Personalauswahl für Führungspositionen: Wie Personaler Fehl­besetzungen vermeiden

Wenn Unter­nehmen Schlüssel­positionen neu besetzen, kommt es vor, dass sie nach einiger Zeit merken, dass ihre Wahl doch keine gute Wahl war. Also trennen sich die Wege wieder. Das ist nicht nur teuer, sondern ver­zögert oft auch wichtige Ent­scheidungen. Dagegen gibt es jedoch ein paar bewährte Mittel.

Herausfinden, wen das Unternehmen braucht

Von Christina Seitter, Managementberatung Müllerschön

Wenn sich der neue Inhaber einer Schlüsselposition als Flop erweist, dann entstehen dem Unternehmen hohe Kosten. Alle Ausgaben für die Personalsuche und -auswahl waren dann für die Katz’. Noch schwerer wiegen jedoch die Folgekosten: Wo eine Schlüsselposition längere Zeit verwaist bleibt, werden meist auch Entscheidungen zu spät getroffen und umgesetzt.

Acht Tipps zur strukturierten Personalauswahl

Fast alle Personalverantwortlichen haben sich schon einmal eingestehen müssen, dass sie auf den falschen Kandidaten gesetzt haben. Manchmal war keine bessere Alternative im Rennen, allzu oft war aber das Verfahren nicht zielstrebig genug darauf ausgerichtet, die Besetzung zu finden, die sich im Unternehmen bewährt. Die folgenden Tipps können helfen, Flops bei der Personalauswahl zu vermeiden.

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Die Personalauswahl-Expertin Christina Seitter arbeitet als Trainerin und Beraterin für die mehrfach ausgezeichnete Managementberatung Müllerschön. Sie ist auf die Themenfeld Personalauswahl und -entwicklung, Selbst- und Stressmanagement spezialisiert: „Als erfahrene systemische Beraterin und Trainerin unterstütze ich Menschen und Organisationen dabei, notwendige Entwicklungen/Veränderungen individuell, wirksam und nachhaltig zu gestalten.“


Managementberatung Müllerschön, Kirchsteige 6, 72393 Starzeln, Tel.: 07477-1511-05, Fax: 07477-1511-06, info@muellerschoen-beratung.de, www.muellerschoen-beratung.de

Nicht nur auf die Fachkompetenz achten

Oft achten Unternehmen bei der Auswahl neuer Mitarbeiter fast ausschließlich auf deren fachliche Qualifikation. Denn diese lässt sich relativ leicht bewerten. Anders ist dies bei „weichen“ Faktoren und Fragen wie diesen: Findet der Bewerber einen Draht zu den Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten des Unternehmens? Hat er ein Gespür für die Notwendigkeiten in der Organisation? Dies herauszufinden, erfordert Zeit und Energie. Doch die Mühe lohnt sich, wenn man an die Kosten einer Fehlbesetzung bedenkt.

Investieren Sie als Personalverantwortlicher also ausreichend Zeit in die Auswahl. Dieser Prozess beginnt beim Formulieren der Anforderungen. „Ist doch klar, was ein Vertriebsleiter können muss!“ ist kein guter Start. Überlegen Sie vielmehr: „Was muss der Vertriebsleiter in unserem Betrieb konkret leisten?“ Der Vertriebsleiter eines Konzerns muss andere Kompetenzen mitbringen als sein Kollege bei einem Mittelständler.

Ein detailliertes Anforderungsprofil erstellen

Ermitteln Sie im Vorfeld genau, welche Anforderungen der Bewerber erfüllen muss – zum Beispiel, indem Sie den bisherigen Stelleninhaber befragen. Fragen Sie sich auch: Wodurch unterscheidet sich der Wunschkandidat von einem Anwärter, den Sie keinesfalls einstellen möchten? Delegiert die Traumbesetzung zum Beispiel viele Aufgaben, während der andere das meiste selbst erledigt? Hat der eine Spaß am Kundenkontakt, während sich der andere vor persönlichen Gesprächen drückt? – Auf diese Weise können Sie die sozialen, kommunikativen und persönlichen Eigenschaften ermitteln, die der „Neue“ braucht. Berücksichtigen Sie bei der Formulierung des Anforderungsprofils auch künftige Aufgaben. Denn Ihr Unternehmen möchte sich ja entwickeln.

Einem klaren Gesprächsleitfaden folgen

Leiten Sie aus dem Anforderungsprofil einen strukturierten und weitgehend standardisierten Interviewleitfaden ab – für alle Auswahlgespräche. Damit stellen Sie sicher, dass Sie am Schluss die Bewerberprofile gut vergleichen können, weil alle dieselben Kernfragen beantwortet haben. Außerdem tappen Sie seltener in die Falle, dass ein rhetorisch fitter Bewerber das Gespräch führt und Sie danach feststellen: „Verflucht, das habe ich nicht gefragt!“

Den Bewerbern Aufgaben geben

Stellen Sie den Bewerbern zudem Aufgaben, die typisch für Ihr Unternehmen oder die vakante Position sind. Ein Beispiel: „Stellen Sie sich vor, nächste Woche ist eine wichtige Messe, Ihr Exponat ist aber noch nicht fertig. Was würden Sie tun?“ Durch solche Fragen erfahren Sie, wie die Bewerber Problemstellungen konkret lösen würden.

Stellen Sie den Bewerbern zudem aktuelle Aufgaben, vor denen das Unternehmen tatsächlich steht. Zum Beispiel: „Wir möchten ein neues CRM-System einführen. Wie würden Sie das angehen?“ So wird meist schnell klar, ob der Bewerber der Richtige ist.

Die Gesprächsführung trainieren

Untrainierte Führungskräfte erzählen in Personalauswahlgesprächen oft mehr über sich und ihr Unternehmen, als dass sie fragen. Außerdem stellen sie den Bewerbern viele Fragen, die diese mit ja oder nein beantworten können, sodass sie selbst wenig erfahren. Da hilft nur eins: Ungeübte Interviewer müssen die Gesprächsführung trainieren.

Das Gespräch nicht alleine führen

Ziehen Sie zu den Gesprächen mindestens einen Kollegen hinzu. Denn dann kann die Person, die gerade nicht das Gespräch führt, auf die nonverbalen Aussagen des Bewerbers achten, die oft aussagekräftiger als die verbalen sind, und sich Stichworte notieren. Sonst weiß nach dem fünften Interview niemand mehr, was der erste Bewerber gesagt hat.

Die Gespräche nachbereiten

Wichtig ist auch eine sorgfältige Nachbereitung. Ergänzen Sie nach jedem Gespräch Ihre Notizen. Und stellen Sie nach Ende der Auswahlgespräche die Ergebnisse so zusammen, dass Sie die Bewerberprofile gut mit dem Anforderungsprofil vergleichen können. Erstellen Sie vor Ihrer Auswahlentscheidung ein Ranking der besten Bewerber. Dann haben Sie Alternativen parat, wenn Ihr Wunschkandidat absagt.

Auf Verstand und Bauchgefühl vertrauen

Sprechen Sie, wenn Sie das Ranking erstellen, mit Ihren Kollegen auch darüber, warum Sie beim Bewerber A, obwohl er formal alle Kriterien erfüllt, „eher ein schlechtes Gefühl“ haben; warum Sie beim Bewerber B den Eindruck haben, er könne der bessere Mitarbeiter sein, obwohl er einzelne Anforderungen nicht ganz erfüllt. Denn in den Auswahlgesprächen versucht natürlich jeder Bewerber, sich möglichst gut zu verkaufen. Das heißt: Er gibt Ihnen geschönte Antworten. Hören Sie deshalb auch auf Ihren Bauch, wenn er Sie warnen will („Dieser Bewerber ist es trotz aller Vorzüge nicht!“), – jedoch nie, ohne sich zuvor zu fragen: „Warum sträuben sich mir bei ihm die Nackenhaare?“ Sonst ist die Gefahr groß, dass Sie rein nach Sympathie entscheiden – was zu den meisten Fehlbesetzungen führt.

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