Glück im Geschäft

Blinder Zufall ist oft präzise Wahrscheinlichkeit

Von Andreas Franken, Franken-Consulting

„Ein Glück, dass ich mein Glück nicht nur dem Glück zu verdanken habe.“ Diese Aussage könnte von einem erfolgreichen Unternehmer oder Manager stammen, der klug, hart und beharrlich für seinen Erfolg arbeitet. Von jemandem, der weiß, dass Glück nicht die alleinige Basis für Erfolg im Geschäftsleben sein kann. Aber welche „Zutaten“ ergeben den Erfolg, den jeder wünscht? Tatsächlich spielen Glück und Zufall eine wichtige Rolle – aber wo und wie sehr Fortuna überhaupt mitspielen darf, bestimmen Sie.

Wodurch sich Erfolg und Misserfolg im Business konkret erklären lassen, ist ein Lieblingsthema zahlreicher Autoren aus der „mystischen Ecke“. Positives Denken und Herbeiwünschen hat jedenfalls noch niemanden erfolgreich gemacht. Hier soll es daher nicht um Geraune und Aberglaube gehen, sondern um den nüchternen Umgang mit Wahrscheinlichkeiten.

Geschäftsmodelle aus dem Lehrbuch

In der Theorie gibt es einen „Idealweg“, der bei der Kreation von Geschäftsmodellen eingehalten werden sollte:

  1. Am Anfang, also vor der tatsächlichen Entstehung des Geschäftsmodells, steht die Inspiration, aus der sich die Geschäftsidee ergibt.
  2. Dann folgt die Markterkundung zur Sammlung relevanter Daten über das Marktumfeld, Wettbewerber, Trends, etc., die im Zuge von Analysen zu untersuchen und zu bewerten sind, damit man daraus Schlüsse zur Formulierung der zukünftigen Geschäftsstrategie ziehen kann.
  3. Strategie und Taktik sind zu formulieren und es ist ein Business Case anzufertigen, der verschiedene Geschäftsverläufe (Normal, Best und Worst Case) detailliert beschreibt und berechnet.
  4. Erst danach kann die ursprüngliche Geschäftsidee bewertet, endgültig formuliert und zum konkreten Geschäftsmodell werden.

Die Praxis zeigt aber oft komplett andere Vorgehensweisen. Bei manchen reicht die Geschäftsidee verbunden mit einem „Das machen wir jetzt einfach mal“ aus, um ein Geschäftsmodell oder ein spezielles Vorgehen im Unternehmen umzusetzen. Dieses Phänomen ist bei Einzelunternehmen ebenso anzutreffen wie in finanzstarken Konzernen. Ohne professionelle Konzeptionierung und Validierung werden in solchen Fällen Geld, Arbeitskraft und Zeit „nach Gefühl“ investiert. Und wenn es nicht funktioniert, heißt es: „Da haben wir halt Pech gehabt.“

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Andreas Franken ist als Unternehmensberater spezialisiert auf die Themen Strategie, Marketing und Vertrieb. Seine Berufserfahrung erstreckt sich über mehr als 30 Jahre, und er veröffentlicht regelmäßig Fachartikel zu Managementthemen. Zur eigenständigen Optimierung von Unternehmen bietet er seinen Neun-Punkte-Plan zum kostenlosen Download.


Andreas Franken, Franken-Consulting, Ortbeckstraße 5, 45894 Gelsenkirchen; Telefon 0209-3187586, Telefax 0209-3187581, af@franken-consulting.org, www.franken-consulting.org

Arbeiten wie ein Pokerspieler

Dass dies mit Glück oder Pech wenig zu tun hat, ist schnell erklärt. Betrachten wir Spiele wie Poker oder Backgammon, so erschließt sich jedem Beobachter schnell, dass man nicht viel Zeit benötigt, um die Spielregeln zu erlernen. Dennoch beherrschen nur wenige Spieler die Komplexität des jeweiligen Spiels.

Die Spieltheorie von Poker oder Backgammon basiert auf der Berechnung von Eintrittswahrscheinlichkeiten. Die prozentualen Chancen einer bestimmten Karte oder eines bestimmten Wurfs lassen sich exakt ausrechnen. Je nach der jeweiligen Spielsituation gibt es unterschiedliche Strategien und Taktiken, um bei einem Spiel den eigenen Gewinn entweder zu maximieren (wenn alles gut läuft und man Glück hat) oder die Verluste zu minimieren (wenn das Glück nicht auf der eigenen Seite ist). Mittel- bis langfristig setzt sich aber stets das bessere Spiel durch.

Der Vergleich lehrt, dass ein gutes bis sehr gutes Spielverständnis sowie weitreichende strategische und taktische Fähigkeiten, verbunden mit einer „gewissen Portion Glück“ einen Spielgewinn deutlich wahrscheinlicher machen als für jemanden ohne besondere Fähigkeiten, der sich nur auf sein Glück verlässt. Selbstverständlich kann ein blindes Huhn auch viele Spiele gewinnen, aber eben nicht dauerhaft. Das kommt daher, dass Glück für gewöhnlich nicht „anhänglich“ ist, sondern die Wahrscheinlichkeit mal hier- und mal dorthin fällt – nicht nur beim Gegner, sondern auch bei einem selbst.

Eine langfristige Zweidrittelchance

Stellen Sie sich bitte vor, ein Mensch, dem Sie vertrauen, schlägt Ihnen folgendes Spiel vor: Sie würfeln aus einem Becher mit einem Würfel. Wenn eine Eins oder Zwei fällt, dann gewinnt der Herausforderer, bei den anderen vier Zahlen gewinnen Sie. Bei jedem Wurf zahlt der Verlierer an den Gewinner einen Euro. Wäre das für Sie ein gewinnträchtiges Spiel?

Selbstverständlich. Denn Ihre Chancen sind mit zwei Dritteln doppelt so hoch wie die Ihres Herausforderers (ein Drittel), sodass Sie über den Abend verteilt höchstwahrscheinlich 66,7 % der Spiele gewinnen würden. Im Laufe von Wochen, Monaten und Jahren könnten Sie ein kleines Vermögen verdienen. Dies verdanken Sie schlicht und ergreifend einem Wettbewerbsvorteil, den Ihr Herausforderer offenbar nicht berücksichtigt hat. (Ehrlichkeit ist im Beispiel obligatorisch.)

Das beschriebene Würfelspiel ist allerdings anders als Poker und Backgammon ein reines Glücksspiel. Hätte jeder drei Zahlen, stünden die Chancen gleich, und ein Gewinn wäre pures Glück. Nur die ungleich verteilten Wahrscheinlichkeiten machen den Sieg für den Herausgeforderten auf lange Sicht sicher.

Spielkasinos realisieren auf diese Weise bereits bei minimalstem Vorteil riesige Gewinne. Ein Spieler, der an einem Abend viel gewonnen hat, wird mit einer Gratissuite etc. zum Weiterspielen verführt, denn auf lange Sicht gewinnt immer das Casino. Die rechnerischen Vorteile garantieren dies, auch wenn diese Gewissheit von den wenigsten Spielern erfasst wird.

Wer im Vorteil ist, wird gewinnen

Für ein Geschäftsmodell bedeutet dies, dass man im Business – wie der Poker- oder Backgammonspieler – ebenfalls nach einem Wettbewerbsvorteil suchen sollte, wenn man die Rahmenbedingungen zur Formulierung unserer Unternehmensstrategie untersucht. Zudem sollte man nicht nur die Regeln des Geschäftsumfelds kennen, sondern diverse überlegene Strategien und Taktiken entwickeln, die Vorteile den Mitbewerbern gegenüber verschaffen. Es geht darum, seine Chancen exakt zu berechnen und Szenarien mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit vorherzusagen.

Selbstverständlich spielt Glück immer eine Rolle. Aber es ist, wenn überhaupt, nur schwer beeinflussbar. Eine gute Positionierung hilft uns aber, unsere Erfolge zu maximieren, wenn das Glück auf unserer Seite ist, und unsere Verluste zu minimieren, wenn wir uns das Glück verlässt.

Gewinnen können und gewinnen wollen
Die Psychologie ist der Faktor, der im Geschäftsleben als „weich“ gehandelt wird. Auch hier ist durch Studien hinreichend belegt, dass das Können mit dem Wollen einhergehen muss, wenn man tatsächlich etwas erreichen möchte. Mit anderen Worten: Der Poker- oder Backgammonspieler muss gewinnen wollen und er muss sich mental darauf einstellen, denn sonst kann er nicht siegen.

Weitere Beispiele bietet der Sport zur Genüge. Man denke an die grandiosen Sequenzen der Tennislegende Boris Becker oder an den extremen Siegeswillen des FC Bayern München (Namensnennung ohne Rückschlüsse auf die Präferenzen des Autors ;-), dann wissen wir, dass man nicht nur gut spielen können, sondern auch gewinnen wollen muss.

Ebenso sehr hängt der Erfolg eines Unternehmens vom Einsatz der Akteure ab. Insbesondere weil Unternehmen einen „Mannschaftssport“ betreiben, ist es unverzichtbar, auch die psychologische Komponente der Unternehmensführung entsprechend zu bedienen.

Fazit: Strategien statt Gewohnheiten

Der Schluss daraus ist also das, was fast alle wissen, was aber dennoch die wenigsten beherzigen:

  • Erkunden Sie Ihr Umfeld immer wieder neu.
  • Entdecken Sie Ihre Chancen.
  • Planen Sie Ihre Schritte sorgfältig.
  • Verschaffen Sie sich Vorteile.
  • Formulieren Sie stets aktuelle Strategien und Taktiken.
  • Seien Sie in der Ausführung exzellent.
  • Minimieren Sie Ihre Verluste, wenn das Glück Sie verlässt.
  • Strengen Sie sich an und kämpfen Sie.
  • Machen Sie aus Ihren Mitarbeitern ein Siegerteam.
  • Arbeiten Sie gezielt an der Stimmung in Ihrem Unternehmen.

Eine Erkenntnis aus den Vergleichen mit Strategiespielen und Sport besteht aber auch darin, dass gerade die Themengebiete, auf denen wir uns sicher fühlen, große Potenziale für Verbesserungen bereithalten. Berufspokerspieler leben hervorragend von den vielen Laien, die sich allesamt nur oberflächlich mit dem Spiel auskennen und ihre persönlichen Niederlagen einfach ihrem Pech zuschreiben. Fast jeder glaubt, ein guter Autofahrer zu sein – so lange, bis er einmal bei einem wirklichen Rennfahrer mitgefahren ist. Und die meisten Manager halten sich für unanfechtbare Experten in ihren Berufen, obwohl die Optimierungspotenziale oft riesig sind. Wie steht’s bei Ihnen?

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