Oktoberfest-Mobilfunk, Teil 1: Wer den Mobilfunk fürs Oktoberfest baut

Für rund 6 Mio. Oktoberfestbesucher errichten die Netzbetreiber auf der Münchener Theresienwiese alljährlich den größten deutschen Mobilfunk-Hotspot. Nach Netzwerkplanung, Aufbau und Ausrichtung folgt die Qualitätskontrolle. Ein Praxistest zeigt, welcher Betreiber auf der Wiesn das beste Netz bietet.

Zwölf Masten für sechzehn Tage

Von Dr. Harald Karcher

Wer etwas über die Architektur und Optimierung von Funk-Hotspots lernen möchte, egal ob mit Mobilfunk oder WLAN, dürfte kaum ein anspruchsvolleres Beispiel als das Oktoberfest in München finden: 6 Mio. Besucher sind eine Herausforderung für jeden Hotspot-Netzbetreiber. So viel drahtloser Datenverkehr auf kleinster Fläche lässt sich kaum irgendwo sonst finden.

Rasantes Datenwachstum

In der Folge von sozialen Netzwerken, Business-Apps, vielfältigen Datendiensten und immer fähigeren Endgeräten wächst der mobile Datendownload rasant – und der mobile Upload noch rasanter. Denn immer mehr Menschen wollen nicht nur passiv konsumieren, sondern das Erlebte oder Erarbeitete auch mit anderen teilen, sprich: Fotos, Videos, Posts und PowerPoints ins Internet hochladen.

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Die Mobilfunkbetreiber versorgen jene Gebiete der Wiesn mit zu­sätzlichen Antennen, in denen die Besucher verstärkt Sprach- und Daten­dienste nutzen. Im Hinter­grund sieht man das Riesen­rad am Süd­ende der Theresien­wiese, im Vorder­grund einen der kleineren Mobil­funk­masten am Standort Wiesn-Süd-West. (Bild: Harald Karcher)

Dieses veränderte Verhalten spüren alle Mobilfunk­betreiber in ihren Netzen ganz massiv, gerade bei großen Events. Das zeigt auch ein Blick auf die Vorjahre. Hartmut Kremling, CTO bei Vodafone Deutschland, erinnert sich:

„Auf dem Oktoberfest 2012 in München hatten wir 3,5-mal so viel Datenverkehr wie nur ein Jahr zuvor, weil z.B. immer mehr Videos gesendet werden. Die haben natürlich noch größere Datenmengen als Bilder, von denen auch immer mehr verschickt werden. Wir erleben gerade, dass das Internet wirklich mobil wird, und darüber freue ich mich. Das ist eine große Herausforderung für uns, und auf dem Oktoberfest zeigen wir beispielhaft, wie wir diese mit einem starken Netzausbau mit zusätzlichen Kapazitäten meistern.“

Generalunternehmer Telekom

Federführend für alle vier Mobilfunkbetreiber baute in den letzten Jahren jeweils die Deutsche Telekom im Vorfeld der Wiesn acht Mobilfunkmasten auf dem Festgelände auf. An den bis zu 15 m hohen Masten waren bislang je nach Bedarf bis zu vier Antennenkränze für die Mobilfunkstandards GSM und UMTS montiert, um alle Handy-Typen zu versorgen. Ab 2012 kamen die ersten LTE-Antennen dazu. Im September 2013 sahen wir erstmals auch einen „fünfstöckigen“ Masten.

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Alle Jahre wieder werden auf der Theresien­wiese acht bis zwölf temporäre Mobil­funk­standorte für über 6 Mio. Oktober­fest­besucher aufgebaut. In der Regel teilen sich jeweils zwei bis drei Netz­betreiber ca. drei bis fünf Antennen­kränze in zehn bis 15 m Höhe über dem Boden. Im Bild sieht man den Masten Wiesn-Süd zwischen Kufflers Wein­zelt und Käfers Schänke. Er strahlt in alle Himmels­richtungen auf das Festgelände. (Bild: Harald Karcher)

Damit baut die Telekom jedes Jahr die größte Mobilfunk­sonderversorgung in ganz Deutschland auf. Der Mega-Hotspot für 6 Mio. Besucher könnte eine mittelgroße Stadt wie Augsburg problemlos versorgen. „Dabei orientieren wir uns bei der Planung der Antennen­zahl, der Ausrichtung und der Kapazitäten immer am Bedarf der Kunden und an den Erfahrungswerten, die wir hierzu in den letzten Jahren gesammelt haben“, sagte ein Telekom-Sprecher.

Netzplanung nach Vorjahreswerten

Aus den Erfahrungen des Vorjahres wissen die Netzplaner, wie sie die Antennen ausrichten müssen und wo sie mehr Kapazitäten brauchen. So werden z.B. an einem einzigen Wiesnsamstag laut Telekom allein in deren Netz weit mehr als eine halbe Million Telefongespräche geführt und rund 300.000 SMS verschickt. Die dichtesten Punkte seien in der Wirtsgasse, bei den Eingängen und in den Festzelten zu messen.

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Serie: Oktoberfest-Mobilfunk
Teil 1 will wissen, wie die Mobil­funk­netze auf dem größten Volks­fest der Welt ausgelegt sind. Teil 2 blickt den Monteuren beim Antennen­bau über die Schulter und interessiert sich für die An­bindung an den Rest der Welt. Teil 3 sieht sich die Netz­planung genauer an: Für die Hoch­leistungs­versorgung der Wiesn wird ein künstliches Funk­loch geschaffen. Teil 4 hat nachgemessen, was die einzelnen Netze tatsächlich leisten: Insgesamt am besten schlug sich 2013 das LTE-Huawei-Netz von o₂.

Das „italienische Wochenende“ zur Wiesnhalbzeit finde auch im Mobilfunknetz statt: Ungefähr ein Drittel der zu Spitzenzeiten im Netz eingebuchten Handy-Nutzer führt erfahrungsgemäß an diesem zweiten Festwochenende Auslandsgespräche. Diese Spitzen wollen eingeplant sein, sonst kollabieren die Netze.

Oberhalb der Flatrate-Grenzen bringen Auslandsgespräche und SMS-Nachrichten den Mobilfunkanbietern erhöhte Umsätze. Kein Provider kann es sich leisten, seine Kunden auf dem Oktoberfest mit einem schlechten Service zu enttäuschen, denn hier wird der Mobilfunk auch zum Verabreden benötigt, vom privaten Flirten und Anbandeln via Handy bis hin zu Business-Terminen mit Besuchern aus aller Welt, die man ebenfalls gerne auf die Wiesn verlegt.

Wie ein solcher Antennenmasten aufgebaut, aufgeteilt und angebunden ist, sieht sich Teil 2 dieser Serie an.

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