Leute ab, übernimmt Teile unser Kunden, Lieferanten oder Produktikonsideen und unterbietet unsere Preise. Wir werden dadurch untereinander immer ähnlicher, und unsere Margen werden immer schlechter.

Abläufe kennen keine Branche

In fast jeder Produktion wird gelagert, gemahlen, erhitzt, gekühlt, gemischt, verpackt oder transportiert. In allen Organisationsbereichen gibt es immer wieder Arbeitsabläufe, die mit Kunden, Lieferanten, Produkten oder Mitarbeitern zusammenhängen. Im Vertrieb schließlich bestehen überall Kunden, Märkte, Marketing-Instrumente und Vertriebskonzepte. In einem Mischer z.B. kann man Zement oder Cornflakes mischen – es liegt in der Qualifikation des Mischerherstellers, dieses Problem zu lösen; im Vertrieb heißt es, die richtigen Kunden, Märkte oder Marktinstrumente auszuwählen, denn nutzen könnte man theoretisch alle.

Es ist also viel wichtiger, den Prozess allgemein branchenübergreifend zu betrachten, als den Fokus nur auf einen bestimmten Markt zu legen und nur die marktgängigen Instrumente einzusetzen.

Über den Tellerrand schauen

Eine Maxime, die jeder kennt, jeder als positiv bewertet und von der jeder sagt, dass er sie befolge. Aber befolgen wir diese Regel, wenn wir uns nur in unserer Branche entwickeln? Wer geht auf Messen, die gar nichts mit dem eigenen Markt zu tun haben? Wer besucht Länder, wo Menschen und Unternehmen andere Philosophien als die eigenen verfolgen? Wer arbeitet mit Beratern oder Mitarbeitern, die manchmal nicht nur aus einer anderen Branche, sondern sogar aus ganz anderen Unternehmensbereichen kommen?

Die klassische Ausrede „Das machen wir, wenn wir mal Zeit haben“ kommt hier zum Einsatz – und Zeit haben wir nie. Es gehört bei vielen Unternehmen einfach nicht zu den Prinzipien, fremde Märkte zur Entwicklung des eigenen Betriebes heranzuziehen. Aber nur wer Neues ausprobiert, schafft auch Neues. Über den Tellerrand schauen erweitert das Blickfeld auf das eigene Unternehmen und auf neue Märkte. Um Süßigkeiten im Baumarkt zu verkaufen, muss man Märkte kennen gelernt haben, in denen das funktioniert. Oder innovative Mitarbeiter haben, die das einfach mal ausprobieren.

Fazit: Das eine zu tun, heißt nicht, das andere zu lassen

Nun gibt es oft die Regel, dass das, was gemacht wird, auch ganz und gar gemacht wird. Man hat also nur branchenfremde Mitarbeiter und Berater oder nur welche aus dem eigenen Markt.

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Königskonzept ist ein Beratungs­unter­nehmen mit Schwer­punkt Ver­trieb und Or­gani­sation sowie lang­jähriger prak­tischer Er­fah­rung. Es gibt regel­mäßig zu Management­themen Fach­artikel heraus.


Helmut König, Mittelstr. 19, 35516 Münzenberg, Tel.: 06033-746634, koenig@koenigskonzept.de, www.koenigskonzept.de

Dabei bringt die Mischung erst das Salz in die Suppe. Es gibt z.B. viele erfolgreiche branchenübergreifende und viele erfolgreiche marktspezifische Fachbücher. Beide helfen einem Unternehmen und beide sind auch notwendig.

Genauso ist es mit Mitarbeitern und Beratern: Eine Mischung aus beiden hält den Vorsprung in der eigenen Branche und schafft Raum für neue Entwicklungsmöglichkeiten in bisher nicht gekannten Bereichen. Das ist nicht so bequem, das bringt Arbeit aber das bringt auch Erfolg. Die meisten Leute sind durch Arbeit reich geworden, wobei die, die es ohne Arbeit geschafft haben, häufiger in der Zeitung stehen. Aber das ist eine andere Geschichte …

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