Mit Fragen führen

Dorthin lenken, wo die Lösung liegt

Von Sabine Prohaska, seminar consult prohaska

Führungskräfte können nicht die Coachs ihrer Mitarbeiter sein. Schließlich sind sie zugleich deren disziplinarische Vorgesetzte. Trotzdem geraten Führungskräfte immer häufiger in Situationen, in denen sie wie ein Coach agieren müssen. Denn je vernetzter die Strukturen in den Unternehmen sind, umso eigenständiger müssen die Mitarbeiter Probleme und Aufgaben lösen. Und ihre Führungskräfte? Sie müssen ihre Mitarbeiter, wie ein Coach, dabei unterstützen, die nötigen Kompetenzen zu entwickeln.

Zudem müssen sie ihnen bei scheinbar unüberwindbaren Hindernissen z.B. durch Fragen neue Perspektiven auf das „Problem“ eröffnen und sie auf einen gangbaren Lösungsweg setzen.

Drei zentrale Kategorien

Hierfür können Führungskräfte mehrere Arten von Fragen nutzen: problem-, ressourcen- und zielorientierte. Die Unterschiede sind wichtig und den professionellen Einsatz sollten Führungskräfte im Gespräch beherrschen, denn es macht einen qualitativen Unterschied, ob sie ihre Mitarbeiter fragen

  • „Wieso klappt das nicht?“ (problemorientiert) oder
  • „Wann hat die Sache schon mal geklappt? Was war damals anders?“ (ressourcenorientiert) oder
  • „Was möchten Sie erreichen? Wie könnte eine Lösung aussehen?“ (zielorientiert).
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Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien. Sie ist u.a. Autorin der Bücher „Erfolgreich im Training – Praxishandbuch“ und „Coaching in der Praxis: Tipps, Übungen und Methoden für unterschiedliche Coaching-Anlässe“. Auf der Webseite ihres Unternehmens können Interessierte ein kostenloses E-Book zum Thema Anker-Strategie anfordern.


seminar consult prohaska e.U., Märzstraße 55/13, A-1150 Wien, Tel. +43 664-3851767, prohaska@seminarconsult.at, www.seminarconsult.at

Problemorientierte Fragen

Mit dieser Kategorie Fragen können Führungskräfte die Ist-Situation erkunden. Beispiele für problemorientierte Fragen sind:

  • „Seit wann besteht das Problem?“
  • „Wer ist am Problem und dessen Entstehung beteiligt?“
  • „Wie geht es Ihnen in der aktuellen Situation?“

Problemorientierte Fragen sollte man jedoch sparsam einsetzen. Denn mit ihnen aktivieren sie beim Mitarbeiter vor allem Gedanken und (Hilflosigkeits-)Gefühle rund um die negativ erlebte Situation. Das macht es oft schwer, neue Lösungsansätze zu finden.

Ressourcenorientierte Fragen

Sie lenken den Blick auf die Stärken von Menschen und die Dinge, die bei der Bewältigung der Herausforderung hilfreich sein könnten. Beispiele für ressourcenorientierte Fragen sind:

  • „Was oder wer könnte Ihnen in dieser Angelegenheit behilflich sein?“
  • „Was könnten Sie tun, damit das Problem besser wird?“

Auch Fragen nach Ausnahmen zählen zu dieser Rubrik, etwa: „Beschreiben Sie eine Situation, in der das Problem nicht auftrat und was in ihr anders war?“ Oder: „… was Sie in ihr anders gemacht haben?“

Mit ressourcenorientierten Fragen können Führungskräfte die Kompetenz ihrer Mitarbeiter fördern, Probleme eigenständig zu analysieren und Lösungen zu entwerfen.

Zielorientierte Fragen

Diese Fragenkategorie lenkt die Aufmerksamkeit auf die gewünschte Zukunft. Hierzu zählen z.B. die folgenden Fragen:

  • „Was genau wollen Sie erreichen?“
  • „Wie sollte eine Lösung aussehen?“
  • „Bis wann wollen Sie Ihr Ziel erreichen?“

Führungskräfte, die als Coachs agieren, nutzen häufig auch folgende Fragen: „Woran erkennen Sie, dass Sie das Ziel erreicht haben?“ Und: „Was wird sich durch das Erreichen des Ziels verändern?“

Solche Fragen bewirken, dass der Mitarbeiter sich ausmalt, wie die Zukunft aussehen könnte. Dadurch erkennt er auch die Perspektiven, die sich ihm oder dem Unternehmen dadurch eröffnen. Zugleich werden Ressourcen und mögliche Hindernisse erkannt.

Techniken nach Szenario

Neben den bisher beschriebenen Fragenkategorien gibt es noch eine Reihe weiterer Fragetypen, die Führungskräfte kennen sollten. Jede Art Frage kann man aus einer der vorgenannten Blickrichtungen stellen, also problem-, ressourcen- und zielorientiert.

Skalierungsfragen

Skalierungsfragen sind ein Instrument, um (Miss-)Erfolge und Gefühle zu bewerten. Oft nutzen Führungskräfte z.B. in Zielvereinbarungsgesprächen oder Konfliktmoderationen eine Skala von 0 bis 10. Dabei stellt die Null die minimale und die Zehn die maximale Ausprägung dar.

Soll z.B. die Zufriedenheit mit dem Verlauf eines Projekts eingeschätzt werden, bedeutet der Wert 0 „absolut unzufrieden“ und der Wert 10 „absolut zufrieden“. Mithilfe der Skalierungsfrage „Wie würden Sie auf einer Skala von 0 bis 10 Ihre aktuelle Zufriedenheit mit dem Projektverlauf einschätzen?“ kann der Mitarbeiter eine entsprechende Beurteilung vornehmen.

Dissoziierende Fragen

Dissoziieren heißt: vom Problem Abstand nehmen, es also z.B. aus der Vogelperspektive betrachten. Dissoziierende Fragen sind „Was meint Ihr Kollege in der Fachabteilung XY zu Ihrem Problem?“ und „Was würde Ihnen Ihr Kunde YZ in dieser Situation raten?“.

Mitarbeiter wissen nämlich oft nicht, wie viel sie wissen. Wenn sie jedoch aus der Außenperspektive auf ein Problem blicken, sehen sie oft neue Aspekte und Lösungsansätze.

Hypothetische Fragen

Sieht ein Mitarbeiter keine Lösungsmöglichkeiten mehr, können auch hypothetische Fragen helfen. Ein typisches Beispiel: „Angenommen das Problem wäre gelöst, was hätten Sie dann wahrscheinlich getan?“ oder „… was wäre dann anders?“

Hypothetische Fragen bieten dem Mitarbeiter ein Lösungsszenario an, das er, indem er es beschreibt, erlebt. Aus den Antworten kann man Schritte zur Zielerreichung ableiten.

Paradoxe Fragen

Paradoxe Fragen zielen (scheinbar) auf eine Verstärkung des Problems ab. Ein Beispiel: „Was müssten Sie tun, um das Projekt endgültig an die Wand zu fahren?“ oder „… dass die Geschäftsführung sie entlässt?“ Diese Fragetechnik eignet sich besonders bei Mitarbeitern, die in ihren Problemen sehr gefangen sind. Denn paradoxe Fragen provozieren den Mitarbeiter und lösen oft erhellende Reaktionen aus.

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