Computerspiele und die Rezession

Wer spart, spielt zu Hause

Von Stefan Heng, Deutsche Bank Research

Die Games-Branche ist längst ein weltweit ernst zu nehmender Wirtschaftsfaktor: Mit Spielen wurden zuletzt weltweit 30 Mrd. Euro umgesetzt, bis 2012 dürften es 52 Mrd. Euro sein. Bei den Komponentenmärkten stehen dabei die Konsolen-Games mit deutlichem Abstand vor den Online-Games, den mobilen Games und den Offline-PC-Games. Auch in Deutschland ist die Dynamik im Markt beachtlich. So sorgten die deutschen E-Spieler 2007 für einen Umsatz von 1,6 Mrd. Euro; bis 2012 dürfte dann die 2-Mrd.-Euro-Marke übersprungen werden.

Man sollte erwarten, dass die aktuelle Rezession eine Branche schwer trifft, die ihre Produkte hart am Kunden halten muss, weil sie sich – anders als etwa Kino und TV – weit weniger durch Werbeerlöse finanzieren kann. Tatsächlich wirkt die Krise über die Veränderungen bei den Finanzierungsbedingungen, den Werbeetats und dem Freizeitverhalten auf die Games-Branche; allerdings unterschiedlich stark und sogar in gegenläufiger Richtung.

Gewagtes wird schwieriger

So engt die Rezession über die sich erschwerenden Finanzierungsbedingungen und in kleinerem Umfang über die schrumpfenden Werbeeinnahmen das Potenzial der Branche ein: Denn zum einen wird bei knapper Ausstattung mit Fremd- und Eigenkapital in der Rezession die Finanzierung von betriebswirtschaftlich riskanten, innovativen Projekten schwieriger. Damit dürften die Investitionen und auch die Innovationen im Software- und Hardwarebereich zurückgehen.

Die geringere Zahl an Neuerungen wiederum reduziert die Attraktivität der Produkte und dämpft das Umsatzwachstum der Games-Branche. Zum anderen schrumpfen in der Rezession die Etats der Werbetreibenden schrumpfen. Auch wenn die Werbung nur einen kleinen Teil zum Umsatz der Branche beiträgt, engt dieser Effekt den wirtschaftlichen Handlungsspielraum der E-Games-Anbieter dennoch zusätzlich ein.

Serie: Computerspiele
Teil 1 skizziert die Bedingungen der Branche und wagt sich an eine erste Systematik. Teil 2 betrachtet die einzelnen Genres näher und wendet sich dann den Anbietern zu. Teil 3 wartet mit Zahlen zum Markt auf und erläutert unterschiedliche Erlösmodelle. Teil 4 behandelt den Wandel der Branche und nennt die treibenden Kräfte dafür. In einem Extrabeitrag untersucht Stefan Heng die Auswirkungen der Krise auf die Games-Branche. Ein Seitenblick geht außerdem auf das Berufsbild Game-Designer.

Geld für die Gold-Edition

Demgegenüber kann die Rezession aber auch das Potenzial der Games-Branche erweitern. Der Hebel hierfür liegt beim veränderten Freizeitverhalten der privaten Verbraucher: Plausibel erscheint, dass Verbraucher, die in der Rezession ihren Konsum einschränken, zunächst auf außerhäusige kostspielige Aktionen, wie Restaurant-, Kino- oder Theaterbesuch verzichten und stattdessen tendenziell mehr Zeit zu Hause verbringen. Ein Teil des eingesparten Budgets dürfte dann allerdings in das heimische Unterhaltungsangebot und damit auch in die Games-Branche fließen.

Das sich in der Rezession ändernde Freizeitverhalten eröffnet dem Absatz der Games-Branche daher neue Potenziale.

Differenziertes Wachstum

Im Endeffekt dürfte die aktuelle Rezession das Wachstumspotenzial der Branche schlimmstenfalls leicht einengen. Somit sollte der Weltmarkt bis 2012 um durchschnittlich +12 % p.a. auf gut 52 Mrd. Euro wachsen. Im gleichen Zeitraum dürfte die asiatisch-pazifische Region weiterhin kräftig wachsen und einen Weltmarktanteil von knapp zwei Fünftel erreichen; während Nordamerika bei einem Weltmarktanteil von 30 % verharrt. Bei den Komponenten dürften speziell die mobilen Games besonders rasant wachsen, während die Offline-PC-Games stagnieren.

Abseits von der globalen Ebene dürfte der deutsche Markt im selben Zeitraum um +6 % auf 2,1 Mrd. Euro und damit halb so schnell wie der Weltmarkt wachsen. Anders als im weltweiten Vergleich sind in Deutschland die Online-Games der wachstumsstärkste Markt. Hinsichtlich ihrer Dynamik kommen die mobilen Games nur auf den zweiten Platz, gefolgt von Konsolen-Games und den auch hierzulande stagnierenden Offline-PC-Games.

Fazit: Begründeter Optimismus

Die aktuelle Rezession stellt die Games-Branche durchaus vor Herausforderungen, sollte allerdings die insgesamt positive Entwicklung letztlich nicht wesentlich behindern. So dürften 2012 weltweit 52 Mrd. Euro mit Games umgesetzt werden, nachdem es 2007 erst 30 Mrd. Euro waren. Allein die deutschen E-Spieler sorgten 2007 für einen Umsatz von 1,6 Mrd. Euro; bis 2012 dürften es dann 2 Mrd. Euro werden.

Nützliche Links

Diesen Beitrag gibt es im Volltext bei DB Research als PDF zum Download (auch in englischer Sprache).