Internes Change Management

Eigene Mitarbeiter sind die besseren Ratgeber

Von Hubert Hölzl, Hölzl & Partner

Die Märkte der meisten Unternehmen verändern sich immer schneller. Deshalb müssen sie in kürzeren Zeitabständen ihr Handeln überdenken und außer ihren Strategien auch ihre Geschäftsprozesse sowie ihre Art, Aufgaben zu lösen, den geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Hieraus resultiert ein enormer Change-Bedarf.

Diesen zu bewältigen, fällt fast allen Unternehmen schwer – auch weil die geplanten Veränderungen oft einen Kulturwandel erfordern und hiermit ein enormer Lernbedarf bei den Mitarbeitern einhergeht.

Herausforderung: den Wandel meistern

Eine besondere Herausforderung stellt der angestrebte Wandel und die erforderliche Innovation für viele Mittelständler dar – auch weil ihre personellen und finanziellen Ressourcen geringer als die von Konzernen sind. Hinzu kommt: Bei den Change-Maßnahmen muss der Mittelstand stets darauf achten, dass er seine typischen Stärken nicht verliert, sondern ausbaut. Hierzu zählen unter anderem die Fähigkeiten,

  • auf veränderte Rahmenbedingungen und Kundenwünsche schnell und flexibel zu reagieren,
  • Chancen entschlossen zu ergreifen,
  • Ideen und Vorhaben rasch und konsequent umzusetzen und
  • die begrenzten Ressourcen effektiv zu nutzen.

Diese Herausforderung zu meistern, fällt vielen Mittelständlern zunehmend schwer – vor allem, weil die Innovationsprojekte und Reorganisationsmaßnahmen in der Regel parallel zum Tagesgeschäft gestemmt werden müssen. Hieraus resultiert eine Mehrbelastung der gesamten Organisation. Die Folge: Die Mitarbeiter und insbesondere die Führungskräfte stoßen immer häufiger physisch und psychisch an ihre Belastungsgrenzen – nicht nur aufgrund der Flut von Aufgaben, sondern auch weil sie keine Experten in Sachen Change Management und Strategieumsetzung sind. Entsprechend groß ist die Gefahr, dass die Leistungsträger ausbrennen und Vorhaben versanden – sofern insbesondere das Führungspersonal nicht die erforderliche Unterstützung erfährt.

Das haben viele Mittelständler erkannt. Deshalb beschäftigen sie sich verstärkt mit der Frage: Wie können wir unsere Leistungsträger entlasten und zugleich die Innovationskraft und -geschwindigkeit unserer Organisation und somit auch ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen?

Mithilfe externer Consultants

Der klassische Weg, um Mitarbeiter und Führungskräfte, Abteilungen und Bereiche bei Veränderungsvorhaben zu unterstützen, ist das Engagement externer Berater. Heute ist der Change-Bedarf bei vielen Mittelständlern aber so groß, dass er mit externen Consultants alleine – zumindest zeitnah – nicht mehr gedeckt werden kann. Weitere Nachteile externer Berater sind:

  • Ihr Dauereinsatz ist teuer.
  • Sie kennen die Kultur, „Historie“ und Arbeitsabläufe in der Organisation nicht und müssen erst „eingearbeitet“ werden.
  • Sie sind in der Organisation nicht verankert und verfügen über kein firmeninternes Netzwerk.
  • Sie sind bei akuten Problemen (oft) nicht sofort erreichbar und ansprechbar. Und:
  • Sie sind „Externe“, zu denen die Betroffenen (meist) weniger Vertrauen als zu Kollegen haben.

Auf eigene Kompetenz bauen

Vor diesem Hintergrund denkt eine wachsende Zahl von Mittelständlern darüber nach: Wäre es, statt regelmäßig externe Berater zu engagieren, nicht langfristig zielführender, die Kompetenz in Sachen Change Management und Strategieumsetzung unserer Führungskräfte zu erhöhen? Doch nicht nur das. Einige haben zwischenzeitlich entschieden, ausgewählte Führungskräfte und erfahrene Mitarbeiter zu Change-Beratern und -Unterstützern auszubilden, die

  • das Management bei der Weiterentwicklung von Strategie und Geschäftsmodell unterstützen und beraten,
  • die erforderlichen Konzepte für die Umsetzung der strategischen Entscheidungen auf der Bereichs- und Mitarbeiterebene entwerfen,
  • die Führungskräfte bei der Strategieumsetzung in ihren Bereichen unterstützen und beraten sowie
  • das Gesamtprojekt steuern.

Das war und ist eine kluge Entscheidung. Denn hierdurch erhöht sich die Kompetenz der Organisation in Sachen Strategieumsetzung. Zudem erhöht sich die Sicherheit bei der Strategieumsetzung auf der operativen Ebene. Und was ebenso bedeutsam ist: Das Unternehmen macht einen wichtigen Entwicklungsschritt in Richtung „lernende Organisation“.

Das ist vor allem deshalb wichtig, weil sich heute das Unternehmensumfeld – anders als früher – eigentlich permanent wandelt. Also sehen sich die Unternehmen auch fortlaufend mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Deshalb entwickelt sich die Fähigkeit, schnell und proaktiv auf Veränderungen zu reagieren, zu einer Schlüsselkompetenz.

Die Unterstützer vorbereiten

Damit die ausgewählten Mitarbeiter ihre Funktion als (Part- oder Fulltime-)Berater sowie Umsetzungsbegleiter und -unterstützer erfüllen können, müssen sie jedoch das erforderliche Know-how haben. Sie müssen u.a. Strategieumsetzungs- und Veränderungsprozesse planen, gestalten, managen und steuern können und die hierfür erforderlichen Methoden und Mittel kennen.

Dieses Know-how und die für ihre praktische Arbeit erforderlichen Kompetenzen gilt es, den ausgewählten Mitarbeitern in einer Beraterausbildung zu vermitteln. Diese muss ein anderes Design als eine Ausbildung für externe Berater haben, da firmeninterne Berater unter anderen Prämissen als Externe arbeiten. Sie operieren z.B. als Mitglieder der Organisation stets in einem Spannungsfeld: Einerseits sind sie Unterstützer der Unternehmensführung und andererseits Unterstützer der Führungskräfte und Mitarbeiter. Folglich muss ihnen die Ausbildung auch das erforderliche Selbstverständnis, Standing und Know-how vermitteln, damit sie in dieser Zwitterrolle stets souverän und professionell agieren.

Beratern das Know-how vermitteln

Entsprechend sollte die Beraterausbildung konzipiert sein. Sie sollte den Teilnehmer unter anderem vermitteln, wie

  • Veränderungsprozesse in sozialen Systemen (wie Unternehmen) und bei Personen verlaufen,
  • mit welchen Problemen und Widerständen man in den verschiedenen Phasen eines Veränderungsprozesses rechnen muss und wie man sie vermeiden und auflösen kann und
  • wie die von den Veränderungen direkt oder indirekt betroffenen Personen und Bereiche als Mitstreiter gewonnen werden können und wie die Veränderungsenergie im Projektverlauf hochgehalten werden kann.

Dabei muss man den Teilnehmern aber auch die erforderlichen Tools an die Hand geben, damit sie ihre neuen Aufgaben professionell wahrnehmen können. Das heißt, die Ausbildung sollte ihnen auch das Handwerkszeug vermitteln, um z.B.

  • strategische Ziele auf die Bereichs- und Mitarbeiterebene herunterzubrechen,
  • Maßnahmenpläne für deren Umsetzung zu entwerfen,
  • die Umsetzung zu steuern,
  • die Führungskräfte in fordernden Entscheidungs- und Führungssituationen und die Mitarbeiter bei der Umsetzung im Betriebsalltag zu coachen,
  • Risiken, aus denen Probleme werden können, frühzeitig zu erkennen und
  • (Interessen-)Konflikte, die sich im Rahmen von Change-Projekten stets ergeben, zu managen oder zu lösen.

Fazit: Entwicklung erfordert Zeit

Diese Kompetenzen zu entwickeln, erfordert Zeit. Denn wissen bedeutet nicht können. Deshalb sollte die Ausbildung modular aufgebaut sein und sich über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr erstrecken. Das hat den Vorteil, dass nach den einzelnen Modulen die gelernten Inhalte in der betrieblichen Praxis ausprobiert und eingeübt werden können. Im folgenden Baustein kann dann in der Lerngruppe reflektiert werden: Was hat sich in der Praxis (nicht) bewährt? Wo tauchten Schwierigkeiten auf? Und wo wäre eventuell ein verändertes Vorgehen sinnvoll?

Diese Reflektion im Team ist auch wichtig, damit bei den angehenden firmeninternen Beratern die Verhaltenssicherheit entsteht, die sie bei ihrer Arbeit in Change-Projekten brauchen. Denn dabei prallen stets unterschiedliche Einschätzungen und Interessen aufeinander. Zudem regt sich regelmäßig Widerstand, da es außer Gewinnern stets auch Personen und/oder Bereiche gibt, die sich zumindest als Verlierer empfinden. Folglich muss der Berater ein starkes „Rückgrat“ haben, damit er nicht vom Kurs abweicht und sich z.B. nicht von einzelnen Interessengruppen vereinnahmen lässt.

Solche starken Persönlichkeiten fallen nicht vom Himmel. Sie entwickeln sich allmählich. Auch deshalb muss sich die Beraterausbildung über einen längeren Zeitraum erstrecken – u.a. damit den künftigen firmeninternen Beratern mit der Lerngruppe ein „Forum“ zur Verfügung steht, das ihnen in ihrer Entwicklungsphase den Rücken stärkt.

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Hubert Hölzl ist Inhaber des auf den Mittelstand spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Hölzl & Partner in Lindau, das im September 2013 eine offene „Ausbildung zum internen Berater und Umsetzungsbegleiter“ für Mitarbeiter mittelständischer Unternehmen startet.


Hölzl & Partner, Motzacher Weg 6, 88131 Lindau, Telefon 08382-5042814, mail@fuehrungstrainer.net www.fuehrungstrainer.net

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