Unternehmensbesteuerung: Deutschland bei Besteuerung im unteren Mittelfeld

Die Steuerlast der Unternehmen ist im Jahr 2008 weltweit nur leicht gesunken. Der Anteil der gesamten Steuern und Abgaben am Betriebsgewinn (Total Tax Rate) erreichte im weltweiten Durchschnitt noch 48,3 % gegenüber 49,3 % im Jahr 2007, wie aus der Studie Paying Taxes 2010 der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Weltbank hervor geht. In der EU sank die Gesamtsteuerbelastung von 46 % auf 44,5 %. Deutschland liegt laut Studie mit einer Abgabenquote von 44,9 % auf Rang 112 der 183 untersuchten Volkswirtschaften.Deutlich besser schneidet das deutsche Steuersystem ab, wenn der für die Steuererklärungen notwendige Bearbeitungsaufwand und die Häufigkeit der Steuerzahlungen berücksichtigt werden. So musste das für die Studie analysierte Modellunternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr 16 Steuertermine einhalten (Rang 52) und für die Bearbeitung 196 Stunden aufwenden (Rang 73). Insgesamt landet Deutschland beim Gesamtranking des untersuchten Jahres 2008 auf Platz 71 und verbessert sich damit gegenüber der Vorjahresstudie um neun Rangplätze (siehe Tabelle).

„Die etwas bessere Position der deutschen Volkswirtschaft im Steuerranking ist auf die Unternehmenssteuerreform von 2008 zurückzuführen. Um das Steuersystem im internationalen Vergleich transparenter und wettbewerbsfähiger zu machen, sind allerdings weitere Maßnahmen notwendig. Das von der Koalition als steuerpolitisches Sofortprogramm auf den Weg gebrachte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist zwar ein sehr positiver erster Schritt, reicht aber noch keineswegs aus“, lobt und kritisiert zugleich PwC-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Dieter Endres die aktuelle Steuerpolitik der Bundesregierung.

Für die Studie wurden die Steuer- und Abgabensysteme von 183 Ländern analysiert. In die Berechnung der Total Tax Rate gehen sämtliche Steuern und Abgaben ein, die von einem Unternehmen tatsächlich zu tragen sind. Häufig genutzte Vergleichsgrößen wie der Gewinn vor Steuern sind bereits durch einzelne Steuern und Abgaben (zum Beispiel Umweltsteuern oder Sozialbeiträge) reduziert. Bei der Total Tax Rate wird jedoch die Summe aller Steuern und Abgaben ins Verhältnis zum sogenannten Betriebsgewinn gesetzt. Der Betriebsgewinn ist eine standardisierte Größe, die nicht von Steuern und Abgaben beeinflusst ist.

Basis für die Berechnung der Abgabenquote war ein für alle Staaten einheitliches, repräsentatives Modellunternehmen mit einer vorgegebenen Gewinnentwicklung. Zudem wurde erhoben, wie viel Zeit Unternehmen für die Ermittlung, Anmeldung und Abführung der fälligen Steuern und Sozialabgaben benötigen und wie viele Steuerzahlungen sie jährlich zu entrichten haben.

Die weltweit niedrigste Gesamtsteuerbelastung mussten Unternehmen im Jahr 2008 in Osttimor (Timor-Leste) tragen. Die Total Tax Rate lag hier bei lediglich 0,2 %. Auf den weiteren Plätzen folgen Steueroasen wie Vanuatu (8,4 %) oder die Malediven (9,1 %). Am entgegen gesetzten Ende der Skala stehen die Demokratische Republik Kongo mit einer Gesamtsteuerbelastung von 322 %, Gambia mit 292,4 % und Burundi mit 278,6 %.

Steuern auf den erzielten Unternehmensgewinn, wie beispielsweise die deutsche Körperschaftsteuer, haben nach wie vor nur einen vergleichsweise geringen Anteil an der Gesamtsteuerbelastung. Im weltweiten Durchschnitt tragen die Ertragsteuern 38 % zur Total Tax Rate bei, während 3 % auf Sozialabgaben beziehungsweise Steuern in Abhängigkeit vom gezahlten Arbeitslohn und 29 % auf übrige Steuern, beispielsweise Grundsteuer oder auch nicht abziehbare Vorsteuer, entfallen.

Besonders hoch ist der Faktor Arbeit in der EU belastet. Die von den Unternehmen zu tragenden Sozialabgaben beziehungsweise -steuern belaufen sich auf 28,6 % des Betriebsgewinns. In Frankreich liegt der Vergleichswert sogar bei 51,7 %, während Deutschland mit 22 % unter dem EU-Durchschnitt bleibt. Zum Vergleich: In den USA entfallen auf Lohnsteuern und Sozialabgaben lediglich 9,6 % des Betriebsgewinns.

Fortschritte gab es 2008 beim Abbau der Steuerbürokratie. Für die Ermittlung und Begleichung der Abgaben- und Steuerlast mussten Unternehmen jährlich noch 286 Stunden verwenden gegenüber durchschnittlich 300 Stunden im Vorjahr. In der EU sank die durchschnittliche Bearbeitungszeit von 257 auf 232 Stunden, in Deutschland blieb sie bei 196 Stunden.

Während sich viele osteuropäische Staaten durch niedrige Steuersätze auszeichnen, leiden Unternehmen dort allerdings häufig unter einem erheblichen Verwaltungsaufwand. In Bulgarien beispielsweise beläuft sich die Total Tax Rate auf lediglich 31,4 %, jedoch müssen Unternehmen jährlich 616 Arbeitsstunden für Steuern und Abgaben einplanen.

Wie unterschiedlich die Steuersysteme der EU sind, zeigt auch der Vergleich der pro Jahr zu berücksichtigenden Steuertermine. Während in Schweden nur zwei Zahlungen jährlich fällig sind, müssen Unternehmen in Deutschland 16 Termine beachten. Schlusslicht im europäischen Vergleich ist die rumänische Steuerverwaltung, die einem durchschnittlichen Unternehmen 113 Steuertermine auferlegt.

Das gemessen am Zeitaufwand aufwendigste Steuer- und Abgabensystem leistet sich weltweit nach wie vor Brasilien. Hier müssen Unternehmen für ihre Steuererklärung und die Sozialversicherung jährlich 2.600 Stunden einplanen. Auf den Malediven hingegen nimmt die Steuerbürokratie nicht einmal eine Stunde pro Jahr in Anspruch.

(PwC/ml)