Psychisch überlastete Mitarbeiter: Was zu tun ist, bevor Mitar­beiter zusammen­brechen

Wegschauen – das ist meist die schlech­teste Lösung, wenn An­zeichen dafür sprechen, dass ein Mit­arbeiter über­lastet oder psychisch er­krankt ist. Dann sollten Füh­rungs­kräfte ihr Herz in die Hand nehmen und aktiv werden. Das braucht etwas Mut, ist am Ende aber für alle Be­tei­lig­ten das einzig Richtige.

Nicht wegschauen. Hinschauen!

Von Christina Seitter, Managementberatung Müllerschön

Viele Studien belegen eine Zunahme bei psychischen Belastungen und Erkrankungen von Mitarbeitern. Trotzdem ist dieses Thema im Betriebsalltag vieler Unternehmen noch weitgehend tabu. Und die Führungskräfte? Sie schauen oft lieber weg, wenn sie bei einem Mitarbeiter Verhaltungsänderungen registrieren – unter anderem, weil sie oft unsicher sind:

  • Trete ich dem Mitarbeiter zu nahe, wenn ich ihn darauf anspreche? Oder empfindet er es gar als eine Einmischung in sein Privatleben?
  • Verschlimmert sich die Situation eventuell sogar noch, wenn ich sie thematisiere?

Diese Fragen zu beantworten, ist für Führungskräfte nicht leicht. Denn ihre Wahrnehmung ist stets subjektiv. Was für den einen normal ist, ist für den anderen auffällig. Trotzdem ist und bleibt es Ihre Aufgabe als Führungskraft, dauerhafte Verhaltensänderungen bei den Mitarbeitern nicht nur zu erkennen, sondern darauf auch adäquat zu reagieren – zumindest wenn die Entwicklung negative Auswirkungen auf die Arbeit hat. Das setzt allerdings voraus, dass Sie in einem regelmäßigen Kontakt mit den Mitarbeitern stehen.

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Die Personalauswahl-Expertin Christina Seitter arbeitet als Trainerin und Beraterin für die mehrfach ausgezeichnete Managementberatung Müllerschön. Sie ist auf die Themenfeld Personalauswahl und -entwicklung, Selbst- und Stressmanagement spezialisiert: „Als erfahrene systemische Beraterin und Trainerin unterstütze ich Menschen und Organisationen dabei, notwendige Entwicklungen/Veränderungen individuell, wirksam und nachhaltig zu gestalten.“


Managementberatung Müllerschön, Kirchsteige 6, 72393 Starzeln, Tel.: 07477-1511-05, Fax: 07477-1511-06, info@muellerschoen-beratung.de, www.muellerschoen-beratung.de

Woran Sie belastete Mitarbeiter erkennen

Indizien für eine starke psychische Belastung oder gar Erkrankung eines Mitarbeiters können sein:

  • Die Fehlzeiten steigen.
  • Der Mitarbeiter reagiert schnell gereizt und wirkt ausgelaugt.
  • Das Erledigen der Alltagsaufgaben dauert merklich länger.
  • Der Mitarbeiter macht vermehrt Konzentrations- und Leichtsinnsfehler.
  • Er zieht sich sozial zurück.

Aktiv werden und ansprechen

Wenn Sie solche Veränderungen feststellen, geht es nicht darum, dass Sie eine medizinische oder psychologische Diagnose stellen. Es ist jedoch Ihre Aufgabe, die Situation nicht zu ignorieren, sondern anzusprechen.

Die nachvollziehbare Sorge, dass es hierdurch noch schlimmer werden könnte, ist meist unbegründet – sofern bei Ihnen auch ein echtes persönliches Interesse am Wohlbefinden der Person vorhanden ist. Dann erlebt der Betroffene Ihr Aktivwerden als Ausdruck persönlicher Wertschätzung und Angebot einer Unterstützung – bei Bedarf. Je früher eventuelle psychische Überlastungen und sich anbahnende Erkrankungen erkannt werden und je früher ihnen präventiv entgegengewirkt wird, umso besser ist dies für den Mitarbeiter und das Team. Denn auch dieses leidet darunter, dass ein Kollege offensichtlich leidet.

Die vier Schritte im Umgang mit belasteten Mitarbeitern

Schritt 1: Wahrnehmen der Veränderung

  • Um Veränderungen zu erkennen, bedarf es eines regelmäßigen Kontakts mit den Mitarbeitern.
  • Keinesfalls sollten anhaltende (Verhaltens-)Veränderungen eines Mitarbeiters ignoriert oder gar mit Kollegen hinter dem Rücken des Betroffenen besprochen werden.

Schritt 2: Ansprechen der Beobachtungen

  • Suchen Sie mit dem Mitarbeiter das Vier-Augen-Gespräch.
  • Sprechen Sie Ihre Beobachtungen in konkreten Situationen an.
  • Vermeiden Sie eigene Interpretationen und Beurteilungen der Situation.
  • Sollte der Mitarbeiter abwiegeln bzw. Ihre Beobachtungen nicht teilen, nötigen Sie ihn nicht, Ihre Einschätzung zu teilen.
  • Bieten Sie dem Mitarbeiter Unterstützung an.

Schritt 3: (Veränderungs-)Initiative ergreifen

  • Fragen Sie den Mitarbeiter, ob und, wenn ja, welche Unterstützung er sich von Ihnen, seinen Kollegen, dem Unternehmen wünscht.
  • Sichern Sie ihm Ihre aktive Unterstützung zu. Vereinbaren Sie mit ihm gegebenenfalls konkrete Maßnahmen.
  • Sollten sich Ihre Beobachtungen nach dem Gespräch nicht ändern, sondern sich eventuell sogar verschärfen, führen Sie mit dem Mitarbeiter erneut ein Gespräch, in dem Sie sein Verhalten thematisieren.
  • Beleuchten Sie mit dem Mitarbeiter betriebliche und im günstigsten Fall auch dessen private Ressourcen.

Schritt 4: Leitungsfunktion wahrnehmen

  • Führen mehrere Gespräche mit dem Mitarbeiter nicht zu einer Verbesserung, sollten Sie dazu übergehen, Ihre Erwartungen zu formulieren (zum Beispiel die Inanspruchnahme stützender Maßnahmen).
  • Beziehen Sie (außer-)betriebliche Helfer ein.

Führungskräfte in der Mitverantwortung

Offen und frühzeitig miteinander zu kommunizieren und gemeinsam Lösungen zu suchen, wie die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt werden kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer guten Lösung für alle Beteiligten. Also sollten Sie als Führungskraft initiativ/aktiv werden. Denn letztlich geht es darum, dass ein fähiger und bewährter Mitarbeiter Ihrem Betrieb erhalten bleibt.

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