Lizenzen nach Reform des Insolvenzrechts insolvenzfest

Das Bundeskabinett hat gestern einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem das Insolvenzverfahren für Verbraucher reformiert wird. Das Entschuldungsverfahren für Verbraucher soll vereinfacht werden und zugleich einen gerechten Ausgleich zwischen Gläubigern und Schuldnern ermöglichen. Im Rahmen dieser Reform werden zugleich Lizenzen aus der Insolvenzmasse ausgeklammert, um Lizenznehmer künftig besser zu schützen, wenn der Lizenzgeber insolvent wird. Mit dieser Maßnahme soll das Vertrauen von Investoren in innovative Projekte gestärkt werden.

Die folgenden beiden Abschnitte sind wörtliche Zitate aus den Erläuterungen des Bundesjustizministeriums zur Gesetzesreform. Sie betreffen die vor allem für den Mittelstand wichtigen Aspekte der Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgen und der künftigen Gläubigerrechte gegenüber insolventen Verbrauchern

1. Insolvenzfestigkeit von Lizenzverträgen Ausgangslage: Seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung unterliegen Lizenzverträge dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Lehnt der Insolvenzverwalter in Ausübung dieses Wahlrechts die Erfüllung des Vertrages ab, gestaltet sich das Vertragsverhältnis um und dem Vertragspartner steht nur noch ein Anspruch auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung als einfache Insolvenzforderung zu. Er wird damit auf eine in der Regel sehr geringe Quote verwiesen.Beispiel:

  • Ein kleines Unternehmen entwickelt ein neues Verfahren für die Proteinsynthese und lässt sich dieses patentieren. Auf der Grundlage dieses Patents räumt es einem großen Unternehmen eine Lizenz zur Nutzung des Verfahrens ein, das im Vertrauen auf den Vertrag ein neues Medikament zur Marktreife bringt, was erhebliche finanzielle Aufwendungen erfordert. Der Patentinhaber wird insolvent. Im Insolvenzverfahren macht der Insolvenzverwalter zur Anreicherung der Insolvenzmasse von seinem Recht Gebrauch, den Lizenzvertrag mit dem Unternehmen zu beenden und die Lizenz zu einem erheblich höheren Preis an ein Konkurrenzunternehmen zu vergeben. Folge ist, dass der erste Lizenznehmer sein neues Medikament nicht weiter vertreiben kann und ihm hierdurch ein Schaden entsteht, der im Regelfall wegen der hohen Forschungs- und Entwicklungskosten bis zur Marktreife eines Medikaments einen mehrfachen Millionenbetrag ausmacht.

Die Bundesregierung trägt den berechtigten Sorgen der lizenznehmenden Unternehmen im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit Rechnung und passt die Rechtslage in Deutschland an die anderer Länder, wie USA und Japan, an. Lizenzen sollen deshalb auch im deutschen Recht künftig insolvenzfest ausgestaltet sein:

Der Lizenzvertrag unterliegt künftig nicht dem Wahlrecht des Verwalters; er behält im Insolvenzverfahren seine Gültigkeit.

Die Masse hat nur die Nebenpflichten zu erfüllen, die für eine Nutzung des geschützten Rechts unumgänglich sind.

Bei einem krassen Missverhältnis zwischen der vereinbarten und einer marktgerechten Vergütung kann der Verwalter eine Anpassung verlangen. In diesem Fall hat der Lizenznehmer ein Recht zur außerordentlichen Kündigung.

Mit dieser differenzierten Lösung wird dem zentralen Interesse des Lizenznehmers Rechnung getragen, auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein ungestörtes Fortlaufen des Lizenzvertrages zu erreichen, ohne dadurch das Interesse der Insolvenzgläubiger an einer möglichst hohen Quote zu vernachlässigen.

2. Stärkung der Gläubigerposition im Insolvenzverfahren

Schließlich enthält der heute vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf Regelungen, die die Position der Gläubiger im Insolvenzverfahren stärkt.

Ausgangslage: Die zunehmende Zahl von Regelinsolvenzverfahren in den letzten Jahren führte zu vermehrten Forderungsausfällen insbesondere der Finanzämter und Sozialversicherungsträger. Gerade die Situation öffentlich-rechtlicher Gläubiger ist im Insolvenzverfahren vor allem dadurch gekennzeichnet, dass ihre Forderungen fortlaufend Monat für Monat auch in der Krise des Schuldners entstehen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Verluste nur dadurch vermieden werden können, dass über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Voraussetzung hierfür ist die möglichst frühzeitige Stellung des Insolvenzantrags sowie die Eröffnung des Verfahrens.

Wesentliche Leitlinien des Gesetzentwurfs: Die im Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen berücksichtigen strikt den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung; d.h. Sondervorschriften für den Fiskus und die Sozialkassen werden nicht geschaffen.

Folgende formale Änderungen sind vorgesehen:

  • In § 14 InsO wird eine Regelung geschaffen werden, die wiederholte Anträge durch einen Gläubiger vermeidet. Durch diese auf Sozialversicherungsträger zugeschnittene Regelung wird sichergestellt, dass ein einmal gestellter Insolvenzantrag nach Zahlung der Außenstände nicht – wie bisher – für erledigt erklärt oder zurückgenommen werden muss. Für Forderungen, die Kraft öffentlichen Rechts immer wieder erneut entstehen, behält der Antrag deshalb seine Wirksamkeit, auch wenn die Forderung des Antrag stellenden Gläubigers erfüllt wurde.
  • Schaffung einer Vorschusspflicht für die Verfahrenskosten für solche Personen, die – wie etwa Geschäftsführer einer GmbH – zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet sind und diese Pflicht schuldhaft verletzt haben. Die Zahlung des Vorschusses können sowohl der vorläufige Insolvenzverwalter als auch die Gläubiger verlangen (vgl. § 26 Abs. 4 InsO-E).
  • Klarstellung in § 55 Abs. 2 InsO, dass Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter im Wege einer von dem Insolvenzgericht erteilten Einzelermächtigung begründet wurden, einschließlich der hierdurch entstehenden Steuer, als Masseverbindlichkeiten angesehen sind.
  • Einführung eines neuen Versagungsgrundes bei der Restschuldbefreiung für Schuldner die Eigentums- oder Vermögensdelikte begangen haben oder wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurden.
  • Versagung der Restschuldbefreiung für einen Schuldner, der als vertretungsberechtigtes Organ einer Gesellschaft oder als deren Gesellschafter den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens pflichtwidrig und schuldhaft nicht oder nicht rechtzeitig gestellt hat.

Der Bundesrat wird sich nun in einem ersten Durchgang mit dem Regelungsvorschlag befassen. Nach der Vorstellung der Bundesregierung soll das parlamentarische Verfahren bis zum Frühjahr 2008 abgeschlossen sein. Zustimmungsbedürftig ist der Gesetzentwurf laut Regierung nicht. (BMJ/ml)