Abbau der Energiekapazitäten gefährdet Versorgung

Vier von fünf Führungskräften der deutschen Energiewirtschaft sehen Deutschlands Versorgungssicherheit mit Strom in naher Zukunft gefährdet. Als Hauptursache wird der Abbau von Kernkraft- und Kohlekapazitäten im deutschen Stromnetz gesehen. Ein mangelhafter Ausbau der Netze verschärft die Situation zusätzlich: Nur etwa jeder zweite Energieversorger (54%) plant, bis 2010 den Aus- oder Aufbau seines Stromnetzes voranzutreiben. 2005 lag die Investitionsbereitschaft noch bei 63%.

Planungsunsicherheiten sowie neue Regulierungsbestimmungen sind die wichtigsten Gründe für die Zurückhaltung. Das ergab die Studie „Branchenkompass 2008 Energieversorger“ von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut. Für die Studie wurden 100 Führungskräfte aus 100 der größten Energieversorgungsunternehmen Deutschlands zu den Branchentrends, Investitionszielen und Unternehmensstrategien befragt.

Überlegungen der EU, eine komplette eigentumsrechtliche Trennung von Netzbetrieb und Stromversorgung – zumindest für die großen Versorger – durchzusetzen, verunsichert die Branche. 86% der Befragten gehen davon aus, dass es zur Trennung kommen wird.

Zurückhaltung bei Infrastrukturvorhaben ist die Folge. Zwar bleibt die Infrastruktur mit einem Anteil von rund 50% der größte Posten in den Budgets der Versorger, doch die Tendenz ist abnehmend. Im Vergleich zu 2007 wollen 44% der Energieversorger die Ausgaben für den Ausbau und die Modernisierung ihrer Netze zurückfahren; nur 14% planen, mehr zu investieren.

Stattdessen haben Investitionen in aufsichts- und kundenrelevanten Bereichen Priorität. 68% der Versorger wollen bis 2010 ihr Regulierungs- und Informationsmanagement ausbauen, 61% planen Investitionen in Marketing und Vertrieb. Hieran zeigt sich, dass die Umsetzung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und der Anreizregulierung offenbar erhebliche Investitionssummen bindet. Die neuen Regelungen kurbeln den Wettbewerb an und zwingen die Versorgungsunternehmen, eine an die veränderte Lage angepasste Geschäftsstrategie zu entwickeln. Ziel ist dabei, sich stärker auf den Vertrieb, insbesondere außerhalb des eigenen Versorgungsgebietes, zu konzentrieren sowie die Effizienz des Kundenservices zu stärken.

(ots/ml)