NeRZ: Was NeRZ für kleinere Rechen­zentren leisten soll

Effizientere Küh­lung und neue Server lassen den Energie­verbrauch in den Rechen­zentren sinken, vor allem bei großen und bei neuen Anlagen. An vielen klein­eren Unter­nehmen geht diese po­si­tive Ent­wick­lung aber vor­bei. Da­gegen will das BMWi-geför­derte Netz­werk energie­effiziente Rechen­zentren etwas tun.

Netzwerk energieeffiziente (mittelständische) Rechenzentren

Von Ariane Rüdiger

Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) deutscher Rechenzentren sinkt langsam aber stetig – im Durchschnitt liegt er derzeit um 1,8, es wird also noch immer doppelt so viel Energie dafür verbraucht, die IT zu kühlen und zu klimatisieren, wie benötigt wird, um tatsächlich zu rechnen. Zum Trend nach unten beim PUE tragen große und neu gebaute Rechenzentren weit mehr bei als mittelständische Anlagen. Ein Grund dafür: Viele Effizienztechnologien und -produkte sind in Dimensionierung und Preis noch nicht auf den Bedarf von Mittelständlern zugeschnitten. Zudem fehlen das Wissen und die Bereitschaft, es mit Technologien mit höherem Effizienzpotenzial zu versuchen – beispielsweise mit der Flüssigkühlung, heute eine Domäne von Forschungs- und einigen Großrechenzentren.

Gleichzeitig investiert aber gerade diese Gruppe der mittleren RZ-Anlagen derzeit mehr in eigene Hardware als alle anderen, wie erste auf der Kongressmesse Future Thinking bekannt gegebene Resultate einer aktuellen Umfrage unter deutschen RZ-Betreibern gezeigt haben. Genaue Zahlen will Dr. Ralph Hintemann, Senior Researcher am Berliner Borderstep-Institut, noch nicht diskutieren. Der Wissenschaftler erforscht seit Jahren die deutsche RZ-Landschaft unter anderem auf ihre Umweltwirkungen. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass im Mittelstand durchaus auch Budget für Investitionen in sinnvolle Effizienztechnologien vorhanden ist, wenn nur Konditionen und Technologien überzeugen und der Anbieter den Eindruck macht, dass er die mittelständische Klientel ernst nimmt.

Zudem werden derzeit von den meisten Anbietern die verschiedenen Bereiche – Heizen, Kühlen, Abwärmeweiterverwendung, Energieerzeugung, IT-Betrieb – in der Regel noch nicht ausreichend zusammengedacht. Stattdessen werkelt jeder Spezialist auf seinem Gebiet vor sich hin. Dabei erfordern durchgreifende thermodynamische Spareffekte unabdingbar, dass IT- und die verschiedenen Sektoren des Facility-Managements kooperieren und sich gemeinsam neue, gesamtheitlich konzipierte Lösungen ausdenken.

Förderung durch die Mittelstandsinitiative

Um das zu befördern und ganz nebenbei die Position deutscher Anbieter auf dem Markt zu verbessern, wurde nun das Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren (NeRZ) gegründet. Diese Gruppe aus acht mittelständischen Technologieunternehmen erhält für die nächsten drei Jahre Fördermittel in mittlerer sechsstelliger Höhe für die Netzwerkarbeit. Das Geld kommt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dort aus dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM): Im ersten Jahr müssen die Netzwerkbeteiligten gemeinsam nur 10 % der Netzwerkkosten aufbringen, im folgenden 50 %, dann 30 %. Mit dem Ablauf des dritten Jahrs soll das Projekt zum finanziellen Selbstläufer werden.

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Dr. Ralph Hintemann ist Senior Researcher beim Borderstep-Institut und Netzwerkmanager des Netzwerks energieeffiziente Rechenzentren. (Bild: Ariane Rüdiger)

Bislang gehören der Gruppierung folgende Unternehmen an: die Thomas-Krenn.AG, die jüngst mit einer wassergekühlte Lösung, die auch zu kleineren und mittleren Rechenzentren, ja, sogar für Büros passt, hervorgetreten ist; die Howatherm Klimatechnik GmbH, Anbieter einer innovativen Lösung für die Luftkühlung; die InvenSor GmbH, ein Spezialist für Adsorptionskältemaschinen bzw. Wärmepumpen; der Mess- und Regeltechnikintegrator Tobol GmbH; der Rechenzentrumsbauer e³Computing GmbH (eCube); die in Forschung und RZ-Beratung aktive dc-ce RZ-Beratung GmbH & Co. KG; die Energieeffizienzberatung geff GmbH und der Cloud-Anbieter Windcloud, der bei seinen Anlagen Wert auf direkte Nähe zu Windparks legt. Als Netzwerkmanager fungiert Hintemann. „Wir brauchen dringend mehr Kooperation“, meint er. Die erste Aktivität des Verbunds war die oben erwähnte Umfrage.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Neue Mitglieder grundsätzlich willkommen

Weiter plant das Netzwerk bei der Umsetzung seiner Ziele – nämlich mehr Effizienz auch in mittelständischen Rechenzentren – zunächst Aufklärungs- und Informationskampagnen zu Effizienzthemen. Hierbei dürfte ein wichtiger Aspekt sein, den Anwendern die Angst vor Wasser als Kühlmedium zu nehmen; an sich ist Wasser weit leitfähiger als Luft. Zudem sind in etwas späteren Projektphasen gemeinsame Vorhaben und Produkte geplant. Entstehen sollen bezahlbare Effizienztechnologien fürs Rechenzentrum, entwickelt durch die Gruppenmitglieder. Erste Projekte peilt die Gruppe schon für Ende 2018 an. Genaueres ist aber noch nicht bekannt, doch ist es durchaus vorstellbar, dass sich Technologien wie Luftkühlung, Adsorptionskühlung und Wasserkühlung in konkreten Projekten ergänzen können und dass man versuchen wird, das an praktischen Beispielen zu demonstrieren.

Natürlich sind die genannten Unternehmen nicht die einzigen, die sich in Deutschland mit RZ-Effizienztechnologien beschäftigen. Deshalb ist das Netzwerk auch grundsätzlich offen für weitere Akteure. Allerdings kann man der Gruppe nicht einfach beitreten. Vielmehr soll jedes Unternehmen gründlich beschnuppert werden. „Wir werden, wenn wir gemeinsam Lösungen entwickeln, natürlich auch Informationen teilen, die man nicht so ohne Weiteres nach außen gibt. Deshalb ist es wichtig, dass neue Gruppenteilnehmer gut zu den bisherigen passen“, erklärt Hintemann. „Dann freuen wir uns über neue Mitspieler.“ Aktuelle Informationen und eine Kontaktadresse findet man derzeit auf der Website des Borderstep-Instituts.

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