Krise lässt Gehälter stagnieren

Weltweit 39 %, in Europa sogar 45 % aller Firmen erwarten, dass ihre Geschäftsergebnisse 2009 schwächer ausfallen werden. Angesichts der trüben Aussichten hat mehr als ein Drittel aller Unternehmen Löhne und Gehälter auf dem Vorjahresstand eingefroren. Das scheint einfach und geht schnell. Wird gar gekürzt, dann nach der Rasenmähermethode: einheitlich über alle Köpfe und Ebenen hinweg. Das ergab die Studie „Vergütung im Abschwung“ der international tätigen Unternehmensberatung Hay Group.Das ist gefährlich. Um sicherzustellen, dass auch im kommenden Aufschwung noch ausreichend talentierte und gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte im Unternehmen vorhanden sind, sollten Kürzungen und Einschnitte besser strategisch und mit Augenmaß durchführt werden, mahnt Helge Benz, Leiter Reward Strategies bei Hay Deutschland.

Insbesondere die Führungskräfte sind in vielen Firmen von stagnierenden Bezügen betroffen: Über 40 % aller Unternehmen haben deren Vergütung eingefroren oder planen dies zu tun. Dagegen sind nur knapp 30 % der gewerblichen Mitarbeiter und Fachkräfte von dem Wachstumsstopp betroffen. Über alle Hierarchiestufen hinweg haben insgesamt rund 36 % aller Unternehmen weltweit und 37 % der europäischen Firmen ein Einfrieren der Löhne und Gehälter beschlossen, so die Studie.

Im letzten Jahr zahlten etwa 70 % aller Firmen bei ihren kurzfristig variablen Vergütungselementen, beispielsweise Boni oder Gewinnbeteiligungen, weniger aus, als geplant. Für das laufende Jahr geht fast die Hälfte der von Hay befragten europäischen Unternehmen davon aus, dass die Boni unter Ziel bleiben werden.

Fast 40 % der Firmen planen für das laufende Jahr Änderungen an ihren Programmen für kurzfristig variable Vergütungsanteile oder setzten diese Veränderungen bereits um. Der am häufigsten genannte Grund für diese Maßnahme ist die bessere Kopplung der variablen Vergütung an Veränderungen der Firmenstrategie. In Europa beziehen sich diese Veränderungen an den Programmen zur variablen Vergütung überwiegend auf die Anhebung der Performance-Hürden, ab der ein Bonus zur Auszahlung kommt.

Viele Firmen gaben bei der Umfrage an, dass der Wert ihrer langfristig variablen Vergütungselemente, wie zum Beispiel Aktien-basierte „Long-term-Incentives“, stark gesunken sei – bei der Hälfte aller Unternehmen weltweit um 30 %, in Europa sogar um 40 %. Knapp ein Drittel aller Unternehmen weltweit und ein Viertel in Europa gaben bei der Studie an, dass Änderungen in ihren Programmen für langfristig variable Vergütungsanteile entweder bereits beschlossen oder zumindest in der Planung seien.

„Angesichts des Tempos und der Wucht der Rezession sind viele Unternehmen gezwungen, schnell und über alle Hierarchiestufen hinweg Lohn- und Gehaltskosten zu sparen, um ihr Überleben zu sichern“, so Benz. „Auch wenn die Führungskräfte am stärksten von Einschränkungen bei der Vergütung betroffen sind, sind es letztlich jedoch die Mitarbeiter weiter unten in der Hierarchie, die die Hauptlast der Restrukturierung und des Arbeitsplatzabbaus tragen“.

Der mögliche Verlust des Arbeitsplatzes ist nach Ansicht von fast 90 % der befragten Unternehmen die größte Sorge der Beschäftigen – und dies nicht von ungefähr: Rund 45 % der Unternehmen planen Restrukturierungen oder restrukturieren zum Abbau von Arbeitsplätzen. Von allen Unternehmen, die in Europa an der Studie beteiligt waren, hat etwa ein Drittel bereits Stellen reduziert – ein dramatischer Anstieg im Vergleich zu 15 % im November 2008.

Die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte (88 % weltweit, 84 % in Europa) stehen in der aktuellen Krise vor allem vor zwei Problemen: wie ihre Mitarbeiter motivieren und im Unternehmen halten? Und wie können insbesondere Top-Talente und Leistungsträger im Unternehmen gehalten werden?

Die Bindung der Mitarbeiter wird nicht nur durch Einschnitte bei der Vergütung erschwert. Darüber hinaus schwinden auch die nicht-monetären Anreize: So geben 26 % der weltweit und sogar 31 % der in Europa Befragten an, dass Schulungs- und Entwicklungsprogramme reduziert oder sogar vollständig gestrichen werden. Fast jedes fünfte Unternehmen kürzt zudem Vergütung von Überstunden, rund ein Drittel der Unternehmen vermindert den Einsatz von Zeitarbeitskräften. Bei den Reisekosten sparen 20 % der europäischen Unternehmen. Anders als bei bisherigen Krisen hat eine umfassende Reduktion bei den Benefits-Programmen bisher nicht stattgefunden und ist auch noch nicht geplant.

Für die Studie „Global reward in a downturn“ hat das Beratungsunternehmen Hay Group im März 2009 die HR-Verantwortlichen von 2000 Unternehmen aller Branchen in 88 Ländern befragt.

(Hay Group/ml) ENGLISH