Ost- und Westdeutschland: Duale Berufsausbildung im Osten schwach verankert

Auch 20 Jahre nach dem Fall der Mauer unterscheiden sich die Strukturen der beruflichen Ausbildung in Ost- und Westdeutschland immer noch ganz wesentlich. Dies geht aus einer Studie des Bun­des­in­sti­tuts für Berufsbildung (BIBB) zur Entwicklungsgeschichte und aktuellen Situation der betrieblichen Ausbildung in den neuen Bun­des­län­dern hervor. Dennoch haben sich die Chancen der Jugendlichen in Ostdeutschland auf eine Ausbildungsstelle derzeit verbessert. Gründe hierfür sind zum einen massive Förderungen durch den Staat, zum anderen eine rückläufige Zahl an Schulabgängern.Letzteres wird die ostdeutschen Betriebe und Unternehmen allerdings mit Blick auf die künftige Fachkräfteentwicklung vor neue, gravierende Probleme stellen.

In der BIBB-Untersuchung wird die Entwicklung des ostdeutschen Ausbildungssystems in den letzten 20 Jahren vor dem Hintergrund wirtschaftlicher, demografischer und bildungsbezogener Trends nachgezeichnet und auf der Grundlage amtlicher Statistiken dargestellt. Die Studie zeigt, dass die nach dem Zusammenbruch der DDR erforderliche Umstrukturierung der Berufsausbildung trotz finanzieller Förderung nicht befriedigend gelungen ist. Nach wie vor ist die duale Ausbildung in Ostdeutschland von einem hohen Anteil außerbetrieblicher Ausbildungsstellen und einem vergleichsweise geringeren Anteil von Betrieben, die Jugendliche selbst ausbilden, geprägt.

Ursächlich hierfür sind im Wesentlichen die starken ökonomischen Umbrüche und die besonderen Schwierigkeiten in der ostdeutschen Wirtschaft – abzulesen an den immer noch höheren Arbeitslosenquoten und der schrumpfenden Zahl von Betrieben. Hinzu kommt die seit Jahren anhaltende Abwanderung ostdeutscher Jugendlicher in die westlichen Bundesländer, die rückläufige demografische Entwicklung und die damit verbundene deutliche Abnahme der Bewerberzahlen.

Die BIBB-Analysen lassen darüber hinaus den Schluss zu, dass die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes unbeabsichtigte Nebenfolgen für die Entwicklung einer auch quantitativ tragfähigen betrieblichen Ausbildungskultur in Ostdeutschland gehabt haben.

„Die betriebliche Ausbildung in den neuen Bundesländern“, so Prof. Dr. Reinhold Weiß, stellvertretender BIBB-Präsident, „sollte vor allem durch die Schaffung förderlicher Rahmenbedingungen unterstützt werden, zum Beispiel durch eine Ausbildungsberatung, ausbildungsbegleitende Hilfen für Jugendliche, eine ortsnahe Beschulung und ergänzende überbetriebliche Unterweisung.“

Aufgrund des sich in Ostdeutschland bereits jetzt abzeichnenden Mangels an qualifiziertem Fachpersonal appelliert Weiß an die dortigen Betriebe und Unternehmen, verstärkt in die berufliche Ausbildung einzusteigen. „Dabei sollten auch Jugendliche mit schlechteren schulischen Voraussetzungen, Altbewerber und Altbewerberinnen oder junge Erwachsene ohne abgeschlossene Berufsausbildung eine faire Chance erhalten.“ Anderenfalls drohe eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft. Dies gelte insbesondere für diejenigen Regionen, die bereits heute mit den dramatischen Folgen von Bevölkerungsrückgang und Überalterung zu kämpfen hätten.

Detaillierte Informationen enthält der neue BIBB Report 12/09: „Im Osten nichts Neues? 20 Jahre nach dem Mauerfall steht die Berufsausbildung vor großen Herausforderungen“. Die Ausgabe steht als kostenloser Download im Internet zur Verfügung.

(idw/ml)