Gesetz erlaubt Anwälten künftig Erfolgshonorare

Der Deutsche Bundestag hat vergangenen Freitag ein „Gesetz zur Neuregelung des Verbots der Vereinbarung von Erfolgshonoraren“ beschlossen, das ein bisher bestehendes Verbot, Erfolgshonorare zu vereinbaren, lockert. Danach können Rechtsanwalt und Mandant künftig im Einzelfall ein Erfolgshonorar vereinbaren, wenn der Mandant ohne diese Möglichkeit den Rechtsweg nicht beschreiten würde.

Von 1957 bis 2004 regelte die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) – eine streng gestaffelte Gebührentabelle – das Anwaltshonorar. Sie wurde 2004 durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abgelöst, das bis heute gilt und ebenfalls mit festen Honorarwerten arbeitet.

Mit dem neuen Gesetz wolle man vermeiden, dass Mandanten, die sich trotz Erfolgschancen einen Gang vor Gericht nicht leisten könnten, auf ihr Recht verzichten müssten. Gleichzeitig stelle man aber das grundsätzliche Verbot von Erfolgshonoraren nicht in Frage, dämpft Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Euphorie der Anhänger amerikanischer Anwaltsverhältnisse.

Die ausnahmsweise Zulassung der Vereinbarung von Erfolgshonoraren wird deshalb vom Gesetzgeber mit einer Reihe von Aufklärungs- und Hinweispflichten zum Schutz der Rechtsuchenden verknüpft, die gewährleisten sollen, dass die Entscheidung für ein Erfolgshonorar nicht überstürzt oder in Unkenntnis der wirtschaftlichen Folgen getroffen wird. So ist der Rechtsanwalt verpflichtet, in der Honorarvereinbarung die Vergütung anzugeben, die er ohne Erfolgshonorar nach den Regeln des RVG verlangen würde.

Grundsätzlich gilt: Die Vereinbarung einer erfolgsbasierte Vergütung ist zulässig, wenn der Mandant aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars vernünftigerweise von der Wahrnehmung seiner Rechte abgehalten würde. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn ein mittelständischer Unternehmer vor der Frage steht, eine hohe Vergütungsforderung geltend zu machen, obwohl die Gegenseite Gewährleistungsrechte geltend macht und das Prozessrisiko erheblich ist.

Entgegen ursprünglichen Gerüchten kommt es laut Bundesjustizministerium aber nicht allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten, sondern auch auf das Kostenrisiko und seine Bewertung an. Das neue Recht ermöglicht es den Vertragsparteien, mit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf der Grundlage individueller und subjektiver Nutzen-Risiko-Erwägungen den Umständen der konkreten Rechtsangelegenheit Rechnung zu tragen. Mit diesem flexiblen Maßstab erhalten nach Meinung des Ministeriums die Beteiligten genügend Spielraum, um bei ihrer Entscheidung für oder gegen ein Erfolgshonorar im konkreten Streitfall das Kostenrisikos und die Vermögensverhältnisse des Mandanten zu berücksichtigen.

Die Neuregelung ist die Reaktion der Politik auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.2006 (1 BvR 2576/04), wonach die Vereinbarung eines Erfolgshonorars möglich sein muss, wenn ohne ein solches Bürger von der Wahrnehmung ihrer Rechte abgehalten werden würden.

Das Gesetz bedarf nicht mehr der Zustimmung des Bundesrates und ist mit dem Beschluss vom Freitag endgültig verabschiedet. Es soll am 1. Juli 2008 in Kraft treten. Nähere Informationen bietet die Website der Bundesministeriums für Justiz.

(BMJ/ml)

MittelstandsWiki meint:

  • Da das Gesetz alle Hürden genommen hat, wird es bereits in rund zwei Monaten in Kraft treten. Es kann sich also lohnen, für demnächst anstehende Rechtsstreitigkeiten mit dem jeweiligen Rechtsanwalt schon jetzt zu klären, ob ein Erfolgshonorar zulässig und kostengünstiger wäre.
  • Gerade am Anfang ist es ganz besonders wichtig, klare und praktikable Vereinbarungen über die Höhe des Erfolgshonorars zu treffen. Das aber ist in komplizierten Streitfällen schwierig. Was gilt, wenn der Erfolg am Ende unterschiedlich beurteilt wird? Gilt dann über den Umweg des BGB doch wieder das Honorar nach RVG? Hier besteht bis zur Herausbildung einer entsprechenden Rechtspraxis ein nicht unerhebliches Kostenrisiko.
  • Mit Sicherheit aber werden sich die Honorare regionalisieren. Zukünftig kann ein Anwalt aus Brandenburg mit geringeren Fixkosten für einen Mandanten in Berlin eventuell kostengünstiger arbeiten als ein Anwalt aus dem teuren Frankfurt (nur als Beispiel). Hier wird sich also voraussichtlich ein dynamischer Markt für Anwaltsdienstleistungen herausbilden. Unternehmen, die einen permanenten Bedarf an solchen Dienstleistungen haben, können hier Chancen nutzen. Der Anwalt für ein Unternehmen muss nicht um die Ecke sein Büro betreiben. Für Anwälte in den neuen Bundesländern wiederum kann das ebenfalls neue Chancen bedeuten.

(ml)