Die Wirtschaftskrise als Chance zur Weiterbildung

Angesichts des zu erwartenden Anstiegs der Arbeitslosigkeit im Jahr 2009 fordert das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) Politik und Wirtschaft zu einer umfassenden Weiterbildungsoffensive auf. Das IZA schlägt vor, an alle Arbeitnehmer im Alter von über 45 Jahren zeitlich befristete Bildungsgutscheine auszugeben und zugleich in großem Umfang Public-Private-Partnerships von öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen im Weiterbildungssektor zu schaffen.

„Wir müssen die Krise auch als Chance begreifen und sollten gerade bei der Weiterbildung endlich den Anschluss an das internationale Niveau herstellen“, so Institutsdirektor Klaus F. Zimmermann. Die aktuelle Wirtschaftsentwicklung werde nicht spurlos am deutschen Arbeitsmarkt vorbeigehen. Zwar hätten die Reformen der jüngeren Vergangenheit den Arbeitsmarkt krisenfester gemacht, doch neben einer Zunahme von Kurzarbeit erscheint auch ein deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2009 wahrscheinlich, mahnt Zimmermann. Die zentralen Problemgruppen des Arbeitsmarktes – gering qualifizierte Beschäftigte, Ältere und Migranten – werde dies besonders treffen. Ungeachtet des Konjunkturabschwungs blieben gleichzeitig die Herausforderungen von Fachkräftemangel und alternden Belegschaften bestehen.

Deutschland stehe im europäischen Vergleich bislang schlecht da, wenn es um Weiterbildung und lebenslanges Lernen gehe, warnt das Institut. In allen Altersgruppen und über alle Qualifikationsstufen hinweg rangiere Deutschland bei der Beteiligung an Weiterbildungsangeboten deutlich unter EU-Durchschnitt. Neben erheblichen Defiziten im Angebot, einer vermeintlichen „Vollständigkeit“ der dualen Ausbildung und fehlenden Anreizstrukturen auf betrieblicher Ebene mache sich hier gerade die langjährige Frühverrentungspolitik negativ bemerkbar.

Das IZA plädiert für eine flächendeckende Weiterbildungsinitiative durch die Ausgabe von Bildungsgutscheinen an alle Arbeitnehmer im Alter von über 45 Jahren. Die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe dürfe aber nicht zu Lasten der Arbeitslosenversicherung erfolgen, um zu verhindern, dass die Lohnnebenkosten auf diese Weise wieder ansteigen. Sozial gestaffelte Selbstbeteiligungen und ein marktorientiertes Monitoring könnten dafür sorgen, dass nur sinnvolle Bildungsangebote wahrgenommen werden und setzten ein Bedarfssignal für den in Deutschland stark ausbaufähigen Weiterbildungsmarkt. So könnten die Defizite der bereits bestehenden, teils zu wenig bekannten und zu bürokratischen öffentlichen Weiterbildungsprogramme überwunden werden.

Public-Private-Partnerships von Unternehmen, Universitäten, Schulen, Volkshochschulen und anderen Bildungsträgern könnten laut Institut einen substanziellen Beitrag zu einem breiten und hochwertigen Angebot leisten, mit dem Deutschland eine nachhaltige Antwort auf die aktuelle Krise geben könne. „Investitionen in Bildung und Weiterbildung sind eine sinnvollere Zukunftsinvestition als kurzfristige Konjunkturprogramme“, sagte Zimmermann.

(idw/ml)