IT-Arbeitsmarkt von Finanzdesaster noch unberührt

In Deutschland warten immer noch 45.000 offene Stellen darauf, mit  IT-Experten besetzt zu werden. Das ergab eine im September im Auftrag des Branchenverbands BITKOM durchgeführte Befragung von mehr als 1500 Unternehmen. Unter 19.000 unbesetzten Stellen leidet die ITK-Industrie, 26.000 verwaiste IT-Jobs bremsen die Anwenderbranchen aus. Daran scheint bisher auch die Finanzkrise nichts zu ändern. Die Zahl liege sogar noch leicht über jener des letzten Jahres. Wie stark sich die aktuelle Finanzkrise mittelfristig auf die Geschäfte im ITK-Sektor auswirken wird, sei derzeit schwer abzusehen, warnt der BITKOM.

Eine abflauende Konjunktur könne den Expertenmangel allerdings ohnehin nur vorübergehend abschwächen, da er strukturelle Ursachen habe, dämpft BITKOM-Präsident Prof. August-Wilhelm Scheer falsche Hoffnungen. Junge Menschen sollten sich bei ihrer Berufswahl daher nicht aus der Ruhe bringen lassen, lautet deshalb Scheers Appell an die Jugendlichen.

Nach den Ergebnissen der Studie stehen die Chancen für IT-Spezialisten nach wie vor sehr gut. Ein Drittel der befragten ITK-Unternehmen hat eine oder mehrere offene Stellen zu bieten. Die mit Abstand meisten Jobs stellen die Anbieter von Software und IT-Diensten. Dieser Markt wachse im laufenden Jahr um rund 6%, prognostiziert der Verband.

Seit dem Jahr 2000 haben Software-Häuser und IT-Dienstleister rund 100.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Mit 518.000 Jobs stellen sie heute den Großteil der insgesamt 829.000 Arbeitsplätze in der ITK-Branche. Entsprechend stark gefragt sind Software-Entwickler, die von zwei Drittel der ITK-Unternehmen mit freien IT-Stellen gesucht werden. Ebenfalls gesucht sind Projektmanager und IT-Berater. Im Gegensatz zur ITK-Industrie sind bei den Anwendern im Handel, im produzierenden Gewerbe und anderen Branchen vor allem IT-Administratoren gefragt, die für den reibungslosen Betrieb von IT-Systemen zuständig sind.

Der Mangel an Spezialisten bleibt laut der Umfrage für die ITK-Branche ein gravierendes Problem. 46% der befragten ITK-Unternehmen geben an, dass sie einen Fachkräftemangel spüren. Ein Drittel sagt, dass offene Stellen nur schwer zu besetzen waren und ein Viertel konnte für freie Arbeitsplätze gar keinen geeigneten Bewerber finden. Die Folge ist nach Berechnungen des BITKOM ein volkswirtschaftlicher Schaden von rund einer Milliarde Euro. Einen Engpass gibt es in erster Linie bei Mitarbeitern mit hoher Qualifikation. Fast zwei Drittel der ITK-Firmen suchen ausschließlich Mitarbeiter mit Hochschulabschluss.

Zwar wird sich der Expertenmangel mit der abflauenden Konjunktur entschärfen. „Es gibt aber einen demografisch bedingten, strukturellen Engpass für hochqualifizierte Nachwuchskräfte in praktisch allen technischen Disziplinen und der Informatik“, sagte Scheer. In den kommenden Jahren verabschiede sich eine geburtenstarke Generation hoch qualifizierter Techniker in den Ruhestand. Scheer: „Das Bildungssystem in Deutschland ist nach wie vor nicht in der Lage, den Nachwuchsbedarf der Wirtschaft zu decken. Deshalb müssen die Reform des Bildungssystems und moderne Zuwanderungsregelungen auf der Tagesordnung der Politik bleiben.“

(BITKOM/ml)